Kreis Olpe. Früher waren Obstbäume der Klassiker im Garten. Doch häufig haben die Menschen dafür keine Zeit mehr.
So wie es bei den Klamotten unterschiedliche Mode-Epochen gab und gibt, so scheint es mir bei den Pflanzen in den Gärten auch zu sein. Meine Oma trug Kittel. Immer, nur nicht sonntags in der Kirche, aber sonst immer. Ihre Vorstellung von Garten war klar. Obstbäume- und Sträucher, Gemüsebeete, Kartoffeln, Wiese mit Gänseblümchen und eine Weißdornhecke drum herum. Fertig. Wofür sollte auch sonst ein Garten gut sein, wenn es dort nichts zu ernten gäbe?
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In der Wiese waren übrigens Wäschestangen mit Leinen, an denen von der Unterhose bis zur weißen Bluse alles flatterte und an den Fallrohren waren Wasserfässer, wo das Regenwasser gesammelt wurde. Dann kam die Zeit der weiten Schlaghosen, Kittel wurden gegen Mini-Röcke getauscht und die Sonnenbrillen waren so groß wie Tischtennisschläger. Die Jüngeren trugen auch Bundeswehrparka, Boots und hatten auf dem Kopf eine wilde Mähne.
Die älteren Herren trugen weiße Tennissocken mit farbigen Kringeln zur kurzen Hose, meistens noch einen Hut und benutzten Spazierstöcke mit Emblemen beim Sonntag-Nachmittag-Rundgang. Ich sag mal so, für mich beginnt da die „Keine Zeit“ mehr. Keine Zeit mehr für Garten, denn es wurde in der Woche sechs
Tage hart gearbeitet, man konnte sich wieder etwas leisten, wollte Auto fahren und verreisen. Gemüsebeete wurden eingeebnet und eingesät, Weißdornhecken gerodet, Obstbäume zum großen Teil entfernt, denn wer hatte noch Zeit zum Einmachen? Die Modepflanze dieser Epoche hieß Cotoneaster, dicht gefolgt von Serbischen Fichten, Hemlocktannen, Zuckerhutfichten, Rhododendron und Österreichischen Schwarzkiefern. Koniferen jeglicher Art waren der Renner, denn sie produzierten kein Laub und gegen Cotoneaster war eh kein Kraut gewachsen.
Hängende Geranien in Balkonkästen
Das einzig Blühende in vielen Gärten waren zu dieser Zeit rote hängende Geranien in Balkonkästen. Was die in Bayern konnten, konnten wir schon lange. Genau zu dieser Zeit habe ich mit meiner Lehre angefangen. Die Blusen und Röcke wurden bunt, die Mädels zeigten was sie hatten und wir sind mit gemusterten Hemden und riesigen Hemdkragen rumgelaufen. Jeans waren eng, so eng, dass man sich fragte, wie die da wohl reingekommen war und sie wurden getragen, bis sie sich von selbst auflösten. Gartenarbeit war schrecklich, man wollte lieber auf Partys gehen, Musik von der Platte oder dem Kassettenrekorder hören, Apfelkorn und Bowle trinken und Manta GT oder Ford Capri fahren.
Die Älteren nicht, die machten zwar auch Party, fuhren aber einen 200er Diesel mit Schiebedach und gingen in Boutiquen einkaufen. Aber nicht nur Autos und Kleidung veränderten sich, sondern der Baustil der Häuser wurde anders. Winkel-Bungalow mit Flachdach war der Renner, mit großen Glasfronten und großzügiger Terrasse.
Damit veränderte sich wieder der Garten. Es wurde formal und geradlinig gestaltet, Lebensbäume grenzten Grundstücke ein, Waschbetonplatten waren der Hit aber auch Naturstein aus der Region wurde verwendet.
Gehölze mit farbigen Blättern
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Für mich ist die Rose die Modepflanze dieser Zeit, insbesondere die Bodendeckende Rose. Sie ersetzte auch im öffentlichen Grün an vielen Stellen den Cotoneaster. Man wollte wieder mehr Farbe im Garten haben und man verwendete auch gerne Gehölze mit farbigen Blättern und Stauden. Aus der formalen Gestaltung wurde dann noch einmal die minimalistische Bauart. Mit möglichst großen Platten schnurgerade Wege, Rasen ohne Gänseblümchen, rechteckiges Wasserbecken und eine in Bonsai-Form geschnittene Kiefer oder Eibe an einer Stelle. Alles mit Kies abdecken, fertig. Und womit wurde Sichtschutz hergestellt? Richtig, mit der Modepflanze Bambus. Heute wäre mancher froh, wenn er den wieder los wäre oder er zumindest nicht überall im Garten oder beim Nachbarn aufkreuzen würde. Aber auch Gräser jeglicher Art wurden verwendet und als modern bezeichnet.
Heute ist die Zeit der Bonsai-Formen weitestgehend vorbei, in den Gärten wird es wieder üppiger. Die Staudengärtnereien haben so viel zu tun wie noch nie und auch wenn das Umdenken bei Klima und Umwelt langsam geht, scheinen viele begriffen zu haben, dass Klima im eigenen Garten beginnt. Es gibt jetzt sogar von einem Rasensamen-Produzenten eine Mischung mit Gänseblümchen. Oma hätte den genommen, sich gefreut und die Wäsche draußen aufgehangen.
Viel Spaß beim Gärtnern wünscht Ihnen Ihr Thomas Kramer