Hünsborn/Siegen. . Ein 16-jähriges Mädchen soll in Hünsborn von ihrem Schwager vergewaltigt worden sein. Dazu kommen weitere Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch zwei andere weibliche Familienmitglieder.
Es sei eine „richtig schöne Familienfeier gewesen“, erinnern sich die Zeugen ohne Ausnahme an den 19. und 20. August dieses Jahres. Gegen 3 Uhr morgens waren alle im Bett, eine gute Stunde später wurden sie wieder geweckt. Da blieben nur noch Schock und Tränen; mit den Folgen beschäftigt sich die Erste Große Strafkammer des Siegener Landgerichtes seit gestern. Ein 16-jähriges Mädchen soll in dieser Zeit in Hünsborn von ihrem Schwager vergewaltigt worden sein. Dazu kommen weitere Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch zwei andere weibliche Familienmitglieder.
28-Jähriger legt sich mit ins Bett
Der Schwager und seine Frau, wohnhaft in Karlsruhe, sollten die Nacht nach Plan im Zimmer der mutmaßlich Geschädigten verbringen. Für das Mädchen und die Ehefrau, ihre Stiefschwester, war das Bett vorgesehen, für den 28-jährigen Angeklagten eine zusätzliche Matratze auf dem Boden. Er legte sich aber gegen die Absprache mit ins Bett. Bis dahin bleiben die Erzählungen auch gleich. Er will nun direkt eingeschlafen und durch das Weinen des Opfers wieder aufgewacht sein.
Diese hingegen klagt ihn an, sie berührt, belästigt und vergewaltigt zu haben. Seine Ehefrau, die kurz darauf die Scheidung einreichte, gibt an, geschlafen und nichts bemerkt zu haben. Das mutmaßliche Opfer weckte ihre Eltern im Schlafzimmer nebenan und erzählte den Vorgang, dabei heftig schluchzend und zitternd. „Ich habe mein Kind noch nie so gesehen“, berichtet die Mutter ergriffen.
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Es habe lange gedauert, bis das Mädchen überhaupt einige zusammenhängende Sätze habe sagen können. Diesen Eindruck bestätigen die später gerufenen Polizeibeamten. „Verschüchtert, völlig unter Schock“, beschreibt einer von ihnen das Mädchen. Übereinstimmend gehen sie alle von einer authentischen Aussage aus, keiner hatte Zweifel an ihrer Schilderung der Vorfälle, während der Angeklagte ihnen mit seiner Darstellung, das Mädchen habe zum ersten Mal Alkohol getrunken und spinne, wenig glaubwürdig vorkam. Gelassen sei der Mann gewesen, habe wohl die Bedeutung der Vorwürfe erst beim Haftrichtertermin begriffen und dann sofort verlangt, ausreisen zu dürfen.
Mann kommt aus der Türkei
Der Mann kommt aus der Türkei, hat die älteste Tochter der Familie vor einem guten Jahr auch dort geheiratet. Die beiden hatten sich bei Urlauben kennengelernt und verliebt. Gegen den Willen ihrer Familie fuhr sie immer wieder hin, habe einmal „sogar sechs Monate“ bei ihrem „Strandjungen“ gelebt, berichtet der Vater. Sie sei abgemagert zurückgekehrt.
Die Beziehung und die später erfolgte heimliche Hochzeit seien bei ihnen nicht gut angekommen, aber wohl die einzige Möglichkeit gewesen, den Angeklagten nach Deutschland zu holen. Dennoch sei dieser letztlich mit offenen Armen in die Familie aufgenommen worden, habe ein freundliches Wesen gehabt und auch bei jenem Fest gut mitgefeiert: „Wir haben unsere Ressentiments überwunden!“ Entsprechend waren alle von den Ereignissen der Nacht besonders erschüttert.
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Allerdings soll der junge Mann bereits am späteren Nachmittag die Schwägerin seines Schwiegervaters mehrfach am Gesäß betatscht haben. „Er stand immer wieder neben mir und wurde übergriffig. Ich bin 50 Jahre alt. Mir war das unangenehm“, sagt die Frau aus Bruchsal. Ihre Tochter (24) berichtet ähnliches. Der Angeklagte habe ihr bei Tisch immer wieder auf die Schenkel und in den Schritt gefasst, sie den ganzen Abend nicht in Ruhe gelassen und verfolgt. Selbst, als sie sich für mehr als 20 Minuten im Bad versteckte, sei er immer vor der Tür geblieben.
Niemand hat etwas bemerkt
Von diesen Vorfällen hat allerdings sonst niemand etwas bemerkt. Umgekehrt weichen die Angaben des Angeklagten in vielen Dingen von allen anderen Aussagen ab. Er hat seiner Frau zwei Briefe geschrieben, die dem Gericht in Übersetzung vorliegen. Darin bittet er für seine Fehler um Entschuldigung und dafür, seiner Liebsten das Herz gebrochen zu haben. Wenn er bei sich gewesen sei, hätte er es niemals getan. Das beziehe sich aber nicht auf die Nacht, relativiert der Mann nach Verlesung.