Siegen/Attendorn. Ein Syrer soll einen Landsmann in einer Attendorner Asylunterkunft erstochen haben. Nun liegt der Obduktionsbericht vor.
Der zweite Verhandlungstag im Fall des toten Asylbewerbers verlief vor dem Landgericht in Siegen ohne neue Erkenntnisse. Ein Rechtsmediziner legte zwar den Obduktionsbericht vor, sagte jedoch auch, dass er anhand dessen nicht feststellen könne, ob der Angeklagte (35) das Opfer aktiv erstochen habe. „Die primäre Einstichöffnung konnte nicht lokalisiert werden“, sagt er. Auch gebe es keine weiteren Verletzungen, die auf Abwehr oder Ähnliches hindeuteten. Das Opfer, ein syrischer Asylbewerber, ist an den Folgen einer Stichwunde am 9. September vergangenen Jahres verblutet.
Bei der Stichverletzung wurde die Brustschlagader sowie die Bauch- und Brusthöhle enorm verletzt. Ebenfalls hatte das Opfer Verletzungen am Zwergfell und an der Leber. Durch den Blutverlust von ungefähr vier Litern erlitt der syrische Asylbewerber einen Schock, so der Rechtsmediziner. Der sogenannte Stichkanal deutet auf einen aktiven Zustich hin, allerdings „kann man sich diese Bauchstichwunde prinzipiell auch selbst zufügen“. Man könne nicht genau sagen, wie es war, betonte der Rechtsmediziner.
Der Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag ausgesagt, dass sich das Opfer die Stichverletzung selbst zugefügt habe. Das 31-jährige Opfer solle den Angeklagten am Tattag (9. September 2019) mit einem Küchenmesser bedroht haben. Daraufhin habe der Angeklagte, nach eigener Aussage, seine ihm zur Verfügung stehende Kraft zusammen genommen und das Opfer weggestoßen. Durch den Sturz auf den Boden soll sich das Opfer das Messer selbst in den Bauch gerammt haben.
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Konflikte zwischen beiden soll es schon zuvor gegeben haben.
Handschriftlicher Brief
Am zweiten Verhandlungstag wurden insgesamt vier Zeugen befragt. Darunter zwei Polizeibeamte, eine ehemalige Polizeibeamtin und ein Mitarbeiter des Sozialamts Attendorn. Der erste Zeuge berichtete von einem handschriftlichen Brief, den das Opfer noch am Tatmorgen mit dem Handy fotografiert haben soll. In diesem steht, dass sich der Angeklagte und das Opfer vertragen hätten und es keine Problem mehr zwischen beiden gäbe, so die Richterin, als sie den Brief vorliest. Das Opfer habe außerdem geschrieben, dass es wieder zurück in die Asylunterkunft nach Attendorn möchte. Aufgrund der Konflikte zwischen beiden Parteien wurde das Opfer in die Asylunterkunft Helden verlegt. Allerdings war ihm gestattet in der Asylunterkunft in Attendorn zu übernachten, wenn er am nächsten Morgen Arzttermine hatte, sagt ein weiterer Mitarbeiter des Sozialamts im Zeugenstand.
Auch die weiteren Zeugenaussagen lieferten wenig Neues. „Ich kann mich nicht mehr genau erinnern“, sagten viele. Der Mitarbeiter des Attendorner Sozialamts bestätigte allerdings, dass es bereits in der Vergangenheit zu Problemen zwischen dem Angeklagten und anderen Asylbewerbern gekommen war. Dabei solle es sich um Beschwerden über Hygiene, Alkohol und sexuelle Belästigung gehandelt haben. Insgesamt befand sich der angeklagte Syrer schon in sieben verschiedenen Asylunterkünften, so der Sozialarbeiter.
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Am Tattag (9. September) soll der Angeklagte das Opfer gegen 6 Uhr morgens mit einem Messer in einer Asylunterkunft in Attendorn erstochen haben. Das Opfer starb um 9.43 Uhr im Attendorner Krankenhaus. Staatsanwalt Rainer Hoppmann wirft dem 35-Jährigen Totschlag vor. Bis zum nächsten Verhandlungstag am 23. März sollen weiteren Akten eingefordert und Zeugen geladen werden.