Attendorn. Für die Bambis bedeutet der Einsatz der Drohne von David Frey nicht weniger als ein Überleben. Wie ein Einsatz in Attendorn vonstatten geht.

Zurzeit steht David Frey vor Sonnenaufgang auf. Eigentlich nicht seine Zeit, um das Bett zu verlassen. Doch um Rehkitze vor den Mähmaschinen zu retten, nimmt er das frühe Aufstehen gerne in Kauf. Denn Frey ist für die kleinen Bambis die Rettung aus der Luft.

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Es ist halb sechs am Morgen, die Sonne spendet das erste Tageslicht. „Wir beginnen so früh, damit die Wärmebildkamera die Liegeplätze der Rehkitze in der Wiese entdecken kann“, erklärt der Fachmann. Mit seiner leistungsstarken Wärmebildkamera an der Drohne kann er präzise die Temperaturunterschiede zwischen Tier und Wiese erkennen. Gerade in den frühen Morgenstunden, wenn der Boden noch kühl ist, sind Tiere gut zu erkennen. Wo es warm ist, ist ein Lebewesen.

Koordinaten einprogrammiert

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Die erste Station an diesem Tag ist eine Wiese an der Mühlhardt. Hier will Bauer Bernd Schmelzer den ersten Grasschnitt machen. Jagdpächter Ralph Arens ist mit den Helfern Andre Springob und Friedhelm Müller am Rand der Wiese. Ausgestattet sind sie mit Wäschekörben. Dann geht die Drohne mit der Wärmebildkamera in die Luft. Tags zuvor hat David Frey die Koordinaten der Wiese einprogrammiert, so dass die Drohne weiß, welches Gebiet sie abfliegen muss.

David Frey, sonst mit seiner Flycam Sauerland für luftige Perspektiven zuständig, rettet derzeit täglich mit seiner Drohne und Wärmebildkamera Rehkitze vor den Mähmaschinen.
David Frey, sonst mit seiner Flycam Sauerland für luftige Perspektiven zuständig, rettet derzeit täglich mit seiner Drohne und Wärmebildkamera Rehkitze vor den Mähmaschinen. © Barbara Sander-Graetz

Bevor es losgeht, verlässt eine Ricke die Wiese und sucht das Weite. Auch ein Feldhase verlässt den Ort fluchtartig. Nur Minuten später hat die Kamera ein Kitz ausgemacht. Die Helfer werden von David Frey per Funkgerät über die Wiese gelenkt. Doch das Rehkitz ist schon etwas größer und verlässt unter Protest die Wiese. Die nächsten drei Kitze, die die Kamera findet, ducken sich im hohen Gras und laufen auch nicht weg, als sich die Männer nähern. Vor natürlichen Feinden sind sie so gut geschützt. Vor der Mähmaschine nicht.

Andre Springob deckt die Kitze mit einem Wäschekorb ab. Die Stellen werden später mit einer großen Stange markiert, damit der Bauer weiß: hier liegt ein Kitz. Der Landwirt fährt beim Mähen um die Stelle herum, danach wird der Korb entfernt. „Wir haben die Kitze schon mal weggetragen, aber wenn die Wiese nicht sofort gemäht wird, kann es sein, dass die Tiere zurückkommen und die ganze Mühe war umsonst“, erklärt Ralph Arens.

Traktor und Mähwerk warten schon

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Sebastian Hoffmann, Hegeringleiter in Attendorn und der nächste Jagdpächter an diesem Morgen, trägt die Kitze hingegen von seiner Wiese. Zwei Wiesen im Repetal sind die zweite Station an diesem Tag. Der Bauer wartet schon mit Traktor und Mähwerk. Doch zunächst wird die Wiese wieder mit Drohne und Wärmebildkamera abgeflogen. Zunächst verlassen eine Ricke und ein Feldhasen den Einsatzort. „Dann liegt da auch ein Kitz“, weiß Sebastian Hoffman. Er behält Recht. Der Jäger nimmt hohes Gras, packt das Kitz und trägt es weg, wenn auch unter massivem Protest des Kitzes. Eine weitere Ricke mit Nachwuchs taucht auf. Die Ricke rennt sofort in ein Gebüsch, das Kitz läuft ein paar Schritte hinterher und legt sich erschöpft im hohen Gras nieder. Vorsichtig nähert sich Sebastian Hoffmann dem kleinen Tier, packt es mit viel Gras und bringt es ebenfalls in Sicherheit.

Tausende Kitze sterben

Zehntausende Rehkitze sterben Schätzungen zufolge jedes Jahr in Deutschland durch Mähmaschinen.

Jahrelang durchkämmten Jäger und ihre Helfer die Felder vor dem Mähen zu Fuß, um Tiere aufzuspüren. Dabei wurden viele Kitze übersehen. Selbst der Einsatz von Hunden hat nicht viel gebracht, da die Rehkitze absolut geruchlos sind.

Nach zweieinhalb Stunden gibt es eine erfreuliche Bilanz: Vier Ricken, zwei Hasen und sechs Kitze werden heute nicht Opfer der Mähmaschine. David Frey ist sehr zufrieden. Doch er hat auch noch eine Bitte: „Wenn man ein Kitz im Gras findet, nicht anfassen. Hunde müssen jetzt unbedingt an die Leine, denn der Stress für Mutter und Kind ist enorm. Am Besten geht man zurzeit auch nicht in hohe Wiesen, die gemäht werden sollen.“

Sebastian Hoffmann würde übrigens auch Kinder bei dieser Aktion mit einbinden. „Wer einmal helfen möchte, ein Rehkitz zu retten, kann sich mit mir in Verbindung setzen.“