Bamenohl. Esther Sagafe ist Pflegedienstleiterin im Caritas-Zentrum Finnentrop. Für sie ist der Umgang mit Demenzkranken eine Bereicherung.
Licht strömt durch die großen Fenster, davor hängen Herzen aus geflochtenem Korb. Auf den Fensterbänken stehen Blumentöpfe mit Orchideen. Weiß, rosa, lila. Esther Sagafe setzt sich in den Ledersessel vor dem Kamin. Auf dem Sims tickt die alte Bronze-Uhr ihres Vaters leise vor sich hin. „Mir ist es wichtig, dass es hier gemütlich ist. Dass Menschen hier einen wertvollen Tag verbringen können“, sagt sie und lächelt dabei. Ein Lächeln das zeigt, dass sie zufrieden ist mit dem was sie tut. Und das auch nach über 20 Jahren in der Altenpflege.
Die Motivation
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Schon früh wusste Esther Sagafe, die seit knapp zwei Jahren Pflegedienstleiterin im Caritas-Zentrum Finnentrop ist, dass sie in der Altenpflege arbeiten wollte. „Eigentlich hatte ich damals vor, mein Praktikum in der 9. Klasse im Kindergarten zu machen“, erinnert sich die 38-Jährige. „Doch der hatte damals keine Kapazitäten für einen Praktikumsplatz, sodass ich dann spontan ein Praktikum im Seniorenheim in Bilstein gemacht habe.“ Eine Kehrtwende um 180 Grad. Statt erzieherisch tätig zu sein konnte sie selbst sehr viel von den zu betreuenden Senioren dazu lernen. „Ich war nicht mehr in der Position, meinem Gegenüber Ratschläge erteilen zu wollen. Weil ich plötzlich einem Menschen mit so viel Lebenserfahrung gegenüberstand.“ In der Zusammenarbeit mit den Senioren erfahre sie immer wieder wechselseitige Wertschätzung. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Der Umgang mit Demenz
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Einige Senioren, die Esther Sagafe und ihr Team betreuen, sind an Demenz erkrankt. Für Betroffene und Angehörige ist diese Krankheit eine Schockdiagnose, da die Forschung bislang weder verlässliche Präventionsmaßnahmen noch ein Heilmittel gefunden hat. Ausfälle im Kurz- und Langzeitgedächtnis, nach Worten suchen, zunehmende Orientierungslosigkeit und im späten Stadium Sprachverlust und Bettlägerigkeit. Ein unaufhaltsamer Prozess, der wehtut – vor allem emotional. Und trotzdem betreut Esther Sagafe gerne Menschen mit Demenz. „Ich darf den Menschen in seiner Welt leben lassen und kann auch mal Normen aus ‚unserer‘ Welt über Board werfen“, erzählt Sagafe. Sie weiß aber auch, wie schwer es als naher Angehöriger ist, das zu akzeptieren. Loszulassen. „Statt auf ‘unserer’ Realität zu beharren, können die Angehörigen versuchen, ihre Energie ins Positive zu lenken. Zum Beispiel, indem sie von schönen Erinnerungen aus der Vergangenheit erzählen.“
Der Wechsel
15 Jahre hat Esther Sagafe im Seniorenhaus des Caritas-Zentrums Finnentrop, dem Haus Habbecker Heide, gearbeitet. Dort hat sie auch den Wohnbereich für Menschen mit Demenz geleitet. Als vor knapp drei Jahren die Caritas-Tagespflege in Bamenohl eingerichtet wurde, baute Sagafe sie mit auf. „Ich hatte die Möglichkeit, das Haus und auch das Konzept von Anfang an mitzugestalten“, sagt sie. Parallel dazu hat sie die Weiterbildung zur Pflegedienstleiterin gemacht.
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Der Wechsel von der stationären in die Tagespflege war zunächst ungewohnt. „Vorher stand die Körperpflege und die Versorgung im Vordergrund. Jetzt kommt es vor allem auf die soziale Begleitung an“, meint Sagafe. Dazu gehört auch: Verantwortung wieder abzugeben. Denn sobald die Gäste wieder abgeholt werden, liegt deren Wohlbefinden nicht mehr in ihren Händen.
Der Tagesablauf
Morgens frühstücken alle zusammen und erzählen sich „Dönekes aus dem Dorf“, danach gibt es oft eine erste Beschäftigungseinheit. Auch Musik, Singen und Tanzen ist bei den Senioren beliebt. Nach dem Mittagessen können sich die Gäste entweder in den Ruheraum zurückziehen, mit einer Pflegekraft spazieren gehen, spielen oder auch einfach nur gemeinsam quatschen. Sie können entscheiden.
„Tatsächlich feiern wir hier sehr viel“, erzählt Sagafe und lacht. Seien es Geburtstage, Schützenfeste oder Kegel- und Bingo-Nachmittage. Dann wird auch schon mal Sekt oder Likör gereicht. Bevor die Senioren schließlich wieder von ihren Angehörigen abgeholt werden, gibt es Kaffee und Kuchen. Eine Art Abschiedsritual, bis zum nächsten Mal.
Der Abschied
Natürlich hat sich Esther Sagafe in ihren 20 Berufsjahren auch schon von vielen Menschen verabschieden müssen. Für immer. Sterben soll hier aber kein Tabu-Thema sein, auch wenn es schmerzt. „Wir gehen damit sehr offen um, sprechen darüber, beten zusammen und trauern auch.“ Um die Trauer verarbeiten zu können, bietet die Caritas Coachings im Team oder auch mit externen Dienstleistern an. Gerade für junge Kollegen, die noch nicht so viel Lebens- und Berufserfahrung haben sei das ein wichtiges Angebot.
Der Wohlfühlort
„Zuhause ist da, wo man verstanden wird“ – der Gedanke von Christian Morgenstern hat Esther Sagafe immer begleitet und prägt sie auch im Umgang mit den Menschen bei der Arbeit. Die zu begleitenden Senioren sollen sich in der Tagespflege sicher, willkommen und entspannt fühlen. Dazu trägt auch eine gemütliche Umgebung bei. So wie der Kamin und die leise tickende Bronze-Uhr aus längst vergangenen Zeiten.