Wetter/Herdecke. . Nach einem Forschungsprojekt könnte ein Baden in der Ruhr zum Teil legalisiert werden. Still ruht der See, heißt es in Wetter und Herdecke.

  • Nach einem Forschungsprojekt könnte ein Baden in der Ruhr zum Teil legalisiert werden
  • Die hygienische Qualität schwankt, nach Regen gebe es starke Belastungen durch Bakterien
  • Eine Umfrage ergab, dass mehr als die Hälfte der Bürger aus den Anliegerstädten bereit wäre, sich finanziell an der Umsetzung zu beteiligen

Es gibt zahlreiche Schwarzweiß-Bilder von Wetteranern und Herdeckern, die früher in der Ruhr oder im Hengstey- sowie Harkortsee geschwommen sind und sich auch im hohen Alter noch bester Gesundheit erfreuen. Heutzutage ist das Baden verboten. Dabei hat sich die Wasserqualität in den vergangenen Jahren stetig gebessert. Also doch erlauben? Todesfälle zeigen aber, wie tückisch der Fluss mit seinen Strömungen sein kann. Ein Schwarzweiß-Denken ist bei dieser Frage daher fehl am Platze. Eine Bestandsaufnahme.

Ein erster Blick auf den Stand der Wissenschaft: Verschiedene Partner wie Universitäten und Verbände untersuchten von 2012 bis 2015 in dem Forschungsprojekt „Sichere Ruhr“, ob das Baden in dem Gewässer möglich sei. Auf 253 Seiten thematisiert der Abschlussbericht nach vielen Beprobungen, dass die hygienische Qualität schwankt. Heißt: Nach Regen und Hochwasser gebe es starke Belastungen durch Bakterien, in trockenen Phasen seien die Verhältnisse „ausgezeichnet“.

Die Experten kommen zu dem Ergebnis, dass es im Falle einer Badeerlaubnis „eine umfassendere und differenziertere – sprich ganzheitliche – Risikoaufklärung“ geben muss. Das betreffe natürliche Gefahren (Pflanzen, Tiere, Trübung, etc.) und Probleme etwa durch die industrielle Nutzung und Wasserbauwerke. Umso wichtiger sei ein Kommunikationskonzept, um Bürger z.B. über die Medien zu warnen.

Einschränkend gilt hinzuzufügen, dass drei Jahre lang der 52 Kilometer lange Ruhrabschnitt zwischen dem Kemnader Stausee und Mülheim untersucht wurde. Vor allem die Wasserqualität im Baldeneysee stand im Mittelpunkt. In Essen gründete sich 2015 eine Interessengemeinschaft „Baden in der Ruhr“, die das öffentliche Schwimmen in dem Gewässer anstrebt. Das sollte eigentlich schon in diesem Sommer an bis zu 20 Tagen möglich sein, doch gehen die Bestrebungen nun ins Jahr 2017. Als „Europas Grüne Hauptstadt“ stellt Essen ein Programm zu den Themen Natur und Lebensqualität zusammen.

Für Herdecker und Wetteraner wichtiger: Fachleute glauben, dass von dieser Interessengemeinschaft eine Signalwirkung ausgehen könnte und auch an anderen Orten entlang der Ruhr über öffentliche Badestellen nachgedacht wird. Während Kommunen die Regelungen am Flussufer in Absprache etwa mit der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg abklären müssten, bedarf das Baden in den hiesigen Stauseen der Zustimmung des Ruhrverbands. Auf Anfrage heißt es dazu, dass sich das Unternehmen nicht grundsätzlich dagegen sperrt, aber bis zur Klärung offener Fragen auch keine Initiative aus der Zentrale in Essen zu erwarten sei. Schwierig sei etwa das Aufstellen einheitlicher Vorgaben, damit es nach kurzfristigen Verboten zum Beispiel wegen der Wetterbedingungen nicht heiße: „Die wissen ja auch nicht, was sie wollen.“

Bereit zu finanzieller Beteiligung

Eine Umfrage des Projekts „Sichere Ruhr“ ergab, dass mehr als die Hälfte der Bürger aus den Anliegerstädten bereit wäre, sich finanziell an der Umsetzung einer Bademöglichkeit im Fluss zu beteiligen. (Anmerkung der Redaktion: Das kann das Bestehen hiesiger Freibäder gefährden.) Daher dürfte auch der Ruhrverband lokale Initiativen im Auge behalten. In Nachbarstädten wie Witten oder Schwerte gab es Bestrebungen, ausgewiesene Zonen der Ruhr zum Baden freizugeben.

Doch diese Bemühungen sind bislang weder umgesetzt worden noch rechnen die Planer dem Vernehmen nach mit einer baldigen Verwirklichung. In Wetter und Herdecke ist die Idee für eine Art Strandbad, so wie es einst sowohl am Hengstey- als auch am Harkortsee existierte, kein Thema. Zumindest noch nicht. Vor allem in Wetter ist die Erinnerung an zwei Ertrunkene in 2013 und 2015 womöglich der Grund dafür.

Dabei führten hygienische Bedingungen zum Badeverbot und nicht die teils unberechenbare Strömungsgefahr. Andernorts nennen Gegner Umweltargumente durch vermehrten Müll und ungeklärte Haftungs- bzw. Versicherungsfragen. Hinzu kommen die Wasserpest Elodea, in der sich Schwimmer verfangen könnten, und EU-Badewasserrichtlinien sowie Abstimmungen mit dem Schiffsverkehr.

Prognose: Es wird noch eine Menge Wasser die Ruhr hinabfließen, ehe in einigen Jahren das dosierte Baden an ausgewählten Ruhrstellen öffentlich erlaubt sein wird.