Herdecke/Ennepe-Ruhr. Ein neues Gefahrenabwehrzentrum für den Ennepe-Ruhr-Kreis und Schulsanierungen verschlingen viele Millionen, es könne zu Steuererhöhungen kommen.
Zur Finanzlage der Stadt Herdecke passt mal wieder nur ein Wort: schlecht. Daher hat Kämmerer Dennis Osberg im April eine Haushaltssperre angeordnet. Während aktuell nur für wenige Projekte Geld bereit steht, ziehen am Horizont weitere dunkle Wolken auf. Die verursache der Ennepe-Ruhr-Kreis durch seine Ausgabenpolitik. Auswirkungen bekommen, so hieß es nun im Rat, die neun hiesigen Kommunen auf massive Art und Weise zu spüren.
In einer Sondersitzung für die Finanzverantwortlichen der kreisangehörigen Kommunen standen die Folgen geplanter Großbaumaßnahmen auf der Tagesordnung. „Nach derzeitigem Planungs- und Kenntnisstand wird eine dramatisch ansteigende Kreisumlage in den kommenden Jahren auf die Städte des EN-Kreises zukommen“, so Herdeckes Stadtspitze um Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster. Die berichtete: „Wir haben recherchiert und waren geschockt, daher haben wir Kreistagsmitglieder zu einem Gespräch eingeladen und wollten sie auf diesem Weg hinsichtlich ihrer Abstimmungen sensibilisieren.“
Teures Gefahrenabwehrzentrum
Auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Nachbarstädten blicken laut Strauss-Köster kritisch auf die Millionen-Investitionen des Kreises. „Wir haben daher einen Brief an den Landrat geschrieben.“ Als Beispiel für die Problematik nannten sie und Osberg vor allem das Gefahrenabwehrzentrum. Der Neubau in Ennepetal soll 113,5 Millionen Euro bis 2026 kosten. „Die Feuerwehren wurden daran beteiligt, aber niemand aus der Bürgermeister-Runde. Angesichts unserer Zahlen in Herdecke dürften Zweifel und die Frage erlaubt sein, ob hier und da die Handbremse gezogen werden kann.“ Andernfalls drohen der Bürgerschaft Steuererhöhungen, die „aber wir hier und nicht der Landrat erklären müssen.“ Herdeckes Stadtspitze forderte, dass der Kreis die Kommunen mehr „mitnehmen muss, auch bei den vermehrten Personaleinstellungen werden wir nicht gefragt. Uns bleibt quasi nur das stumpfe Schwert über den Kreishaushalt“, so Osberg.
Baubeginn in diesem Sommer
Das Gefahrenabwehrzentrum soll zukünftig Kreisfeuerwehrzentrale, Katastrophenschutz und Kreisleitstelle unterbringen. Hinzu kommen Teile der Verwaltung wie vorbeugender Brandschutz sowie Teile des Gesundheitsamts. Weiterhin bietet die Kreisfeuerwehrzentrale Möglichkeiten zur Übung und Ausbildung im Brandhaus oder in der Atemschutzübungsstrecke an.
Kürzlich hieß es, dass die umfangreichen Tiefbauarbeiten für das Gefahrenabwehrzentrum in Ennepetal wohl im Sommer beginnen. „Die Hochbauarbeiten werden voraussichtlich zu Beginn nächsten Jahres starten“, sagte Lisa Radtke, Sprecherin des Ennepe-Ruhr-Kreises auf Nachfrage. Anvisierte Fertigstellung: Jahresende 2026.
Die Kreisleitstelle und die für den Katastrophenschutz zuständige Abteilung sind im Schwelmer Kreishaus angesiedelt. Die Kreisfeuerwehrzentrale befindet sich seit Jahrzehnten in Gevelsberg-Silschede. Im Gefahrenabwehrzentrum werden sie zentralisiert, in direkter Nachbarschaft zur Polizeiwache.
Der Kreis hat 19.000 Quadratmeter Grundstück für das Gefahrenabwehrzentrum von der Stadt Ennepetal gekauft. Der Kreistag hatte im Herbst 2022 ohne Gegenstimmen das Baubudget beschlossen. Eine erste und jahrealte Schätzung hatte die möglichen Kosten noch auf 35 Millionen Euro beziffert.
In einer Vorlage für die Politik erwähnt der Kämmerer weitere Großprojekte wie Schulsanierungen und Bauten für 188,5 Millionen Euro bis 2027 (Entscheidungen des Kreistages folgen noch). Auch eine Kreishaussanierung stehe nach erfolgten Beschlüssen zwischen 2026 und 2029 an. Eine Kostenschätzung liege noch nicht vor, das EN-Gebäudemanagement gehe von mehr als 100 Millionen Euro aus. Auch ohne diese Maßnahme rechne der Kreis mit Investitionskrediten von etwa 150 Millionen. Allein durch Zinsen, so die Stadt Herdecke, fallen jährlich 4,45 Millionen oder mehr an. Auf die kreisangehörigen Kommunen kämen somit zusätzliche Zahlungen von 405.000 Euro pro Jahr zu. „Es ist also davon auszugehen, sollte der Ennepe-Ruhr-Kreis seine Planungen nicht erheblich anpassen, dass die Belastungen durch die Kreisumlage für die Stadt Herdecke in den kommenden Jahren um bis zu einer Million Euro jährlich steigen könnten“, so die Kämmerei.
Kostensenkungen gefordert
Den Angaben zufolge übten die Finanzdezernate sehr deutliche Kritik und forderten Nacharbeiten der Kreisverwaltung. „Die Sparbemühungen jeder einzelnen Stadt in den vergangenen Jahren würde durch die Steigerung der Kreisumlage konterkariert. Auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fordern vom Landrat Maßnahmen zur Kostensenkung.“ Das war Thema bei einer Sonderkonferenz. Dabei habe Landrat Olaf Schade Konsolidierungsmaßnahmen des Kreises angekündigt. Zudem hieß es, dass bis dato die Ertragsseite bei den Großprojekten noch nicht betrachtet worden sei. Beim Bau des Gefahrenabwehrzentrums würden die Krankenkassen über die Rettungsdienstgebühren anteilig belastet. Auch positive Effekte nach den Schul- und Kreishausmaßnahmen seien bisher noch nicht kalkuliert.
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Die Stadt Herdecke schrieb, dass die Verantwortlichen der EN-Verwaltung die Kreisumlage nicht über Gebühr belasten wollen und sich der finanzwirtschaftlichen Lage der Städte bewusst seien. „Die weiteren Entwicklungen bleiben abzuwarten.“ Andreas Disselnkötter von den Grünen habe ebenfalls einen Schrecken wegen der im Raum stehenden Summen bekommen. „Für unseren Haushalt wäre das eine Katastrophe. Allerdings können wir manches schwer beurteilen, etwa Kosten beim teuren Brandschutz.“