Herdecke. Da die Kosten enorm gestiegen sind, hat Herdeckes Stadtverwaltung über die Freibad-Sanierung abstimmen lassen. Massive Kritik von einer Fraktion.
Die Stadtspitze hat von der Politik eine Richtungsentscheidung verlangt – und bekommen. Mit Ausnahme der FDP sprachen sich alle Fraktionen für den Erhalt des Freibads am Bleichstein aus, auch wenn die dort anstehende Sanierung trotz zugesagter Fördergelder richtig teuer für die hiesige Kommune wird. Die muss, wie berichtet, mit einem erhöhten Eigenanteil von 5,2 Mio. Euro rechnen. 2020 lag dieser noch bei 1,2 Millionen für das Frei- und Hallenbad.
Hallenbad noch wichtiger
In einer gemeinsamen Sitzung der zwei zuständigen Fachausschüsse kristallisierte sich schnell heraus: Ein Fortbestehen des Hallenbads am Bleichstein gilt als gesetzt. Diesen ganzjährigen Lernort stellte niemand infrage. Doch da für das direkt angrenzende Freibad rund 3,4 Millionen statt zunächst angenommener 971.000 Euro aus der quasi leeren Haushaltskasse kommen sollen, bestand Redebedarf. Laut Kämmerer Dennis Osberg liege dieser Preissprung einerseits an massiv gestiegenen Baukosten, andererseits haben sich in den letzten drei Jahren weitere Schadstellen in der Freiluftanlage entwickelt. Und das bei einem gleich bleibenden Förderbetrag von 2,7 Mio. Euro.
Sperrvermerk für Gelder
Klaus Klostermann (SPD) und Axel Störzner von den Grünen sprachen sich für die Pläne der Stadtverwaltung aus, das Freibad in abgespeckter Version und mit einer klaren Familienausrichtung fortzuführen. Georg Torwesten befürwortete dies trotz „erschreckender Zahlen“ ebenfalls, beantragte für die CDU aber einen Sperrvermerk: Die benötigten Gelder aus Herdecke sollen die Fraktionen erst freigeben, wenn in einiger Zeit die exakte Ausgestaltung mit finalen Kostenbeträgen vorliegt. Mittel zur Zahlung der beauftragten Planungsbüros sollen der Stadtverwaltung jetzt weiter zur Verfügung stehen, um konkrete Konzepte auszuarbeiten. Dazu soll beispielsweise ein gemeinsamer Eingang für beide Bäder gehören.
Die Gegenposition der FDP
Wilhelm und Christopher Huck von der FDP konnten alldem wenig abgewinnen. „Die Kosten für das Freibad sind unverhältnismäßig und nicht mehr zu verantworten“, sagte Huck senior und sprach auch die Unterhaltungskosten an. Die jährlichen Zuschüsse von mehr als 800.000 Euro lasse die Haushaltslage nicht zu. Erst recht nicht für einen Freizeitspaß, der sich auf rund drei Monate im Jahr beschränke und in den vergangenen Jahren immer weniger Besucher angelockt habe. Nach seiner Rechnung schieße die Stadt 85 Euro pro verkaufter Eintrittskarte hinzu, zugleich drohe der Bürgerschaft in nicht allzu ferner Zeit womöglich Steuererhöhungen. Herdecke sollte daher dieses enorme Zuschussgeschäft beenden und für die im Umland gut erreichbaren Freibäder eher einen Shuttlebus im Sommer bereitstellen. Und beim Blick etwa nach Wetter stellte Wilhelm Huck fest, dass dort ein Trägerverein nur einen Bruchteil an öffentlichen Geldern zum Betrieb erhalte.
Weitere Zahlen
Die städtische Verwaltung habe laut Beigeordnetem Osberg positive Signale erhalten, dass sie den Zeitraum zum Abrufen der Fördermittel um ein Jahr bis Ende 2025 verlängern könne. Nach dem nun erfolgten Beschluss will die Stadt Herdecke bei der Bäder-Planung am Bleichstein die „maximal möglichen Einsparpotentiale ausschöpfen“.
Insgesamt kostet das neue Freibad wohl mindestens 6,1 Mio. Euro. Die aktuellen Zahlen für das direkt angrenzende Hallenbad: Dessen Sanierung kostet wohl 3,9 Millionen (Fördergeld 2,1 und Eigenanteil von 1,8 Mio. Euro).
Nico Fischer (Die Partei) und Harald Müller von der CDU entgegneten, dass Herdecke jungen Menschen wenig zu bieten habe und das Freibad daher bleiben müsse. Christopher Huck wiederum halte ein künftiges Angebot ohne Rutsche für noch unattraktiver, zumal ohnehin schon viele Herdecker nicht mehr zum Schwimmen zur Bleichstein-Freiluftanlage gehen. „Das ist ein emotionales Thema, am Freibad hängen viele Erinnerungen. Wir sollten aber nicht nur auf die lauten Herdecker hören, sondern müssen unsere Ausgaben priorisieren und in Bildung investieren.“ Torben Holzhauer (CDU) widersprach: Das Freibad existiere nicht nur als Freizeitspaß, sondern sei eine wichtige Einrichtung zum Anwenden von Schwimmkompetenzen sowie ein wertvoller Treffpunkt im Internet- und „Daddel“-Zeitalter.
Beigeordneter Osberg betonte noch, dass aus der Sicht der Stadt in der Gesamtabwägung die Vorteile eines Freibads überwiegen (soziale Komponente, Standort-Vorteile). Allein durch den Rutschen-Verzicht ließe sich knapp eine Million Euro einsparen. Durch eine moderne Technik sinken zudem die Energiekosten. Und je kleiner die Wasserfläche, desto geringer der Aufwand.
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All dies überzeugte schließlich die Fraktionen, die auch den Sperrvermerk der CDU befürworteten. Den lehnten nur drei Sozialdemokraten ab, während sich niemand auf die Seite der FDP schlagen wollte. Wobei zum derzeitigen Stand noch offen scheint, ob sich Schwimmgäste nach der Wiedereröffnung (nicht vor 2026) auf erhöhte Eintrittspreise einstellen müssen. Überraschend wäre das nicht.