Herdecke. Siebenstellige Summe: Lange Gespräche mit Eigentümer, nun können Politik und Verwaltung eine 20.000 Quadratmeter große Fläche vermarkten.
Was fehlt in Herdecke? Wohnraum. Was noch? Flächen für Firmen. In dieser Hinsicht kann die Verwaltung mit Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster an der Spitze einen Erfolg vermelden: Die Stadt kann das Gewerbegebiet Gahlenfeld erweitern, da sie von einer Privatperson eine direkt angrenzende Wiese gekauft hat. Nach langem Vorlauf stehen jetzt 20.000 Quadratmeter in der Nähe vom Bahnhof Wittbräucke zur Verfügung. Die Verantwortlichen wollen nun gemeinsam mit der Politik überlegen, wie sie das Grundstück vermarkten und gegebenenfalls aufteilen.
Gespräche seit Jahrzehnten
An den Zeitpunkt der ersten Kaufanfrage für diese Fläche unterhalb der B54 können sich weder der Herdecker Bürger als bisheriger Eigentümer noch die Vertreter der Stadtverwaltung erinnern. „Es muss vor der Jahrtausendwende gewesen sein“, meint Daniel Matißik als Leiter des Bau- und Planungsamtes. Indiz: Für den Flächennutzungsplan aus 2001 tauchte besagte Wiese als potenzielles Areal zur Firmenansiedlung bereits auf, schon zuvor habe es Gespräche der kaufwilligen Kommune mit dem Besitzer gegeben. Wie auch immer: Der Plan, das dortige Gewerbegebiet durch eine Verlängerung der Gahlenfeldstraße in Richtung Ahlenberg um einen vierten Teil zu erweitern, besteht fast schon seit Ewigkeiten.
Pacht und Druck
Über all die Jahre standen die Beteiligten in Kontakt. Der Eigentümer hatte die Wiese an eine Herdecker Familie verpachtet, die dort Gras wachsen ließ und daraus Heu gewinnen konnte. „Zuletzt kamen auch wieder Politiker auf mich zu und baten mich, das Grundstück aufgrund der Flächenknappheit zu verkaufen. Irgendwann fiel auch mal das Wort Enteignung, wobei mich vor allem das Argument zur Schaffung von Arbeitsplätzen überzeugt hat“, sagt der Bürger zur Lokalredaktion und bittet, seinen Namen nicht zu veröffentlichen.
2,4 Millionen Euro
Über den Sinneswandel des Besitzers freut sich die Bürgermeisterin, die mit dem Herdecker viele Gespräche geführt habe und ihre Beharrlichkeit nun am Ziel sieht. „Ich habe appelliert, uns die Fläche zum Wohle der Stadt zu übertragen und war am Ende doch ein bisschen überrascht, dass beide Seiten eine Kauf-Absichtserklärung unterschreiben konnten“, berichtet Katja Strauss-Köster, die die Parteien frühzeitig darüber informiert habe. So stand bereits im Haushaltsentwurf für 2024 eine Summe von 2,4 Millionen für dieses Projekt bereit. „Das ist aber nicht der Netto-Kaufpreis für die Wiese, darin sind auch bereits Gelder für Grunderwerbsnebenkosten, wie beispielsweise Notarkosten, enthalten“, erklärt Matißik.
Interessenten vorhanden
Die Fraktionen sollen nun beraten, wer dort zum Zuge kommen kann. Drei Denkmodelle: Die Fläche an ein oder zwei Unternehmen beziehungsweise kleinteilig an mehrere Firmen vergeben. Von einigen Betrieben in Herdecke wissen die Bürgermeisterin oder auch die Ausschuss-Vorsitzenden Uli Schwellenberg (SPD) und Heinz Rohleder von der CDU, dass sie dringend erweitern wollen und schlechtesten Falls die Stadt an den Ruhrseen verlassen würden. Auch das Amt für Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Tourismus führe eine entsprechende Liste und kenne Interessenten für „Gahlenfeld IV“, so der Projekttitel.
Geduld gefragt
Zwei bis drei Jahre dauere es nun ungefähr, ehe Gutachten und bürokratische Angelegenheiten (Bebauungsplan, Änderung Flächennutzungsplan) vorliegen. „„Wir wollen eine Matrix aufstellen, nach welchen Kriterien wir die Auswahl treffen“, sagt Matißik und denkt an Aspekte wie Arbeitsplätze oder Gewerbesteuereinnahmen. „Das Paket muss stimmen, es geht um die Ansiedlung von verträglichem Gewerbe“, meint Rohleder. „Wir haben noch einiges zu erledigen“, ergänzt Schwellenberg.
Erschließungsfragen
Bei den 20.000 Quadratmetern neben dem Herdecker Bach handelt es sich nicht um die Netto-Fläche zur Firmenansiedlung. Auf besagter Wiese braucht es neben einer Zuwegung auch eventuell technische Bauwerke, beispielsweise zur Regenrückhaltung oder Entwässerung.
Zudem muss die Stadt für einen Eingriff auf diesem Naturareal an anderer Stelle einen Ausgleich herstellen. Auch eine Betriebs-Wohnungs-Lösung möchte die Stadt Herdecke dort aufgrund schlechter Erfahrungen untersagen.
„Uns steht wenig Fläche zur Verfügung, entsprechend vorsichtig sollten wir es vergeben“, sagt die Bürgermeisterin. Zumal der Regionalverband Ruhr der Stadt signalisiert hat, dass eine gewerbliche Entwicklung einer Wiese neben Bonsmanns Hof an der B54 keine Aussicht auf Erfolg habe. Womit auch die Schattenseite wieder hervortritt: Nach der Abwicklung von Gahlenfeld IV zeichnet sich derzeit keine weitere nennenswerte Potenzialfläche für Firmen im Herdecker Gebiet ab. „Wir müssen auch gucken, ob wir mancherorts in bestehenden Gewerbegebieten optimieren können und so etwas Platz schaffen“, so Strauss-Köster.
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In den nächsten Monaten gehe es nun aber an die Planungen, um die Gahlenfeldstraße am hinteren Wendehammer zu verlängern. Es bleibt dort bei einer Sackgasse, eine zweite Zufahrt nahe Bahnhof Wittbräucke soll es nicht geben. Und was sagt die Verwaltung zur siebenstelligen Summe für das Projekt? „Es handelt sich um eine Investition für die Zukunft“, sagt Daniel Matißik, „für die Stadt Herdecke ist der Kauf ein durchlaufender Posten. Über den Verkaufspreis und die steigenden Einnahmen aus der Gewerbsteuer rechnet sich das zukünftig.“