Herdecke/Wetter. Strömungsretter der Feuerwehr warnen vor tückischen Gewässern. In diesen Tagen jährt sich der Unfalltod eines Jungen in der Ruhr zum zehnten Mal.

Zehn Jahre ist es her, dass der achtjährige Felix bei einem tragischen Badeunfall in der Ruhr ums Leben kam. Zu dritt sollen die Jungen (elf und acht Jahre alt) an der kleinen Zugangstreppe oberhalb der Ruhrbrücke bei der Demag gespielt haben, als einen von ihnen die Kräfte verließen. Von der Strömung des Flusses erfasst, wurde der Achtjährige, der nicht schwimmen konnte, dann abgetrieben. Jetzt ist wieder Sommer, und wieder zieht es bei großer Hitze die Menschen in Wetter und Herdecke an die Ruhr oder die Seen. Dabei warnen sogar Experten wie die Strömungsretter der Feuerwehr Herdecke ausdrücklich: „Wer an, auf oder in das Wasser geht, sollte sich der Gefahren bewusst sein.“ Zudem gilt: Das Baden in der Ruhr, einem mitunter tückischen Gewässer, ist verboten.

Nicht ungeübt aufs Wasser

Christian Arndt, stellvertretender Leiter der Herdecker Feuerwehr, weiß aus seiner Tätigkeit, dass das Freizeitverhalten der Menschen sich ändert – immer mehr ziehe es in den Wald und ins Gewässer. „Auch jetzt sind schon viele Leute in aufblasbaren Kajaks oder auch auf Stand-up Paddles unterwegs. Früher waren die Menschen alle im Verein und kannten sich aus. Heutzutage lassen sich die meisten aber nicht mal einweisen“, sieht er diese Entwicklung kritisch und appelliert deswegen an alle: „Wer aufs Wasser gehen will, sollte sich mit dem Sportgerät auseinandersetzen und mit dem Gewässer, auf das er sich begeben will.“

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Erst im vergangenen Jahr habe die Feuerwehr zwei Personen gerettet, die mit ihrem Kajak an einem besonders kritischen Abschnitt der Ruhr gekentert waren. „Eine hatte sich auf eine Sandbank gerettet, aber beide waren völlig unterkühlt, als wir sie erreicht hatten“, so Christian Arndt. Solche Ausflüge auf dem Wasser sollten ausschließlich mit einem Tour-Guide unternommen werden. „Es sei denn, man kann es. Dann ist das kein Problem. Aber wer ungeübt mit dem SUP aufs Wasser geht, der sollte sich der Gefahren unbedingt bewusst sein“, so Christian Arndt.

Kritischer Ruhrabschnitt

Kritisch sei der Flussbereich zwischen neuer Ruhrbrücke in Wetter und Haus Mallinckrodt erstens deswegen, weil es dort viele Strudel und auch Niedrigwasserstellen gebe. Hinzu komme, dass falls jemand dort in Not gerate, es auch für Feuerwehr nicht ganz leicht sei, zu helfen: „Die eine Hälfte dieses Ruhrabschnitts gehört zu Wetter, die andere zu Herdecke. Wir erreichen diese Stelle von Herdecke aus aber erst spät, denn die Anfahrt ist weit, und zudem gibt es dort nur schlechte Einstiegsmöglichkeiten“, erklärt der Feuerwehr-Vize. Das kann Feuerwehr-Kollege Daniel Eichhoff nur unterstreichen. Er ist ausgebildeter Strömungsretter und weiß, wie er sich mit Schutzausrüstung aus Neoprenanzug, Spezialschuhen, Helm und Weste in strömendem Gewässer bewegen muss. Vor den Gefahren, die in der heimischen Ruhr lauern, warnt sogar er als Experte ausdrücklich: „Gegen diese Kräfte können auch wir uns nicht schützen.“ Deswegen sei es so wichtig, „das Gewässer lesen zu können“. „Das heißt, wir springen auch nicht in eine hochwasserführende Ruhr, sondern würden uns mit Seilen vom Ufer aus gegenseitige sichern, um einen Menschen retten zu können. Oder aber wir gehen vom Boot aus ins Wasser. Teilweise lassen wir uns treiben und gehen erst an einer sicheren Stelle wieder aus dem Wasser“, so Daniel Eichhoff. Es sei nicht zu schaffen, gegen die Strömung anzuschwimmen.

Wenn Hilfe nötig wird

Hat am Ende alles Warnen nichts genutzt und jemand ist auf oder im Wasser in Not geraten, gilt es Folgendes zu beherzigen: „Wir müssen zuerst wissen, wo. Also eine präzise Ortsangabe ist wichtig“, sagt Christian Arndt und verweist auf die Schilder des Ruhr-Standort-Informationssystems (RuSIS) entlang der Ruhr, die Feuerwehr und DLRG zusammen entwickelt und aufgestellt haben, um die Wasserrettung zu erleichtern. Weil die Einsatzstelle nicht immer sofort zu finden sei, habe die Feuerwehr auch eine Drohne angeschafft, „die gute Dienste leistet“.

Spezialteam im Ennepe-Ruhr-Kreis

Die zwölf Strömungsretter der Herdecker Feuerwehr sehen sich keinesfalls in Konkurrenz zur DLRG, sondern betonen das Miteinander. „Es ist gut, wenn wir uns mit unseren Kräften ergänzen können“, so Christian Arndt.

Dennoch sind die Herdecker Strömungsretter eine Besonderheit im Ennepe-Ruhr-Kreis. Bis auf Ennepetal verfüge keine andere Wehr über ein solches Spezialteam. Hagen indes sei Vorreiter gewesen.

Die Strömungsretter haben auch beim dem Hochwasser 2021 im Bachviertel geholfen und kommen auch bei Eisrettungen von Mensch und Tier zum Einsatz