Herdecke. Fachleute haben Wartezeiten am Herdecker Bach und Abzweig Ender Talstraße analysiert. Sie entdeckten unnötige Lücken durch schläfriges Anfahren.
Das Warten gerade während der bekannten Stoßzeiten gehört längst zum Alltag. Doch mit dem Dauerstau auf der Bundesstraße 54 wollen sich viele in Herdecke nicht abfinden. Seit langer Zeit laufen Überlegungen, wie sich das hohe Verkehrsaufkommen zwischen den Abzweigen Wittbräucke und Ender Talstraße bis hin zur Feuerwache besser steuern lässt. Mit einem neuen Ansatz hinsichtlich Ampelschaltung liegt nun ein womöglich vielversprechender Vorschlag vor.
Videobeobachtung vom Verkehrsfachleuten
Im zuständigen Fachausschuss hat Ines Ridder von der Ingenieurfirma PVT diese Idee nun mit dem Begriff „Parameteränderung“ beschrieben. Zuvor hat die Angestellte des beauftragten Planungsbüros für Verkehrstechnik in Essen eine interessante Analyse vorgelegt, und zwar Auswertungen nach einer Videoüberwachung an der B54. Neun Kameras haben am 28. September die Verkehrslage an der Straße Herdecke Bach aufgezeichnet. Erkenntnis: Die Ampelanlage am Abzweig ins Ender Tal sei deutlich überlastet, es bilde sich oft ein Rückstau in Richtung Norden (also bis zur Dortmund Landstraße). Dieser wirke sich auch an der Abbiegung zur Wittbräucker Straße aus. Diese Entwicklung kennen quasi alle Herdecker Verkehrsteilnehmerinnen und Autofahrer.
Sieben statt zwei Sekunden
Doch die Expertin habe auch die Ursache für die „Verstopfung“ gefunden. „Es gibt auffallend große Lücken“, berichtete Ines Ridder und zeigte entsprechende Bilder. Ein guter Verkehrsabfluss an Ampeln zeichne sich dadurch aus, dass alle zwei Sekunden ein Fahrzeug vorbeirollt. Am Herdecker Bach lassen sich aber vor dem Rechtsabbiegen zur Ender Talstraße Zeitfenster von bis zu sieben Sekunden feststellen, ehe sich das nächste Kfz nähert. Das entspreche drei bis vier Fahrzeuglängen, ergänzte Andreas Schliepkorte von den Technischen Betrieben.
Verkehrsteilnehmer wachrütteln
Erkenntnis: Zwischen der Kfz-Werkstatt Gwose und der Aral-Tankstelle ergeben sich durch „träges Anfahren“ recht weite Abstände. Folge: Rückstau, längere Wartezeiten. Der neue Lösungsansatz: Verkehrsteilnehmer quasi wachrütteln, damit keine großen Lücken mehr entstehen. „Man sollte die Grünphasen der Ampeln anpassen. Diese Parameteränderung ist kostengünstig und lässt sich schnell umsetzen“, sagte Ridder und ging auch auf andere Szenarien ein. Bei Alternativvorschlägen kam demnach immer wieder heraus, dass sich der Stau nur von einer Stelle zu einer anderen verlagere.
Landesbetrieb zuständig
Ridder und Schliepkorte erläuterten auch technische Hintergründe wie etwa die Nutzung von Künstlicher Intelligenz. KI helfe bereits bei der Ampelsteuerung auf diesem Teilstück der B54. Doch wenn das System dann Lücken erkenne, leite es daraus oft eine Rot- statt erwünschter Grünphase ab, so sinngemäß die Zusammenfassung der Erklärungen. Daher sprechen sich die Technischen Betriebe für den PVT-Vorschlag aus und haben bereits den zuständigen Landesbetrieb Straßen NRW informiert. Der könne nun Firmen mit einer entsprechenden Umprogrammierung der Ampeln beauftragen.
Mit anderen Worten: Durch kürzere Grünphasen sollen Verkehrsteilnehmer quasi aufmerksamer und dichter anfahren. Bedeutet: je geringer die Abstände, desto weniger Rückstau. Auch Jan Torwesten von der CDU stelle immer wieder eine gewisse Schlafmützigkeit bei Autofahrern am Herdecker Bach fest. „Vielleicht sollten wir da Schilder hinstellen und darauf hinweisen: Durch Schleichen verursachen Sie Stau!“ Der Spruch rief Lachen hervor, entpuppte sich aber als ernstes Problem. Denn die Straßenverkehrsordnung sieht laut Lars Heismann von der Stadt Herdecke und Gerd Tebben (SPD) kein Zeichen vor, das auf problematische Lücken im Zusammenhang mit Ampelwartezeiten aufmerksam machen könnte.
>>> hier gibt es weitere Artikel aus Wetter und Herdecke
Christopher Huck von der FDP fragte, ob eine neue Anlage mit Sekundenangaben (noch so und so viel Zeit bis zur nächsten Grünphase an einer Ampel) denkbar sei. „So etwas habe ich hierzulande noch nicht gesehen, unser Büro hat das noch nie geplant“, entgegnete Ines Ridder. Doris Voeste von der CDU betrachtete eine veränderte Intervallschaltung als kleine und gut umsetzbare Maßnahme für wenig Geld. Ein Versuch wäre das wert. „Und wenn es nicht erfolgreich ist, sind weitere Schritte wie etwa Simulationen denkbar.“
Nico Fischer (Die Partei) äußerte die Befürchtung, dass sich eine Parameteränderung als eine Art Verschlimmbesserung erweisen könnte. Die Expertin entgegnete, dass sich Ampeln recht schnell umprogrammieren lassen.