Hünsborn/Siegen. Im Vergewaltigungsprozess vor dem Landgericht hat der Staatsanwalt drei Jahre und neun Monate Haft gefordert. Der Angeklagte bestreitet die Tat.

Drei Jahre und neun Monate Haft wegen Vergewaltigung, das ist der Antrag von Staatsanwalt Moritz Faßbender gegen einen 28-jährigen Mann aus der Türkei, der im August dieses Jahres seine Schwägerin in Hünsborn vergewaltigt haben soll. Die Schülerin habe schon auf die Polizei vor Ort einen sehr authentischen Eindruck gemacht und sei auch für ihn glaubwürdig. „Die Zeugin hat einfach die Wahrheit gesagt“, stellt der Anklagevertreter am Dienstag im Landgericht fest und sieht den Tatvorwurf eindeutig bestätigt.

Opfer war erst 16 Jahre alt

Die vollendete Vergewaltigung werde zudem vom Befund der Frauenärztin unterstützt, die das Mädchen am Tag danach auf Anraten der Behörden aufsuchte. Danach kann die Vollendung zumindest nicht ausgeschlossen werden. Faßbender sieht keinen Raum für eine minderschwere Tat, zumal das Opfer „gerade einmal 16 Jahre alt war“, sexuell unerfahren gewesen sei und nun den ersten Eindruck auf eine solch schlimme Weise habe machen müssen.

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Die Kammer unter Vorsitz von Richterin Elfriede Dreisbach hatte zuvor den Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen einer versuchten Vergewaltigung oder einer sexuellen Nötigung in Betracht komme. Der Staatsanwalt überlegt daraufhin kurz, bleibt aber bei seinem vorbereiteten Plädoyer. Die Aussage des Angeklagten, der auch in seinem letzten Wort noch einmal alles bestreitet, sei für ihn durch die Darstellung des mutmaßlichen Opfers und auch der Ehefrau widerlegt. Er habe bei der Polizei und am Montag im Gericht unterschiedliche Angaben gemacht, sich mehrfach widersprochen. Dazu kämen die am Montag verlesenen Briefe. Wenn der Angeklagte dort davon schreibe, nicht er selbst sei es gewesen, sei das für ihn eindeutig auf jene Nacht bezogen, sagt Faßbender.

Außerdem passe das Verhalten gegenüber der minderjährigen Schwägerin eindeutig zu den Vorgängen des Nachmittages und frühen Abends. Auch da habe der Mann ja bereits zwei anderen weiblichen Familienmitgliedern nachgestellt, sei förmlich „auf der Jagd“ gewesen und habe ganz offensichtlich dann beschlossen, seine sexuellen Phantasien an der Schülerin auszuleben. Die Familie seiner Frau habe den Angeklagten trotz anfänglicher Bedenken mit offenen Armen aufgenommen.

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„Sie haben ein Vertrauensverhältnis schamlos ausgenutzt“, wirft Faßbender seinem Gegenüber vor. Diese Nacht werde dauerhaft wie ein dunkler Schatten nicht nur über dem Opfer hängen, die ganze Familie sei für immer betroffen. Nebenklagevertreterin Inge Voß schließt sich dem Antrag des Staatsanwaltes an und betont die extreme Geringschätzung für Frauen, die der Angeklagte mit seinem Verhalten bewiesen habe. Sie sieht zudem eine große Gefahr, dass dieser sich bei einer Aufhebung des Haftbefehls umgehend in die Türkei absetze.

Schwiegervater schüttelt den Kopf

Verteidiger Stefan Rückle hingegen greift den rechtlichen Hinweis des Gerichts auf, dass auch ein Versuch vorliegen könne. Die Aussagen der Zeugin ließen nach seiner Auffassung eine eindeutige Verurteilung wegen einer vollendeten Tat nicht zu. Außerdem gehe die Kammer von einer möglichen Alkoholisierung von rund 1,8 Promille zur Tatzeit aus. Sein Mandant habe kaum Erfahrung mit Alkohol, was für eine verminderte Schuldfähigkeit spreche.

„Ich bitte daher um eine milde Strafe im bewährungsfähigen Bereich“, sagt Rückle und beantragt auch die Aufhebung des Haftbefehls. Sein Mandant lässt durch den Dolmetscher ausrichten, er erkenne die Vorwürfe nicht an. Er wolle auf jeden Fall in Deutschland bleiben, die Sprache lernen, hier arbeiten und sich einbringen. Er hoffe trotz allem auf eine Versöhnung mit seiner Frau, werde aber auch eine Trennung akzeptieren. Der Schwiegervater sitzt kopfschüttelnd und mit den Emotionen kämpfend im Zuschauerraum.