Ende. Im Seniorenhaus Kirchende wissen weder Bewohner noch Angestellte, wie die Convivo-Insolvenz für sie endet. Auch Besitzerin der Anlage ist pleite.

Der Leitspruch des zahlungsunfähigen Pflegeheimbetreibers Convivo lautet: „Wir kümmern uns“. Dieses Motto ist nun an die Insolvenzverwaltung, die sich auch vielen ungeklärten Fragen in Herdecke und vor allem hier im größten Stadtteil widmen muss, übergegangen. Bekanntlich sorgen sich die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitende im Seniorenhaus Kirchende um die Zukunft.

In den Reihen der Ender Angestellten, die zur Pflegezentrum Herdecke GmbH gehören, hat sich eine Mischung aus Wut, Ärger und Unsicherheit ausgebreitet. Zwei Mitarbeitende berichten der Lokalredaktion, dass sie aktuell oft an die Pleite des Vorgängers denken. Während des GVS-Insolvenzverfahrens 2016/17 mussten sie auf Geld verzichten, bis heute warten sie auf die Auszahlung von vierstelligen Beträgen. Auch jetzt gehen sie davon aus, von Zulagen und Überstunden abgeschnitten zu werden. „Convivo hat die Gehälter nicht immer pünktlich bezahlt, auch Jahressonderzahlungen trafen verspätet ein, als Ausgleich gab es schon mal einen Amazon-Gutschein über 15 oder 20 Euro“, erzählt das Duo.

Vor allem langjährige Mitarbeitende vermissen momentan einen transparenten und fairen Umgang mit ihnen. Auch seitens der Stadtverwaltung, Bürgermeisterin und anderen Offiziellen in Herdecke erwarten sie mehr Unterstützung. Sie weisen Vorwürfe zurück, wonach das Haus Kirchende eine „Bruchbude“ sei. Sicher, manches sei nicht auf aktuellstem Stand, aber die Anlage an sich biete viel Potenzial.

Die Unsicherheit belastet

Zweifel äußern die Beiden auch an der Convivo-Insolvenzverwaltung. Da wäre beispielsweise deren Aussage, wonach in Herdecke nicht nur ein Träger die Pflegeheime übernehmen werde und somit ähnliche Gefahren wie einst durch den GVS oder aktuell auftreten könnten. Momentan laufe aber alles auf die Evangelische Stiftung Volmarstein hinaus, die wiederum Mitarbeitende aus der Nachbarstadt am 27. April zu einem Kennenlern-Tag eingeladen hat. „Fleischbeschau“ heißt dieser Termin bei misstrauischen Angestellten in Kirchende.

Perspektive der Anlage weiter ungeklärt

Die Insolvenzverwaltung fokussiere sich aktuell darauf, Einrichtungen zu verkaufen oder an neue Betreiber zu übertragen, die Versorgung der Menschen in nicht verkauften Einrichtungen bestmöglich sicherzustellen und – sofern erforderlich – in Abstimmung mit der Heimaufsicht und den betroffenen Kommunen geordnet zu schließen.

„Danach wird ein Schwerpunkt die Aufarbeitung der Ursachen der Insolvenz und die Klärung der Verantwortlichkeit handelnder Personen sein“, heißt es.

Zur Zukunft der Anlage Kirchende teilt der Verwalter mit, dass die Eigentümerin (eine Fondsgesellschaft) insolvent sei. „Was mit der Immobilie geschieht, kann ich daher nicht beantworten. Warum dort in der Vergangenheit nicht modernisiert wurde, ist mir nicht bekannt.“

Die wiederum haben auch noch interessante Worte von Vertretern der Insolvenzverwalter im Ohr. Drei Betriebsversammlungen habe es in den letzten Wochen in Ende gegeben. Richtung Mitarbeitende hieß es: Nicht kündigen, nicht zum Arbeitsamt gehen, an einer Lösung für jeden werde gearbeitet. Nun drängt sich die Frage auf: Auf diese Aussage vertrauen, abwarten, Tee trinken? Freistellung befürchten? Oder doch kündigen und etwas Neues suchen? „Das haben bisher nur vereinzelt welche getan. Viele von uns haben schlaflose Nächte, weinen und sind mit den Nerven am Ende. Sie hängen an ihrem Job hier in Ende und sind generell mit Herzblut bei der Sache. Vielleicht lässt sich etwas Neues finden, aber zu welchen Bedingungen?“

Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen (Kanzlei Brinkmann & Partner) hat auf Anfrage der Redaktion um Nachsicht gebeten. Solch ein Verfahren sei von vielen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten geprägt. Um den Betrieb nun aufrecht zu erhalten, habe der EN-Kreis – falls erforderlich – finanzielle Mittel zugesagt. „Eine verlässliche Kommunikation ist bislang schwierig gewesen, da wir selbst bis jetzt noch keine Klarheit über den Fortgang in Kirchende hatten. Wichtig war uns die klare Kommunikation zu Beginn des Verfahrens, dass die Versorgung vorerst gesichert ist. Weiter war uns wichtig, mit Eröffnung zu kommunizieren, dass der Betrieb nach derzeitiger Planung bis zum 30. Juni sichergestellt ist. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass sich alle Beteiligten früher mehr Informationen gewünscht hätten, muss ich um Verständnis bitten, dass dies aufgrund des dynamischen Prozesses nicht möglich war.“ Morgen sagt zu Mitarbeiter-Ängsten: „Es handelt sich um händeringend gesuchte Fachkräfte. Ich gehe davon aus, dass die Allermeisten nahtlos in neue Beschäftigungsverhältnisse wechseln können.“

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Ein logischer Arbeitgeber wäre nun die Evangelische Stiftung Volmarstein. „Viele haben nach den jüngsten Entwicklungen aber Bauchschmerzen, zur ESV zu wechseln“, so Convivo-Angestellte.