Attendorn. Die Wiederholungswahl könnte zur Endlos-Geschichte werden. Denn ob und wann die betroffenen Bürger erneut zur Urne schreiten, ist völlig unklar:

Seit der Kommunalwahl am 13. September 2020 ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Und kaum jemand spricht heute noch über die Ergebnisse, über die neuen Machtverhältnisse oder die ersten Tage der neuen Bürgermeister.

In Attendorn wäre das vermutlich genauso, würde im Hintergrund nicht das offene Gerichtsverfahren zur Gültigkeit der Wahl im Attendorner Bezirk II (Mooskamp, Repe, Mecklinghausen) wie ein Damoklesschwert über der Situation schweben. Die zentralen Fragen lauten: Kommt es zu einer Wiederholungswahl, so wie es die Politik beschlossen hat? Wenn ja, wann wird es soweit sein? Oder wird der Klage der Kreis-CDU vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg gegen die Wiederholung stattgegeben? Werden sich am Ende gar die Richter am Oberverwaltungsgericht nach vorheriger Berufung mit der kniffligen Frage befassen?

Genau dieser Umstand der Unwissenheit ist für alle Beteiligten, von der Stadt über die Politik bis hin zu den Wählern, eine sehr unbefriedigende Situation. Das sieht auch Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) so: „Mein Eindruck ist: Das Verfahren interessiert die Menschen immer weniger und es wird auch immer irrelevanter, je mehr Monate ins Land vergehen.“

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Die Stadt hatte sich, genauso wie die CDU, gegen eine Wiederholung in dem betroffenen Bezirk ausgesprochen, in dem es zu einer Panne gekommen war, weil ein Teil der Bürger (zunächst) keine Stimme für den Stadtrat abgegeben hatte. Versehentlich wurden die Wahlzettel vergessen. Bis auf fünf Bürger kamen die Betroffenen an dem Tag auf Bitten der Helfer noch einmal zurück ins Wahllokal, um die noch fehlende Stimme abzugeben.

Hauchdünne Mehrheit im Rat

Die fünf Personen, die bis auf eine Ausnahme noch erreicht wurden, aus welchen Gründen auch immer aber von einer erneuten Stimmabgabe absahen, könnten die Machtverhältnisse im Stadtrat jedoch verändern. Und zwar in der Form, dass die Grünen ein Sitz dazu gewinnen und die CDU dafür einen Sitz verlieren würde. Deswegen hatten die Grünen und der Kreis Olpe als Aufsichtsbehörde gegen das Ergebnis Einspruch eingelegt. Mit hauchdünner Mehrheit beschloss der Stadtrat eine Wiederholungswahl, wogegen die Kreis-CDU nach Absprache mit ihren Attendorner Kollegen Klage in Arnsberg einlegten.

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Dort liegt dieses Verfahren nun, das nicht nur CDU-Kreisgeschäftsführer Hubert Brill als rechtlich interessant einstuft: „Uns ist zumindest kein vergleichbarer Fall in Deutschland bekannt.“ Die CDU vertritt nämlich, wie die Stadt Attendorn, die sich auf die extra eingeholte Expertise eines Gutachters stützt, die Auffassung, dass „im Endeffekt eine einzige Stimme (...) unberücksichtigt geblieben“ sei und die Gültigkeit der festgestellten Wahl daran nicht scheitern sollte.

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Der externe Gutachter hatte übrigens auch festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass von den fünf fehlenden Stimmen ausgerechnet drei bei den Grünen gelandet wären – genau diese drei Stimmen würde die Sitzverteilung zugunsten der Grünen im Stadtrat beeinflussen –, extrem gering sei.

Wer dürfte denn wählen?

Eine zügige Antwort wünscht sich natürlich auch Wendelin Heinemann, Fraktionschef der Attendorner Grünen: „Wir können diese juristische Hängepartie doch nicht eine halbe Wahlperiode durchziehen, das versteht kein Bürger mehr und ist eine Katastrophe. Das Gericht muss jetzt schnell Klarheit schaffen“. Doch davon ist aktuell nicht auszugehen. Und es drängen sich weitere Frage auf. So steht beispielsweise im Kommunalwahlgesetz (Paragraf 42), dass bei einer Wiederholungswahl, die binnen eines halben Jahres durchgeführt wird, auf Grundlage desselben Wählerverzeichnisses gewählt wird. Diese Frist ist mittlerweile abgelaufen. Würden trotzdem zum Zeitpunkt X dieselben Bürger wählen wie am 13. September, selbst wenn sie gar nicht mehr in Attendorn wohnen?

Keine Aussicht auf rasches Ergebnis

Und was geschieht eigentlich mit Entscheidungen, die der Stadtrat jetzt trifft, die nach möglichen Sitzveränderungen im Falle der Wiederholung aber so nicht wieder getroffen würden. Und wie lange dauert der Entscheidungsprozess, wenn es sogar noch zur Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht kommt?

Fragen, mit denen sich die Juristen befassen müssen. Und idealerweise so schnell wie möglich eine Entscheidung treffen. Danach sehnen sich alle Beteiligten. Silke Camen, Pressesprecherin am Verwaltungsgericht in Arnsberg, dämpft allerdings jegliche Hoffnungen auf eine rasche Entscheidung. Es wird vermutlich noch Monate dauern.