Wetter/Herdecke/Ennepe-Ruhr. Personalprobleme: Die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr streicht ab 16. Oktober Busverbindungen überall im Ennepe-Ruhr-Kreis. Das gilt wochenlang.

Die Lokalpolitiker in Wetter erfuhren es kürzlich in der Ratssitzung: Die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr hat wegen Personalsorgen und einem recht hohen Krankenstand weiter Schwierigkeiten, den Fahrplan umzusetzen. Das berichtete Norbert Klauke aus der jüngsten Sitzung des VER-Beirates. Das Ratsmitglied der Grünen fügte an: „Im Winter dürfte sich die Situation verschärfen.“

Auf Anfrage bestätigte Christoph Kollmann aus der Pressestelle von Bogestra und VER die Probleme. „Aufgrund der aktuellen Situation musste die Entscheidung getroffen werden, den Fahrplan erneut anzupassen. Aufgrund des weiterhin sehr hohen Krankenstandes muss die VER ihr Leistungsangebot weiter einschränken.“ Mit anderen Worten: Fahrgäste können von Montag, 16. Oktober, bis voraussichtlich 20. Dezember 2023 an manchen Haltestellen schon mal vergeblich auf einen Bus warten. „Die VER will über aktuelle Ausfälle auch besser informieren“, berichtete Norbert Klauke im Rat.

Auskunft tagesscharf im Internet

Die VER hat auf ihrer Internetseite (www.ver-kehr.de) eine tägliche Übersicht zu den vorübergehenden Einschränkungen veröffentlicht. Die zeigt: Viele Verbindungen im südlichen EN-Kreis fallen nun aus, aber auch Wetter und Herdecke tauchen in der Liste auf. Am Beispiel der Linien 553 und 555 vom Herrentisch durch die Harkortstadt bis Hagen-Westerbauer lässt sich das Prinzip der Kürzungen erklären: Die Verkehrsgesellschaft verzichtet vorerst auf einzelne Verbindungen mit wenig Fahrgästen, kurzen Taktzeiten und Möglichkeiten zur Nutzung eines Parallelangebots. Die 553 und 555 rollen teilweise am frühen Morgen und gegen Abend, teils aber auch am Nachmittag nicht durch die zwei Ruhrstädte.

Die Verantwortlichen verkünden bezüglich Streichungen zwei Ziele: Sie wollen 93,5 Prozent des gewohnten Angebots auch mit eingeschränkter Mitarbeiterzahl aufrechterhalten und den größten Teil des Schulverkehrs gewährleisten.

Einzelne Fahrten fallen weg

„Falls sich der Krankenstand zwischenzeitlich in entsprechendem Maße reduzieren sollte, kehrt das Unternehmen wieder zum vollständigen Angebot zurück. Vorgesehen ist der Wegfall einzelner Fahrten im gesamten VER-Liniennetz, jedoch werden weiterhin alle Stadtteile bedient“, teilt die Gesellschaft mit.

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Um die ungünstige Entwicklung abzumildern und der Personallücke entgegenzuwirken, bemüht sich das Unternehmen seit geraumer Zeit um neue Fahrerinnen und Fahrer. Verstärkte Werbung soll unter anderem dazu führen, dass sich beispielsweise auch vermehrt Frauen an das Lenkrad setzen. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur in Hagen laufe das Projekt „(Bus-)Fahrerinnen in Teilzeit“. Zudem erhielten pensionierte Busfahrerinnen und Fahrer Briefe, ob sie aushelfen können. Laut Mitteilung gab es erste „Gespräche, die sehr viel versprechend waren.“ Die Hoffnung ruht also auch auf Rentnern und Ehemaligen. Interessierte können ihre Bereitschaft übrigens per Mail bekunden (Bewerbungen@ver-kehr.de).

Bei der Bogestra, die unter anderem die Linie 376 durch Herdecke verantwortet und 30 Prozent Anteile an der VER hält, lenken rund 750 Frauen und Männer die Busse. Das Unternehmen sucht auch aktuell 60 neue Fahrer und Fahrerinnen mit entsprechenden Befähigungen.

Schlechte Wirtschaftslage

All das fällt in eine Zeit, in der die VER – wie alle anderen Verkehrsbetriebe – weitere Herausforderungen bewältigen muss. Das betreffe vor allem das Deutschland-Ticket, aber auch Aspekte wie Personalrekrutierung, Energie- und Materialkosten, Mobilitäts- sowie Antriebswende. „Durch das Deutschland-Ticket gab es im Bereich der Abo-Kunden einen starken Anstieg, leider sind dies nicht alles Neukunden, sondern Abo-Kunden-Umsteiger und Kunden, die aus dem Barverkaufssegment umgestiegen sind. Nur ein sehr geringer Teil sind Neukunden“, schreibt Sprecher Kollmann.

Zuvor hatte Klauke gegenüber den Ratsfraktionen die wirtschaftlichen Probleme so dargestellt: „Die Ausgaben haben sich verdoppelt, die Einnahmen nicht. Das hat auch beim VER zu deutlichen Verlusten geführt.“ Daher breiten sich Sorgen aus, was nach dem Ablauf des Rettungsschirmes Ende 2023 auf die Verkehrsbetriebe zukomme, zumal diese kaum Möglichkeiten zu einer veränderten Preispolitik über den Fahrkartenverkauf haben.