Herdecke. In der Diskussion um den 248 Meter hohen Schornstein wird gefragt: Warum wird er überhaupt abgebaut? Hier gibt es Antworten.

Der Abbau des Cuno-Schornsteins ist weithin zu hören und der Abbaukranz am Auslass oben auch weithin zu sehen. Warum aber muss der Turm überhaupt abgebaut werden? Und warum wird ihm nicht mit einer Explosion auf einen Schlag ein Ende gesetzt? Alle diese Fragen hat Mark-E zwar im Vorfeld schon beantwortet. Die Antworten scheinen aber in Vergessenheit geraten, wie Reaktionen der Leser zeigen. Daher ein kurzer Blick zurück.

Vor über 100 Jahren wurde am Herdecker Ufer die „Kommunales Elektrizitätswerk Mark A.G.“ gegründet. Später wurde daraus die Elektromark, die heutige Mark-E. In den Jahren 1983/1984 wurde der weithin sichtbare Schornstein gebaut. Vorausgegangen war eine heftige und kontrovers geführte Debatte über die Umweltverträglichkeit des Bauwerkes. Seit weit über einem Jahrzehnt ist es nicht mehr in Betrieb: 2007 ging in Herdecke ein modernes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit eigenem Schlot ans Netz.

Rundherum ist Abbruch schon abgeschlossen

Bereits seit September 2021 läuft die Demontage der Anlagen oben auf dem Berg jenseits der Straße zwischen Wetter und Herdecke. Hier soll eine großflächige Photovoltaik-Anlage aufgestellt werden. Zunächst wurde der früher zum Kohlentransport eingesetzte Brückenkran demontiert. Dann musste die Versorgung mit Strom und Wasser für den übrigen Rückbau wieder hergestellt werden. Blieb der 248 Meter hohe Schornstein, der nach dem früheren Hagener Oberbürgermeister Cuno benannt ist.

Der Cuno-Schornstein in Herdecke Ende Februar 2024: Die Abbrucharbeiten laufen. Die ersten Meter sind abgeknabbert.
Der Cuno-Schornstein in Herdecke Ende Februar 2024: Die Abbrucharbeiten laufen. Die ersten Meter sind abgeknabbert. © Klaus Görzel | Klaus Görzel

Das Schicksal des Turms hat vor knapp zwei Jahren Mark-E-Projektleiter Oliver Rabe den Politikerinnen und Politikern in Herdecke skizziert: Stück für Stück solle er mit einem Bagger von oben nach oben abgetragen werden. Gut ein Jahr werde das „Abknabbern“ des Stahlbetons dauern, so die Ankündigung. Das sei zwar teurer als eine Sprengung, berge aber nicht die Gefahr, dass der Turm beim Einsturz gleich den ganzen Hang mit ins Rutschen bringt.

Vandalismus als Dauer-Ärgernis

Jahrelang ist der Cuno-Schornstein schon nicht mehr in Betrieb. Für Eile beim Abriss gab es keine Anzeichen. Das hat sich zu Beginn des Jahrzehnts geändert. Immer wieder sei der Zugang zum Turm verschweißt worden, immer wieder sei die Tür aufgebrochen und für den Aufstieg genutzt wurden, berichtete Oliver Rabe im Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Tourismus. Das lasse sich nicht vermeiden, stellte er resigniert fest.

Bald ein Bild mit historischem Wert: Der Cuno-Schornstein ist eine weithin sichtbare Landmarke.
Bald ein Bild mit historischem Wert: Der Cuno-Schornstein ist eine weithin sichtbare Landmarke. © WP | Udo Tempelmann

Unbefugtes Betreten der Anlagen und fortwährender Vandalismus seien zu einer starken Belastung für das Unternehmen geworden, so Oliver Rabe im Juni 2022 weiter. Einige Zeitgenossen hätten sich wohl „in der Corona-Zeit ein Ventil gesucht und aus dem Gelände am Turm einen Abenteuerspielplatz gemacht.“ Im Netz kursierten Videos mit Aufnahmen von Menschen, die vom Turm mit dem Fallschirm gesprungen und dann in den Ruhrwiesen gelandet waren.

Seit Ende letzten Jahres werden die Abbrucharbeiten an der Spitze nun sichtbar, nachdem zuvor bereits im Inneren Vorbereitungen für den Rückbau getroffen worden sind. Die Frage nach einem schnellen Ende als Alternative stellt sich vor allem, seit das Tok-Tok des Baggers in der ganzen Stadt zu vernehmen ist. Ein Leser bat bereits um Auskunft, wann genau er denn in den Tagesstunden und womöglich auch am Wochenende mit den Hammerschlägen rechnen muss.

Lizensierter Kletterturm als Wunschtraum

Wenn das Wetter es zulässt, schafft der Bagger am Tag zwei bis drei Meter. So langsam wird die Verkürzung sichtbar. Damit wächst bei vielen auch das Unbehagen über den drohenden Verlust, das auch schon bei der Vorstellung der Abbruchpläne deutlich wurde. Nico Fischer von der PARTEI wollte sich den Schornstein damals lieber als lizensierten Kletterturm und somit als Landmarke ganz neuer Art vorstellen. Dr. Rutger Booß, für die Linke im Ausschuss, hatte beklagt, dass „der schönste Schornstein weit und breit“ verloren geht.

So sehen es auch viele Kommentatoren auf den Facebook-Seiten der Redaktion. Andere frohlocken, dass der 248-Meter-Koloss bald keinen Schatten mehr wirft.