Attendorn. Ein Syrer (35) ist angeklagt, einen Landsmann (31) in der Flüchtlingsunterkunft in Attendorn erstochen zu haben. Er steht ab 5. März vor Gericht.

Die Bluttat sorgte nicht nur in der Hansestadt für Entsetzen: Am 9. September 2019 soll ein 35-Jähriger in der Flüchtlingsunterkunft im Attendorner Industriegebiet Ennest einen Mitbewohner (31) erstochen haben. Am 5. März beginnt der Prozess vor der 1. Große Strafkammer des Siegener Landgerichtes gegen den in Untersuchungshaft sitzenden Syrer. Das bestätigte Dr. Sebastian Merk, Pressesprecher des Landgerichtes Siegen, auf Anfrage: „Es sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Angeklagt ist Totschlag.“

Leber und Brustschlagader verletzt

Rückblende. Nach Recherchen unserer Zeitung hatte es auch schon in der Vergangenheit heftige Konflikte und körperliche Auseinandersetzungen zwischen den beiden Syrern in der Attendorner Flüchtlingsunterkunft in der Donnerwenge gegeben. So soll es schon am 22. Juni vergangenen Jahres zu einem Zoff in der Küche der Einrichtung gekommen sein, bei dem beide verletzt wurden. Zur der Tat kam es dann am 9. September um 6 Uhr morgens. Der Streit zwischen den beiden Männern eskalierte und der 35-Jährige soll dem Mitbewohner ein Messer in den oberen Bauchbereich gestoßen haben. Durch den Stich wurden Leber und Brustschlagader verletzt. Laut Anklage soll der 35-Jährige den Tod seines Kontrahenten billigend in Kauf genommen haben. Es habe keinen rechtfertigenden Grund gegeben.

Unterkunft für Männer

In dem Flüchtlingscontainer im Attendorner Industriegebiet Ennest sind ausschließlich Männer untergebracht.

Die Unterkunft mit einer Kapazität für 50 Bewohner wurde von der Stadt Attendorn im Jahr 2015, während des Höhepunktes der Flüchtlingswelle, errichtet.

Zur Tatzeit lebten dort 15 Menschen.

Das 31-Jährige war nach dem Messerstich in sein Zimmer geflüchtet und hatte sich noch selber über die Leitstelle bei der Polizei in Olpe gemeldet. Doch jede Rettung kam für den Mann zu spät. Er verblutete und starb um 9.43 Uhr im Krankenhaus in Attendorn. Wie unsere Zeitung erfuhr, soll er aber der Polizei und einem Rettungsassistenten den Namen des 35-Jährigen als Täter gesagt haben. Dieser war geflüchtet und einen Tag nach der Tat von Spezialeinsatzkräften in Cochem festgenommen worden. Die Hagener Mordkommission ermittelte mit Unterstützung der Kripo Olpe.

2015 nach Deutschland eingereist

Der 35-jährige Angeklagte ist verheiratet und Vater zweier Kinder, die ebenso wie seine Frau in Syrien geblieben sind. Im Oktober 2015 war er nach Deutschland eingereist und zunächst in Bad Berleburg untergebracht. Seit Oktober 2016 lebte er in der Unterkunft in Attendorn. Über einen von ihm im Oktober 2018 gestellten Asylantrag ist noch nicht entschieden worden. Vor seiner Inhaftierung hat er als Produktionshelfer bei einer Firma in Plettenberg gearbeitet. Ebenfalls im Oktober 2015 reiste der 31-Jährige aus Syrien nach Deutschland ein. Auch sein im Jahr 2016 gestellter Asylantrag war noch offen.

Angeklagter und Opfer sollen polizeibekannt gewesen sein. Nach Informationen unserer Zeitung sollen sich beide gegenseitig beschuldigt haben, Mitglieder des Islamischen Staates (IS) zu sein. Ein entsprechendes Verfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wurde aber eingestellt.

Fünf Verhandlungstage

Wegen der Auseinandersetzungen in der Vergangenheit war der 31-Jährige aus der Einrichtung in der Donnerwenge nach Helden verlegt worden. Bei notwendigen Arztbesuchen war ihm aber gestattet worden, weiterhin sein Zimmer 4 in der Attendorner Flüchtlingsunterkunft zu benutzen. Der Angeklagte lebte dort in Zimmer 11.

Vorsitzende Richterin des Siegener Schwurgerichtes wird Elfriede Dreisbach sein. Geplant sind insgesamt fünf Verhandlungstage. Es werden zahlreiche Zeugen gehört. Das Urteil soll am 17. April gesprochen werden.