Gerlingen. Durch die Amazon-Ansiedlung in Gerlingen spitzt sich die Verkehrssituation in Gerlingen zu. Ein Gutachten bringt einige interessante Erkenntnisse.

Es tut sich was in Sachen Verkehrsentlastung in Gerlingen. Durch den Bau eines Verteilerzentrums von Amazon im Industriegebiet „Auf der Mark“ und einer künftigen noch höheren Belastung des durch den Verkehr ohnehin schon arg gebeutelten Ortes ist mächtig Tempo in das Thema gekommen. Dafür hatte vor allem die Interessengemeinschaft „Besser leben in Gerlingen“ gesorgt. Jetzt liegt das Verkehrsflussgutachten der Ingenieurgruppe IVV Aachen/Berlin auf dem Tisch. Es liefert einige interessante Erkenntnisse und auch erste kurzfristig umsetzbare Maßnahmen. „Das Gutachten zeigt, wie grottenschlecht die Situation in Gerlingen ist“, meint Bürgermeister Bernd Clemens auf Anfrage unserer Redaktion.

Keine Amazon-Ampel

Die Signale für eine Ampel im Bereich Ludwig-Erhard-Straße/L 512 stehen jetzt auf Rot. Amazon hatte diese ins Gespräch gebracht und wollte die Kosten übernehmen. Die Gutachter lehnen eine solche Ampel aber ab. Grund: die Rückstausituation von der „Gerlingermühle“ zum Industriegebiet „Auf der Mark“. Es soll jetzt zunächst einen Probebetrieb geben, um die Auswirkungen zu testen - allerdings erst nach Corona, um die tatsächlichen Verkehrsstärken abbilden zu können.

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Die Verkehrsflussanalyse hat mehrere kleinere Optimierungspotentiale im Bestand aufgezeigt. So soll die Situation durch die Bushaltestelle im Bereich des Netto-Marktes, die für ärgerliche Rückstaus sorgt, verbessert werden. Dies könne geschehe durch den Umbau in eine Busbucht oder die Verlagerung der Haltestelle.

Eine weitere wesentliche Verbesserung sehen die Gutachter in der aktuellen Ampelschaltung. Dabei geht es besonders um die Fußgänger-Bedarfsampel vor der Volksbank. Da diese wesentlich früher eine neue Fußgängerfreigabe schaltet als angenommen, gibt es zeitweise nur sehr kurze Grünzeiten für die Fahrzeuge. Auch die Verlängerung des Rechtsabbiegerstreifens Koblenzer Straße/Kreuztaler Straße wird vorgeschlagen.

Absage an Kreisverkehre

Schon seit Jahren werden immer wieder Kreisverkehre als eine Beschleunigung des Verkehrs gefordert. Das Gutachten kommt dabei zu einem eindeutigen Ergebnis. Der Umbau der Kreuzungen „Gelingermühle“ und „Elbener Straße“ in einen Kreisverkehr versprechen keine Optimierung des Verkehrsflusses. „Hier werden die zahlreichen Rückstauwellen innerhalb der Ortsdurchfahrt zu erheblichen Problemen innerhalb der Kreisverkehre führen und die Situation nicht verbessern“, so die Verwaltung, die folgenden Beschluss für die Ratssitzung am 28. April vorschlägt: „Der Umbau in einen Kreisverkehr wird nicht weiterverfolgt.“

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Die von IVV vorgeschlagenen Maßnahmen würden dazu beitragen, den Verkehrsfluss in Gerlingen zu optimieren. Die zukünftigen Fahrbewegungen würden hierdurch laut Verwaltung jedoch nicht verlagert: „Die Anzahl der prognostizierten Fahrzeuge bleibt sehr hoch und wird auch zukünftig zu sehr hohen Belastungen führen.“

Eines haben die Untersuchungen eindeutig ergeben: Für eine wirkliche Verbesserung der katastrophalen Verkehrssituation in der Ortsdurchfahrt Gerlingen sorgt nur eine Umgehungsstraße. Hier kommt IVV zu folgendem Fazit: Ohne Ortsumgehung nutzen rund 1.800 Fahrzeuge des Amazon-Verkehrs die Ortsdurchfahrt Gerlingen zwischen Kreuztaler Straße und Auf dem Ohl. Würde eine Ortsumgehung nach der Variante 2 (aus Olpe kommend vor dem Ortseingang Gerlingen rechts ab, am Autobahnkreuz entlang durch einen Tunnel unter der A 45, der bei der Firma Sunflex wieder herauskommt) realisiert, würden bis zu 11.500 Kraftfahrzeuge täglich diese Umgehung nutzen.

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Der Amazon-Verkehr, der sonst über die Koblenzer Straße zwischen Kreuztaler Straße und Auf dem Ohl fahren würde, könnte komplett auf die Umgehung verlagert werden. Dies gelte auch für einen großen Teil des übrigen Gewerbegebietsverkehrs: „In der Ortsdurchfahrt würden Kapazitäten frei, es werden Entlastungen von ca. 40 Prozent erzielt.“ Die Umsetzung einer Umgehungsstraße soll jetzt im Zusammenhang mit der Erschließung des interkommunalen Gewerbegebietes Ruttenberg weiterverfolgt werden.

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Zur Nachfrage, dass es bis zur Umsetzung von Ruttenberg noch 10 bis 15 Jahre dauern könne, sagt Bürgermeister Clemens, selbst Gerlinger: „Gerlingen erwartet völlig zu Recht eine rasche Lösung. Das ist auch verständlich. Das kann man nicht aufschieben, bis Ruttenberg durchgeplant ist. Das wäre unerträglich für Gerlingen.“