Herdecke. Sogar mit dicken Ketten sind einige Liebesschlösser am Gitter der Hengsteyseebrücke gesichert. Der Eigentümer hat die Statik aber stets im Blick.
Mit Schlössern haben sich unzählige Liebespaare wie „Klara und Pascal“, „Silberlocke und Silberbart“, „Zicke und Mistkerl“ oder auch „King und Queen“ an der Hengsteyseebrücke vor dem Stauwehr verewigt. Traditionell wird nach dem Aufhängen des Schlosses am Brückengeländer der Schlüssel in die Ruhr geworfen, damit das Schloss – ebenso wie die damit besiegelte Liebe – ewig bleiben möge. Passanten wie Fußgänger und Radfahrer wollen nun seit Beginn der wärmeren Jahreszeit eine deutliche Zunahme dieser Liebesschlösser beobachtet haben. „Da hängen inzwischen sogar richtig dicke Ketten an einigen Schlössern“, machte kürzlich eine Radfahrerin aus Wetter die Lokalredaktion aufmerksam.
Bei genauer (gleichwohl laienhafter) Betrachtung scheint die Anzahl der Metallschlösser, die da in unterschiedlichsten Versionen und Größen am Geländer der Brücke hängen, aber keineswegs problematisch zu sein. Zumindest nicht, wenn als Vergleich die Bilder von der Hohenzollernbrücke in Köln herangezogen werden, die seit Jahren unter der Last der abertausenden von Schlössern ächzt. Eine Nachfrage beim Eigentümer der Hengsteyseebrücke, dem Netzbetreiber Amprion, ergab dazu Folgendes: „Die Eisenbahnbrücke wird regelmäßig gewartet und wurde erst letztes Jahr durch das Eisenbahnbundesamt geprüft und zertifiziert. Von der Funktion her ist die Brücke ein Betriebsmittel für uns und auch für den Trafotransport über die dortigen Schienen und muss immer betriebssicher sein“, sagt Mariella Raulf als zuständige Amprion-Projektsprecherin.
Betriebssicherheit im Blick
In Sachen Statik-Sicherheit werde die Brücke zudem „betaucht“. Erst kürzlich seien kleinere Instandhaltungsmaßnahme durchgeführt worden. „Im vergangenen Herbst haben wir die Holzverkleidung restauriert und Bohlen erneuert. Wir müssen immer schauen, dass die Brücke betriebssicher ist“, so Amprion-Sprecherin Mariella Raulf weiter. Wäre die Anzahl der Liebesschlösser in den problematischen Bereich aufgerückt, so wäre dies bei den regelmäßigen Wartungsarbeiten thematisiert worden.
Tatsache ist aber auch, dass Amprion die 1928 am Hengsteysee errichtete Stahlbrücke am Wehr zwischen Hagen und Herdecke nicht mehr benötigt. Der letzte Trafotransport zum Koepchenwerk fand bereits im Jahr 2021 statt, deswegen ist sie als Transportweg hinfällig.
Und auch das ist schon lange bekannt: Im März 2024 will Amprion die Brücke abgeben. Eine Übernahme der Brücke durch die Städte Hagen und Herdecke ist jedoch fraglich – wenngleich sie mit Blick auf den Freizeitwert und den Ruhrtalradweg „unerlässlich“ erscheint. Denn das Bauwerk ist laut bisheriger Begutachtung durch die Städte Hagen und Herdecke in einem schlechten bis katastrophalen Zustand, so dass beide Städte sich in Zurückhaltung üben, was eine Übernahme betrifft. Gespräche zwischen den beiden Städten und Amprion, die in der Einschätzung des Brücken-Zustands weit auseinander liegen, laufen seit Monaten.
Die Brücke liegt zu 78 Prozent auf Hagener und zu 22 Prozent auf Herdecker Stadtgebiet.