Attendorn. Christof Grote verlässt die Attendorner Kirchengemeinde und wird neuer Superintendent. So stellt sich der Ostwestfale seine neue Aufgabe vor:

Nach genau 23 Jahren verlässt der evangelische Pfarrer Christof Grote (55), zumindest beruflich, die Hansestadt Attendorn und tritt die Nachfolge von Klaus Majoress als Superintendent des Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, zu dem auch die neu gegründete Gemeinde Attendorn-Lennestadt gehört, an. Wir haben mit dem gebürtigen Ostwestfalen, der für acht Jahre gewählt wurde, über seine Zeit als Pfarrer in Attendorn und über seine neue Aufgabe gesprochen.

Warum wollten Sie unbedingt neuer Superintendent werden?

Christof Grote Ich habe eine neue Herausforderung gesucht und möchte das, was ich hier vor Ort in der Gemeinde umsetzen durfte, nun im größeren Rahmen tun. Wir bewegen uns in einer sehr spannenden, aber auch schwierigen Zeit für die Kirche. Die Mitgliederzahlen sind rückläufig, die Finanzkraft geht zurück und die gesellschaftliche Akzeptanz von Kirche bröckelt. Da ist es es ganz wichtig, als Kirchenkreis eine starke Position zu beziehen. Genau dazu möchte ich beitragen.

Was sind eigentlich die Aufgaben eines Superintendenten?

Der Superintendent ist der leitende Geistliche eines Kirchenkreises. Zum Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg gehören 23 Gemeinden und Einrichtungen wie zum Beispiel das Diakonische Werk, aber auch das Schulreferat, Stellen für Krankenhausseelsorge oder Beratungsstellen. Der Superintendent ist hier der oberste Repräsentant. Ein Stück weit ist der Posten vergleichbar mit dem Dechanten in der katholischen Kirche, wobei die Aufgaben insgesamt noch etwas vielfältiger sind.

Was sind die großen Herausforderungen der nächsten Jahre für die Kirche – und somit auch für Ihre Arbeit?

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Den Mitgliederschwund und die nachlassende Finanzkraft habe ich bereits angesprochen. Zudem haben wir ein Nachwuchsproblem bei Theologen, so dass wir nicht mehr alle Pfarrstellen besetzen können. Dadurch entsteht leicht eine resignative Grundstimmung. Dagegen müssen wir arbeiten und uns klar machen, was für eine wichtige Aufgabe wir in der Gesellschaft mit unserer Botschaft immer noch haben. Wir wollen Kirche gestalten und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen.

Welche Projekte haben Sie sich auf die Fahne geschrieben. Hier in Attendorn waren Sie ja unter anderem maßgeblich an der Gründung der Tafel beteiligt…?

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Ich möchte die Gemeinden in ihrer Arbeit vor Ort unterstützen und dafür auch die Verzahnung von Gemeinde und Diakonie noch stärker voranbringen. Es gilt hierbei, viel mehr Kontaktmöglichkeiten zu schaffen und zu gucken, wie wir die Angebote der Gemeinde im diakonischen Werk präsenter machen können und anders herum natürlich genauso. Zudem ist mir wichtig, dass wir die Kindergartenarbeit mit ihren Chancen für die Gemeinden noch stärker in den Fokus nehmen.

Corona hat den Effekt, dass die Digitalisierung einen enormen Schub erhalten hat. In der Kirche ist es möglich, Gottesdienste live zu streamen. Wie wollen sie dieses Thema als Superintendent angehen?

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Wir haben fast alle ohne große Vorkenntnisse dazugelernt und zum Beispiel im Home Office gearbeitet. Mir fällt da eine Zoom-Konferenz aller Superintendenten ein, an der ich am Montag schon teilgenommen habe. Da passiert gerade sehr viel. Noch viel spannender (sind – finde) ich jedoch – Sie haben es schon angesprochen –, dass wir in der Coronazeit plötzlich Gottesdienste aus Attendorn ins Internet gestellt haben. Und siehe da: Wir hatten plötzlich Gottesdienstzahlen, die wir so nur von Weihnachten oder Konfirmationen kennen. Und bei all diesen frustrierende Begleitumständen – vor allem, dass wir uns nicht mehr physisch treffen –, ist es ein starkes Zeichen dafür, dass Kirche gefragt ist.

Ein kleiner Rückblick: Wie haben Sie die 23 Jahre in Attendorn erlebt?

Ich verlasse Attendorn mit einem weinenden Auge, weil ich die Gemeinde unglaublich gerne geleitet habe. Ich habe viel Menschen kennengelernt, die sich eingebracht haben. Gemeinsam haben wir vieles angestoßen und aufgebaut. Da ist die Gründung der Attendorner Tafel Ende der 1990er Jahre sicher ein wichtiges Datum. Wir haben das Lebensfroh im Schwalbenohl als großes Sozial- und Begegnungszentrum aufgemacht, in der Kinder- und Jugendbücherei haben wir den Ehrenamtspreis des Landes NRW gewonnen. Wir haben das Beta-Gütesiegel für den Kindergarten bekommen. Das waren tolle Erfolge. Daneben bleiben aber vor allem die vielen, vielen Einzelgespräche hängen, etwa die Trauergespräche bei Beerdigungen, aber auch ganz viele andere Begegnungen.

Zur Person

Dr. Christof Grote ist 55 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder. Nach seinem Abitur in Münster studierte er Theologie in Bethel, Heidelberg und Münster. Sein Vikariat absolvierte der Ostwestfale beim Diakonischen Werk Westfalen in Münster und in der Kirchengemeinde Versmold-Bockhorst. Schließlich war Grote Pfarre im Entsendungsdienst im Kirchenkreis Halle/Westfalen. In Attendorn ist Grote Pfarrer seit 1997.

Als neuer Superintendent ist Grote künftig Dienstherr von rund 300 Angestellten. Während im Märkischen Kreis der Anteil der evangelischen Bevölkerung bei etwa 40 Prozent liegt, sind es im Kreis Olpe nur etwa zehn Prozent.

Wie haben die Leute in Attendorn auf ihren bevorstehenden Abschied reagiert?

Ich habe ganz viele Reaktionen erhalten, die eine doppelte Botschaft hatten: Glückwünsche auf der einen Seite, aber auch Bedauern auf der anderen, dass ich die konkrete Gemeindearbeit vor Ort nicht mehr mitgestalten werde.

Wer wird das denn an Ihrer Stelle ab Anfang November tun?

Wir werden in den verschiedenen Kirchengremien überlegen, und tun das auch schon, wie es hier weitergehen kann und wie wir die Arbeit verteilen. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Man muss den passenden Menschen auch finden.

Wie sehr werden Sie den Attendorner Weg weiter verfolgen?

Als Superintendent werde ich natürlich insgesamt verfolgen, was in den 23 Gemeinden des Kirchenkreises passiert. Dass ich dabei immer besonders auf Attendorn gucken werde, ist ja selbsterklärend.

Bleiben Sie eigentlich in Attendorn wohnen?

Das ist noch unklar. Wir würden gerne.