Siegen/Attendorn. Ein Syrer (35) soll einen Landsmann (31) in einer Unterkunft in Attendorn erstochen haben. Am ersten Prozesstag verlas sein Anwalt eine Aussage.
Aus der Zelle wurde der 35-Jährige am Donnerstagmorgen die Treppe hinauf in Saal 165 des Siegener Landgerichtes geführt. Hier verhandelt die 1. Große Strafkammer an fünf Prozesstagen gegen den Syrer, der am 9. September 2019 in der Flüchtlingsunterkunft im Attendorner Industriegebiet Ennest einen Landsmann (31) erstochen haben soll.
In der Anklage wirft Staatsanwalt Rainer Hoppmann dem 35-Jährigen Totschlag vor. Schon in der Vergangenheit sei es zu Konflikten und körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Männern gekommen. Am Tattag gegen 6 Uhr morgens habe der Angeklagte dem Mitbewohner ein Messer in den oberen Brustbereich gestoßen. Der 31-Jährige verblutete und starb um 9.43 Uhr im Krankenhaus in Attendorn. Laut Anklage soll der 35-Jährige den Tod billigend in Kauf genommen haben. „Bei dieser Art und Weise des Zustechens konnte er nicht auf ein Überleben vertrauen“, sagte Hoppmann.
In der JVA Attendorn in Haft
Einen Tag nach der Tat war der Angeklagte in Cochem festgenommen worden. Seitdem sitzt er in der JVA Attendorn in U-Haft. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder, die ebenso wie seine Frau in Syrien geblieben sind. Im Oktober 2015 war der 35-Jährige nach Deutschland gekommen. Seit Oktober 2016 lebte er in der Unterkunft in Attendorn. Über einen von ihm im Oktober 2018 gestellten Asylantrag ist noch nicht entschieden worden.
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Verteidiger Stefan Rückle verlas eine Einlassung des Angeklagten: „Ich habe ihn an dem Morgen auf dem Flur gesehen. Er benahm sich seltsam. Er hielt ein Küchenmesser auf mich gerichtet und holte aus. Ich griff mit beiden Armen zu und stieß ihn mit aller mir zu Verfügung stehenden Kraft zurück. Er prallte gegen die Wand und lag auf dem Boden. Er schaute mich mit großen Augen an und fasste sich an den Bauch. Wegen ihm und seiner terroristischen Gesinnung hatte ich nur Ärger. Ich wollte dann nur noch weg“, so der Olper Anwalt in der Erklärung. Fragen des Gerichtes beantwortete der Angeklagte nicht.
Opfer nennt Namen
„Er sagte, er hat mich gestochen und mehrfach einen Namen genannt“, berichtete ein Rettungssanitäter, der das blutende Opfer damals in der Unterkunft versorgte. „Ich habe ihn gefragt: Wer war das? Wer hat gestochen? Er hat mir einen Vornamen genannt“, sagte ein Polizist. Später habe sich herausgestellt, dass es der Name des Angeklagten gewesen sei. Zwei Tage vor der Tat hatte eine Polizeistreife den Angeklagten nachts in Attendorn auf dem Fahrrad kontrolliert. Er habe ein Küchenmesser in der Tasche gehabt. Es habe aber keinen Grund gegeben, ihm dieses abzunehmen.
Eine ehrenamtliche Flüchtlingshelferin in Attendorn lobte den syrischen Angeklagten, den sie dreieinhalb Jahre bis zu seiner Inhaftierung betreut hatte, in den höchsten Tönen: „Ich habe ihn als integren und ehrlichen Menschen kennengelernt. Er ist intelligent und höflich. Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis. Ich halte ihn nicht für gewalttätig.“ Der Angeklagte habe ihr gesagt, dass er panische Angst vor dem 31-Jährigen gehabt habe. Zudem habe er ihr mitgeteilt, dass er nichts gemacht habe, so die 56-Jährige, die den Angeklagten regelmäßig in der Haft besucht.
Der Prozess wird am 12. März fortgesetzt.