Kreis Olpe. Der Streit zwischen Windkraft-Gegnern und Olper Grünen geht weiter. Ein neuer Grünen-Flyer beinhalte „Fake News“, sagt die Bürgerinitiative.
Eigentlich möchte Matthias Reißner gar nicht viel dazu sagen. Der Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) „Gegenwind Olpe-Drolshagen-Wenden“ sitzt mit Dr. Andreas Hesse und Christof Gerhard in den Räumen des Coworking-Spaces in Olpe – und schüttelt leicht mit dem Kopf.
Grund für das Gespräch, zu dem unsere Zeitung eingeladen hat, ist die jüngste Pressekonferenz der Olper Grünen. Dort hatten Vertreter der Partei ihren neuen Flyer für den Bundestagswahlkampf präsentiert – eine Provokation in Richtung der Bürgerinitiative. „Wir würden heute viel lieber mit Ihnen über die Sache sprechen, statt uns mit solchen Banalitäten aufzuhalten“, sagt Matthias Reißner. „Gerade jetzt ist es wichtig, sich mit dem Thema Windkraft zu beschäftigen.“
Die Vorgeschichte
Im vergangenen Jahr standen die Olper Grünen und die Bürgerinitiative (BI) „Gegenwind Olpe-Drolshagen-Wenden“ vor Gericht. Der Grund war ein Flyer, den die Grünen im Vorfeld der Kommunalwahl verwendet haben – mit Bildern der Banner der Bürgerinitiative. Während die Bürgerinitiative mit Slogans wie „Windräder erzeugen gefährlichen Infraschall“ auf sich aufmerksam machte, stellten die Grünen ihre Position mit Aussagen wie „Das ist falsch“ gegenüber.
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Zunächst bekam die Bürgerinitiative vor Gericht recht, die Verwendung wurde als unrechtmäßiger Gebrauch als Grafik-Design-Werk gewertet. Doch dann die überraschende Wendung. Das gleiche Gericht – das Landgericht Bochum – revidierte seine Entscheidung – und nahm die einstweilige Verfügung wieder zurück.
Vor wenigen Tagen haben die Grünen ihren „neuen“ Flyer für die Bundestagswahl präsentiert – erneut mit Bildern der Banner (unsere Zeitung berichtete). Neu ist ein Button mit der Aufschrift „Mündlich verhandelt und für Recht anerkannt“.
Die Stellungnahme
Matthias Reißner, Dr. Andreas Hesse und Christof Gerhard zeigen sich stellvertretend für die Bürgerinitiative gelassen. Sowohl mit Blick auf die neuen Flyer und dem „schlechten Stil“ der Grünen als auch mit Blick auf die „ominöse 180-Grad-Drehung der Richter“. Man habe bewusst darauf verzichtet, in Revision zu gehen – weil das Geld zu schade sei, es den Aufwand einfach nicht wert ist. „Wir kennen ja die Wahrheit und die Zukunft liefert die dann ungeschminkt“, sagt Christof Gerhard, Kaufmann aus Rehringhausen. „Wir konzentrieren uns lieber auf unsere Ziele.“
Aber was ist die Wahrheit? „Mündlich verhandelt und für Recht erkannt“ seien lediglich die von den Grünen auf ihrem Flyer verwendeten Bilder der Banner des Vereins Gegenwind. Um die Texte der Grünen auf den Flyer sei es bei „diesem erstaunlicherweise pro-grün entschiedenen Disput“ nie gegangen. Deshalb betrieben die Grünen mit ihrem Button nunmehr Etikettenschwindel, weil der bewusst falsche Eindruck erzeugt werde, ihre „wie auch immer gearteten politischen Botschaften hätten die höhere Weihe einer gerichtlichen Bestätigung“.
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„Dass die Grünen uns erst für ihren Kommunalwahlkampf instrumentalisieren wollten und jetzt auch noch Fake-News verbreiten, verwundert uns bei ihrem an den Tag gelegten Eifer, der Windindustrie in der Region Tür und Tor zu öffnen, nicht wirklich.“ Die Kanzlei, die die Grünen in der Verhandlung vertreten habe, seien – so sagt Christof Gerhard – die Hausrechtsanwälte des LEE, dem Landesverband für Erneuerbare Energien NRW. „Das ist nichts anderes als ein Lobbyverein der Windenergie“, sagt Gerhard. „Und im Vorstand sitzen ausschließlich Profiteure der erneuerbaren Energiewirtschaft wie der Grüne Wahlkreis-Kandidat Holger Thamm.“
Das Thema
Im Regionalplan-Entwurf sind für die Region Südwestfalen 1300 Windgiganten mit einer Gesamthöhe von 250 Metern vorgesehen. Die örtlichen Bürgerinitiativen wehren sich gegen „diese überdimensionierten Industriemonster“. Ihre Kernforderung: Den schrankenlosen Ausbau der Windenergie als unangemessen und zu gefährlich zu stoppen, stattdessen behutsam und bedarfsgesteuert im Mix auf zuverlässige Versorgung setzen.
Die Nachteile von Windkraftanlagen seien vielfältig: Industriefundamente und autobahnähnlich befestigte Zuwegungen in Wäldern. Rotorblätter, deren spätere sichere Entsorgung nicht ansatzweise geklärt sei, als permanent tödliche Gefahr für Tiere und akustische Belästigung und Krankmacher für Anwohner. Aber auch: Zufallsgesteuert Windenergieüberschuss, der nicht gespeichert werden kann, der regelmäßig die Netzstabilität gefährdet und im Ausland gegen Gebühr in konventionellen Kraftwerken „entsorgt“ werden muss. Diesel-Generatoren, die Industrieunternehmen bei Dunkelflauten mittlerweile als Notstromoption empfohlen werden.
„Erstaunlich, wie die Grünen unisono alle Nachteile ignorieren und sich wie ein Mantra ausschließlich auf die wohl weltheilende Windenergie fokussieren. In dieser fortgeschrittenen Phase geht es bei der Windkraft ausschließlich nur um Profite und nicht mehr um Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit“, betont Dr. Andreas Hesse, Physiker aus Wenden.
Matthias Reißner, Berufsmusiker aus Iseringhausen, betont abschließend: „Die Menschen müssen sich mit dem komplexen Thema beschäftigen. Wir haben noch bis zum 30. Juni Zeit, etwas gegen den Regionalplan zu tun. Wir befinden uns jetzt vor einer epochalen Grundsatzentscheidung.“