Herdecke. Die Teilnehmer der Lesertour können das Herdecker Bauwerk noch einmal aus der Nähe betrachten und bekommen exklusive Einblicke.
Es war die letzte Gelegenheit, sich den Cuno-Schornstein noch einmal aus der Nähe anzusehen - und sogar von innen. Die Teilnehmer der Lesertour der Lokalredaktion nutzen diese Möglichkeit, das Herdecker Bauwerk exklusiv zu entdecken nur zu gerne. Für viele war der Ausflug ein Abschiednehmen von einer Landmarke, die sie jahrzehntelang begleitet hat.
800 Tonnen Schamott
„Immer, wenn ich den Schornstein gesehen habe, wusste ich: Ich bin gleich zu Hause“, erzählt Gisela Kippe, während sie mit den anderen Teilnehmern Projektleiter Oliver Rabe (Mark-E) zu einem hohen Schutthaufen folgt. Genauer: zu 800 Tonnen Schamott, den Resten der Rauchgasröhre im Inneren des Schornsteins, die seit Beginn der Rückbauarbeiten im April kleinteilig per Elektrohammer von oben nach unten abgebrochen wurde.
„Eine Sprengung wäre kein Problem und wahrscheinlich auch preiswerter gewesen“, erklärt Oliver Rabe auf eine Frage, die sich vielen Lesern stellte und verweist auf den maroden Felsen in der Umgebung. Das Risiko aber, das dieser nach der Sprengung nachgeben und die Reste des Schornsteins auf der Wetterstraße landen würden, schien zu hoch.
Kosten des Rückbaus
Es geht weiter Richtung Turm. Wie hoch und mächtig der 249 Meter in den Himmel ragende Schornstein aus der Nähe wirkt, wollte Tonia Gubisch gerne wissen. „Bisher habe ich den ja nur von Weitem gesehen“, sagt sie und lächelt. Im Inneren der hohen Röhre legt sie - wie viele andere Tourteilnehmer auch - den Kopf in den Nacken und blickt nach oben ins Dunkle. Handys werden gezückt, geflüstertes Erstaunen und interessierte Fragen hallen durch den Raum - und Oliver Rabe und Vertreter der mit den Rückbauarbeiten beauftragten Unternehmen Arcadis, Jünger & Gräter und Mende antworten. Die Leser erfahren, dass der Turm an seiner höchsten Stelle noch immer einen Durchmesser von mehr als sieben Metern hat, dass ein so genannter Spinnenbagger Ebene für Ebene Betonquader aus der Außenröhre herausstemmen wird und die Kosten des Rückbaus im siebenstelligen Bereich liegen.
Anekdoten und Erinnerungen
Auch die Leser selbst haben viel rund um „ihren“ Schornstein zu berichten. Von dem Großvater, der in dem Kohlekraftwerk gearbeitet hat. Oder von der Zeit, als der Schornstein gebaut wurde und „so langsam aus dem Wald rauskam“, wie sich Petra Zarges erinnert, die in Westende lebt. „Jetzt können wir bald sehen, wie er langsam verschwindet.“
Wie ein Leuchtturm
Die Arbeiten für den Rückbau der Außenröhre sollen im September beginnen und etwa neun Monate dauern. Sind sie erledigt, ist der Schornstein, der für viele „wie ein Leuchtturm“ war - so eine Leserin - verschwunden. Für die Teilnehmer der Tour gibt es eine handfeste Erinnerung gegen den Abschiedsschmerz: Wer mag, darf sich ein Stück Schornstein aus dem Schamott heraussuchen - so wie Franziska, die mit ihrem Vater ein passendes Andenken auswählt. Sie ist überzeugt: „Ich werde den Schornstein vermissen.“