Attendorn/Kreis Olpe. Andrea Müller spricht am Welttag der sozialen Gerechtigkeit über ihre Einsatz beim Caritasverband im Kreis Olpe. Wie sie Bedürftigen beisteht:
Jedes Jahr am 20. Februar machen die Vereinten Nationen mit dem Welttag der sozialen Gerechtigkeit auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam. In Attendorn unterstützt der Caritasverband für den Kreis Olpe Bedürftige mit Spenden und Gesprächen. Im Interview mit Ina Carolin Lisiewicz spricht Andrea Müller, Caritas-Regionalleiterin für Attendorn und Finnentrop, über das Engagement und die unterschiedlichen Hilfsprojekte.
Kreis Olpe: Benachteiligungen in der Gesellschaft abbauen
Was verstehen Sie unter sozialer Gerechtigkeit?
Andrea Müller: Für mich ist es wichtig, dass Menschen die gleiche Chance bekommen, ihr Leben zu gestalten. Wir haben einige Benachteiligungen in unserer Gesellschaft – die gilt es abzubauen. Uns begegnen immer wieder Menschen, die arbeitslos oder erkrankt sind. Denen es nicht so leicht fällt, ihr Leben hier zu gestalten. Sie stehen am Rande der Gesellschaft. Ihnen versuchen wir durch unser ehrenamtliches Engagement zu helfen. Wir hören ihnen zu. Zum Beispiel mit unserem Angebot „Effata“.
Was ist das für ein Angebot?
Wir haben gemerkt, dass Hilfesuchende wegen Gutscheinen oder Geldbeträgen an uns herantreten, weil ihr Geld bis zum Ende des Monats nicht mehr reicht. Oft steckt eine Geschichte dahinter. Es gibt einen Grund, warum man da steht, wo man steht. Das kann wegen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Krankheit oder Scheidung sein. Wir schenken diesen Menschen Zeit für ein Gespräch.
Kreis Olpe: Caritas spendet Lebensmittel an Bedürftige
Wie hilft die Caritas in der Region den Menschen noch?
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Bei uns gibt es auch die Kleiderkammer, wo gebrauchte Kleidung, Wäsche und Hausrat angeboten werden. Und wir betreiben in Attendorn den „FairTeiler“. Dort können Lebensmittel, die sonst vielleicht weggeworfen werden, bei uns abgegeben werden. Das geht immer dienstags und donnerstags von 10 bis 12 Uhr. Viele Bürger, die mitmachen, sagen uns: So kommen die Lebensmittel jedenfalls bei denen an, die sie gebrauchen können. Mit diesen Waren können bedürftige Menschen, die nicht genug haben, ein paar Tage überbrücken.
Wer kommt zu Ihnen?
Das ist sehr unterschiedlich. Das können zum Beispiel Alleinstehende, Familien oder psychisch Erkrankte sein. Eine Familie, die zu uns kommt, hat zum Beispiel fünf Kinder. Sie bekommen von uns Lebensmittel. Bei einer anderen Familie findet der Vater wegen einer Erkrankung keinen Job. Auch ihnen helfen wir. Natürlich gibt es auch Menschen, die ihr Geld unter anderem für ihre Sucht ausgeben. Da versuchen wir mit dem „FairTeiler“, dass sie wenigstens genug zu essen haben.
Caritas-Hilfsprojekte im Kreis Olpe: Keine Berechtigung vom Jobcenter nötig
Wenn man zu Ihnen kommt, muss man sich eingestehen, dass man Hilfe braucht. Ich denke, das fällt nicht jedem leicht. Wie hoch ist die Schwelle, zu Ihnen zu kommen?
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Jeder hat seine Gründe, warum er zu uns kommt. Das sind alles gute Gründe. Wir lassen uns bei der Kleiderbörse oder dem „FairTeiler“ keine Berechtigungen vom Jobcenter zeigen. Wenn eine Mutter nicht genug für ihre Kinder hat, sollte sie zu uns kommen. Durch Corona kommen die Menschen zeitversetzt. So können wir uns aber auch mit jedem von ihnen unterhalten.
Wie sind die Reaktionen?
Hier merkt man oft, wie sehr sich die Menschen freuen, uns zu sehen. Das ist manchmal das einzige Gespräch am Tag, was sie führen. Wir können sie ein Stück ihres Weges begleiten. Es ist immer schwierig, Menschen um Hilfe zu bitten. Viele Besucher sagen nach Gesprächen mit uns aber: Tat das gut, dass ich das jemanden erzählen konnte. Es ist schön, wenn man die Menschen wiederaufbauen kann.
Kreis Olpe: Corona verschärft soziale Ungerechtigkeit
Würden Sie sagen, dass Corona die soziale Ungerechtigkeit noch verschärft?
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Ja, das ist zu befürchten. Wegen des Kurzarbeitergeldes, drohenden Arbeitsplatzverlusten oder schon eingetretenen Kündigungen. Da steht für viele Familien das Haus auf dem Spiel oder die Miete wird unbezahlbar. Wenn das monatliche Gesamteinkommen gerade so gereicht hat, wie soll das dann mit Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld noch gelingen? Durch die wirtschaftliche Situation wird es weitere Rückschritte bei der sozialen Ungerechtigkeit geben.
Wie hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?
Wir haben viele Ehrenamtliche, die sich schon seit Jahrzehnten engagieren. Wir haben Sorge, dass sich diese Menschen jetzt in Corona-Zeiten zurückziehen, weil sie Angst vor einer Infektion haben. Das wäre ein Verlust für uns, aber auch für sie selbst. Wenn Corona vorbei ist, befürchten wir, dass einige sagen, dass sie sich nicht mehr ehrenamtlich engagieren wollen. Es wäre schön, wenn auch neue Ehrenamtliche den Weg zu uns finden. Jeder hat aber nur eine gewisse Zeit, die er schenken kann. Tatkräftige Hilfe ist bei uns immer willkommen.
Mehr Infos über die Arbeit der Caritas gibt es unter www.caritas-olpe.de. Andrea Müller, Ansprechpartnerin für Attendorn und Finnentrop, ist unter 0157 35543901 zu erreichen.