Kreis Olpe. . Die Wochen der hochtragenden Ricken beginnt. Hundehalter sind aufgefordert, besonders aufmerksam zu sein.
Die Fotos machen immer wieder betroffen: Hochtragende Ricken, die von umher jagenden Hunden gerissen und mitsamt ihrem Nachwuchs getötet worden sind, weil verantwortungslose Hundehalter ihre Vierbeiner überschätzt oder achtlos von der Leine gelassen haben. „Wenn jemand sich seines Hundes nicht absolut sicher ist, muss das Tier an die Leine“, sagt Hundetrainerin Edith Hundt aus Rhode, seit über fünf Jahren Ausbildungswartin der Hundefreunde Sauerland: „Die Leine ist keine Strafe, sie ist eine Verbindung zum Hund.“
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Viele Hundehalter, da ist sich Edith Hundt mit ihrer Trainerkollegin Andrea Nies, Gründungsmitglied der Hundefreunde Sauerland, einig, hätten ihre Tiere leider nicht im Griff. Und das, obwohl der Trend immer mehr zum eigenen Hund, sogar zum Zweithund gehe.
In den jetzt anbrechenden Wochen, auf die die Kreisjägerschaft wegen der hochtragenden Ricken aufmerksam macht, sei deshalb auf die Problematik achtloser Herrchen und Frauchen besonders einzugehen.
So früh wie möglich
Einig sind sich die Hunde-Fachfrauen, dass die zuverlässige Ausbildung des eigenen Hundes bereits im Welpen-Alter beginnen müsse. Edith Hundt, die fast ihr ganzes Leben mit Vierbeinern unterschiedlichster Rassen zugebracht hat, weiß, wovon sie redet: „Die Welpenschule sollte schon mit acht bis zehn Wochen beginnen.“ Gerade für Hunde-Laien, appellieren die beiden Frauen, sei es sinnvoll, eine professionelle Hundeschule aufzusuchen. Danach, für die erste Grundausbildung, sei die Mitgliedschaft in einem der vielen Hundevereine empfehlenswert. Dort gehe es unter anderem darum, diszipliniert an der Leine zu laufen, sich ordentlich und ruhig gegenüber anderen Hunden zu verhalten und - ganz wichtig - Ruhephasen zu erlernen. „Hunde aufzuputschen, ist ganz einfach“, sagt Edith Hundt, „sie aber dazu zu bringen, ruhig bei uns hier zu liegen, schon schwieriger.“ July und Joker, die Australian Shepherds von Andrea Nies, die das Gespräch in Reichweite aufmerksam verfolgen, scheinen genau zu verstehen, worum es geht. Sie knurren nicht einmal, haben ihre Ruhe-Lektion offenbar gelernt.
Normalerweise reicht ein Pfiff
Andrea Nies will dennoch auch mit Blick auf die aktuelle Ricken-Problematik nicht die Hand für ihre beiden Hütehunde ins Feuer legen: „Ich würde nie sagen, meine Hunde würden so etwas nie machen.“ Nur die Wahrscheinlichkeit sei geringer, dass konsequent erzogene und trainierte Hund auf Beutetiere losgingen: „Bei uns reicht ein Pfiff oder der Ruf des Namens. Oft begegnen wir im Wald aber frei laufenden Hunden, und dann kommt erst einmal nichts.“ Vom Hundehalter keine Spur. Ein Verhalten, für das die beiden Hundefachfrauen wenig Verständnis haben. „Wer sich da nicht ganz sicher ist, muss die Führ-Leine, mindestens aber die längere, zehn Meter lange Schleppleine verwenden.“
Dass es auch anders gehe, berichtet Edith Hundt von Gina, einer ihr früher einmal gehörenden belgischen Schäferhündin: „Da ist sogar mal ein Reh im Wald über sie gesprungen, sie hat sich nur geduckt und nicht gerührt.“
Vier Fragen an Elmar Jürgens, Vorsitzender des Jagdgebrauchshundevereins im Kreis Olpe
1. Welche Schulungsmaßnahmen sind bei Jagdhunden wichtig, um den natürlichen Jagdtrieb zu kontrollieren?
Das beginnt schon mit der Welpenschulung im Alter von acht bis neun Wochen. Diese Phase zieht sich über ein halbes Jahr und beinhaltet den Grundgehorsam an sich, damit die Hunde zwar noch über ihren Jagdtrieb verfügen, ihn aber kontrollieren können. Das Ziel ist es unter anderem, den Hund mit Hilfe einer Trillerpfeife zum sofortigen Halt zu veranlassen.
2. Gibt es bestimmte Rassen, die mit Blick auf trächtige Ricken besonders gefährlich sind?
Gefährlich werden können den Ricken im Prinzip fast alle Hunderassen, weil die Hunde den Urinstinkt ihres Urahnen, des Wolfes, in sich tragen.
3. Wenn Sie Jagdhundeführern oder auch anderen Hundebesitzern Ratschläge geben könnten für die jetzt anstehenden Wochen, welche wären das?
Jeder Hundehalter sollte gerade in diesen Wochen so viel Verständnis für das Jungwild aufbringen und seinen Hund grundsätzlich an der Leine führen. Das gilt natürlich auch für Jäger. Es kann einfach nicht sein, dass die Leute auf der einen Seite die Natur für sich und ihren Hund nutzen, auf der anderen Seite das Wild aber zu wenig achten und ihm den Freiraum nehmen, den es dringend benötigt.
4. Ist es möglich, einen Hund so zu trainieren, dass sich der Halter tatsächlich zu annähernd hundert Prozent auf ihn verlassen kann?
Ja, aber nur dann, wenn der Hund mit absolut konsequenter Ausbildung aufgewachsen ist und auch danach dementsprechend gehalten wird.