Wetter. Post von der AfD: Die Partei behauptet, zwei Politikerinnen in Wetter „verachten die Demokratie“. Die SPD-Landtagsabgeordnete dreht den Spieß um.
Vor Wahlen erhalten Bürgerinnen und Bürger schon mal Post von Parteien. Doch eine politische Abstimmung steht in Wetter derzeit nicht an. Dennoch haben viele Menschen hier nun Zettel der AfD im Briefkasten gefunden. In denen geht es um eine persönliche Kritik an zwei heimischen Politikerinnen.
Die selbst ernannte Alternative für Deutschland greift in diesen Flyern eine Diskussion auf, über die die Lokalredaktion zweimal im Oktober berichtet hat. Die AfD beklagt, dass „selbsternannte Demokraten“ in Wetter einen Gastwirt eingeschüchtert, Opposition verhindert, politische Ämter ausgenutzt und den Diskurs abgelehnt haben sollen. Abgedruckt ist ein Foto von der SPD-Landtagsabgeordneten und Stadtverbandsvorsitzenden Kirstin Stich, die ebenso wie die heimische Grünen-Sprecherin Karen Haltaufderheide-Uebelgünn (ebenfalls namentlich genannt, aber ohne Bild) den Vorwurf „Demokratieverachtung“ erhält.
Christian Loose ist Verfasser
„Ja, die Zettel stammen – wie im Impressum angegeben – von Christian Loose“, teilt dieser selbst auf Anfrage mit. Der Landtagsabgeordnete antwortet auf die Frage, warum er und seine AfD diese Form von persönlichen Angriffen in hiesige Briefkästen werfen, wie folgt: „Es ist kein persönlicher Angriff, sondern eine Aufklärung über eine demokratisch fragwürdige Aktion aus dem Umfeld der ‚selbsternannten‘ Demokraten. Wir waren schockiert über derlei Methoden, die wir in Deutschland eigentlich als überwunden geglaubt haben. Frau Stich wird im Flyer als gewählte Abgeordnete zu dem Vorgang befragt. Zudem bieten wir einen Dialog an.“
„Undemokratische Verfahrensweise“
Handele es sich dabei nicht um demagogische Muster? Christian Loose, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, widerspricht. „Wir sind schockiert über die demagogischen Methoden aus dem rot-grünen Umfeld. Es ist Aufgabe der Politik und Zivilgesellschaft, über derlei undemokratische Verfahrensweisen zulasten des politischen Diskurses – wie z.B. die Einschüchterung von Gastwirten – aufzuklären. Eine wehrhafte Demokratie darf die Einschüchterung von Gastwirten, um Veranstaltungen von Oppositionsparteien zu verhindern, nicht unwidersprochen lassen. Deshalb ist es wichtig, die Menschen in Wetter über diese demagogischen Muster aus dem Umfeld von ‚selbsternannten‘ Demokraten aufzuklären.“
Deutlich positioniert
Auch Kirsten Stich hat sich natürlich Gedanken gemacht, wie sie auf diese Zettel und die Kritik reagieren soll. „Eine Partei, die vom Verfassungsschutz gestern noch als rechtsextrem eingestuft wurde, die Hass und Hetze unter dem Deckmantel der Demokratie verbreitet, kann mir doch nicht ernsthaft Demokratieverachtung vorwerfen. Ich habe mich klar und deutlich gegen diese rechtsextreme Partei in Wetter positioniert“, sagt die SPD-Stadtverbandsvorsitzende in Wetter auf Anfrage der Redaktion. „Ich fühle mich nicht in einem Lokal willkommen, wo die AfD willkommen ist.“ Zu dieser Aussage werde sie weiter stehen. „Und das formuliere ich auch so. Des Weiteren habe ich dem Besitzer die Folgen aufgezeigt, nämlich dass vor diesem Lokal demonstriert werden würde. Das ist Aufzeigen einer Konsequenz und keine Drohung.“
Quasi kostenlose Werbung
Die Landtagsabgeordnete ergänzt: „Für die kostenlose Bekanntmachung meines Standpunktes in diesem Pamphlet habe ich mich gestern bei dem Landtagsabgeordneten aus Bochum, der sich hier verantwortlich im Sinne des Presserechts zeigte, mit den Worten bedankt: Vielen Dank für Ihre kostenlose Werbung meiner Person. Nun wissen sogar noch mehr Bürgerinnen und Bürger in Wetter, wie klar meine Haltung gegenüber der AfD ist.“
Überparteiliches Gedenken am Samstag
Am Samstag, 11. November, wollen CDU, SPD, Grüne und die Wählergemeinschaft „Bürger für Wetter“ ab 10 Uhr auf dem Bahnhofsplatz zusammen kommen. Die überparteiliche Zusammenkunft findet unter dem Titel „Gemeinsam gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus“ statt.
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Zum 30. Jahresgedenken des Brandanschlages in Solingen konnte eine Podiumsdiskussion, die vom Integrationsrat der Stadt Wetter in Kooperation mit dem Landesintegrationsrat vorgeschlagen wurde, nicht stattfinden. Schnell fanden sich laut Mitteilung der CDU überparteiliche Mitstreiter und waren sich einig, diese Veranstaltung nicht ersatzlos streichen zu wollen. Aus diesem Grunde stehen die heimischen Fraktionen Bürgerinnen und Bürgern auf dem Wochenmarkt in Wetter zur Verfügung, um mit der Bürgerschaft über den Themenkomplex „Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus“ ins Gespräch zu kommen.