Wetter/Herdecke/Hagen. Entlassung bei „Wetterleuchten“ nach nur sechs Wochen: Ein 63-Jähriger hoffte auf 60.000 Euro Entschädigung. Ein Richter in Hagen sah das anders.

Sein Gastspiel beim Verein „Wetterleuchten“ dauerte gerade mal sechs Wochen. Dann war der neue Geschäftsführer (63) dort schon wieder weg. Entlassen. Von der Vorstellung, noch eine satte Abfindung in der Höhe zwischen 50.000 und 60.000 Euro herausschlagen zu können, musste er sich jetzt verabschieden. Vor dem Arbeitsgericht Hagen verständigte man sich auf realistische 2000 Euro. Mehr war nicht drin.

Der Kläger, der bereits im Februar 2022 innerhalb der Probezeit gekündigt worden war, fehlte im Kammertermin: „Nanu, derjenige, der was will, ist nicht da?“, brachte Richter Michael Seidel sein Erstaunen zum Ausdruck. Anwalt Ralf Pinkvoss konnte jedoch ein Attest vorlegen, dass seinem Mandanten „Depressionen und Angststörungen“ bescheinigte, und dass er nicht in der Lage sei, am Prozess teilzunehmen.

Verfahren vor dem Arbeitsgericht werden eigentlich zügig erledigt. Dass es in diesem Fall so lange dauerte, lag an prozessualen Verzögerungen der Klägerseite: Bereits im Oktober vergangenen Jahres – wir berichteten darüber – hatte die 5. Kammer ein Versäumnisurteil erlassen, das die Klage des kurzzeitigen Wetterleuchten-Geschäftsführers abwies. Dagegen wurde dann Einspruch eingelegt.

„Wetterleuchten“ ist ein eingetragener Verein zur Förderung der psychosozialen Versorgung im Ennepe-Ruhr-Kreis. Er wurde 1985 in der jugendpsychiatrischen Abteilung des Herdecker Gemeinschaftskrankenhauses gegründet. Psychisch Erkrankte und hilfesuchende Menschen sollen im Alltag begleitet und unterstützt werden. Der Verein kümmert sich um etwa 80 Personen im betreuten Wohnen (BEWO) und unterhält dafür eine Einrichtung an der Bachstraße 18-20 in Herdecke. Um weitere rund 100 Personen mit psychischen Problemen kümmert sich „Wetterleuchten e.V.“ in seiner Kontaktstelle an der Schöntaler Straße 4 in Wetter.

Seit mehr als 20 Jahren führt Rudolf Skott nun die Geschicke des Vereins und wollte sich langsam aus dieser Tätigkeit zurückziehen. Deshalb wurde zum 1. Januar vergangenen Jahres der Kläger als zweiter Geschäftsführer eingestellt. Doch schon nach kurzer Zeit häuften sich die Beschwerden von Mitarbeitenden über das autoritäre Führungsverhalten des neuen Vorgesetzten: Die Stimmung im Verein sei aufgebracht gewesen, „weil er das Unternehmen von rechts auf links umkrempeln wollte“. Das hätten sich die Mitarbeiter nicht gefallen lassen wollen und auf einer Sitzung angedroht: „Wenn der als Geschäftsführer bleibt, dann gehen wir.“ Daraufhin wurde der Kläger am 18. Februar 2022 gekündigt.

Stelle aufgegeben

Da das innerhalb der vertraglich vereinbarten sechsmonatigen Probezeit geschah, war rechtlich dagegen nichts einzuwenden. Der 63-Jährige sah durch die Kündigung jedoch seine ganze Lebensplanung zerstört: Er sei, so sein Anwalt, jahrzehntelang sehr eng in paritätischen Wohlfahrtsverbänden verwurzelt gewesen. Für den mit 5000 Euro dotierten Geschäftsführerposten bei „Wetterleuchten“ hätte er eigens eine ungekündigte Stelle in Menden aufgegeben. Eigentlich hatte sich der Kläger vorgestellt, bis zu seinem Eintritt ins Rentenalter dort noch bleiben zu können. Sein Einkommensverlust bis zum Ruhestand würde 170.000 Euro ausmachen.

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„Eine enttäuschte Erwartung führt aber noch nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung“, brachte es Richter Seidel deutlich auf den Punkt. Und der Anwalt des Vereins, Klaus-Dieter Lappe, fügte hinzu: „Das Problem ist, dass der der Kläger mit soviel Schmutz geworfen hat, dass man wenig bereit ist, ihm jetzt noch Geld dafür zu geben.“

Letztlich einigten sich beide Seiten auf Vorschlag des Gerichts doch noch: auf eine ordentliche, fristgerechte Kündigung vom 19. Februar 2022 zum 5. März 2022 sowie auf die Zahlung von 2000 Euro Abfindung. Der Kläger musste sich allerdings im Gegenzug dazu verpflichten, die in seinen Schriftsätzen erhobenen Vorwürfe gegen den Verein nicht mehr aufrecht zu halten und diese Vorwürfe auch nicht mehr anderweitig zu verfolgen.