Herdecke. Schon wieder ist ein Radfahrer in den alten Gleisen schwer gestürzt. Die Debatte geht weiter: Die Schienen am Ruhrtalradweg lassen oder abbauen?

Frühjahr. Gutes Wetter. Raus mit dem Fahrrad. Oft geht es zur Ruhr. Oder zum Hengsteysee. Vorsicht am Herdecker Schiffswinkel. Zwischen Koepchenwerk und Hagener Ufer befinden sich alte Bahngleise im Boden. Diese lösen zum Beispiel bei einem 35-Jährigen aus Schwerte schmerzhafte Erinnerungen aus: Am vergangenen Wochenende hat er sich bei einem Sturz schwere Verletzungen zugezogenen. Weitere Unfälle, das lehrt die Vergangenheit, werden folgen. Wie aber ist der Sachstand, gibt es nicht Überlegungen zum Abbau der Schienen? Ein aktueller Überblick.

Die Ausgangslage: Im Juni 2021 ist letztmals ein Trafo-Transport über die Schienen von Herdecke nach Hagen gerollt. Diese gehören dem Netzbetreiber Amprion. Der hat diese von RWE übernommen und zuletzt angegeben, für künftige Fahrten dieser Art die klassische Straße nutzen zu können. Das Unternehmen stimmt sich in der Regel bei logistischen Fragen in der Straße Im Schiffwinkel mit dem Energiekonzern RWE ab, das betrifft beispielsweise auch die Brücke neben dem Hengsteysee-Wehr. Diese sollen im Frühjahr 2024 die beiden Städte übernehmen, Verhandlungen laufen, Ergebnis offen. Die Lokalredaktion hat erfahren, dass Amprion und RWE in diesen Gesprächen nicht immer auf dem gleichen Stand(punkt) seien.

Brücke als Hauptthema

Die Brücke ist Teil des Ruhrtalradwegs, Pedaltreter müssen wegen der dort liegenden Schienen und aus Rücksichtnahme gegenüber Fußgängern ihr Gefährt schieben. Einige befolgen dazugehörige Hinweisschilder, viele nicht. Das sorgt auch überregional für Bauchschmerzen: Bei Radweg-Bewertungen schneiden stets solche Routen am besten ab, die ein durchgängiges Rollen ohne Absteigen ermöglichen.

Tipps der Polizei

Zur Verhinderung von Fahrradunfällen organisiert die Polizei EN, genauer gesagt das Team der Verkehrsunfallprävention unter anderem Informationsveranstaltungen und klärt regelmäßig über Info-Stände an den einschlägigen Strecken und Örtlichkeiten auf.

In diesem Zusammenhang stehen Beamte am Samstag, 6. Mai (am Tag des Fahrrades im Ennepe-Ruhr-Kreis), am Seeplatz in Wetter. Von ca. 10 bis 16 Uhr geben Polizistinnen und Polizisten Tipps rund um sicheres Radfahren.

Die Polizei Ennepe-Ruhr teilt zu Radfahrenden, die sich in aller Regel nicht an die eindeutige Beschilderung halten, mit: „Das Problem ist hinlänglich bekannt. Der Bereich zwischen Ruhrbrücke und Kraftwerk war bis zum letzten Jahr eine Unfallhäufungslinie. Hintergrund waren immer Radfahrunfälle.“ Wer in die Schienen gerät, stürzt meist. Eine Entfernung der Schienen als probates Mittel zur Entschärfung der Stelle schied laut Behörden-Sprecherin Isabell Kircher bislang wegen der Trafo-Transporte aus. „Die Maßnahmen der Unfallkommission beschränkten sich deshalb auf Änderung bzw. Verdeutlichung der Beschilderung. Ob und wie weit nunmehr die Schienen entfernt werden können oder sollen, liegt im Entscheidungsvorbehalt der Verkehrsbehörde.“

Während im Gemeinschaftskrankenhaus in Ende das Thema Radunfälle laut Auskunft aktuell „nicht präsenter als sonst zu der Jahreszeit ist und sich derzeit auch kein Anstieg andeutet“, lohnt ein Blick auf die Positionen der zwei beteiligten Städte. Die Herdecker Verwaltung hat vor einigen Monaten ihre kritische Haltung zu den Gleisen bekundet. Verschiedene Gründe sprächen gegen eine touristische Nutzung der Schienen. Ähnlich äußerte sich Hagens Baudezernent. Während die Politiker in der Volmestadt noch zu keiner einheitlichen Meinung kamen, sagte Henning Keune: „Die Brücke ist elementarer Bestandteil des Ruhrtalradwegs. Und ein solcher Radweg muss auch ein Radweg sein. Und kein Schiebeweg.“

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Bliebe noch die Arbeitsgemeinschaft Koepchenwerk. Die Ehrenamtlichen hoffen, eines Tages eine alte Lok oder eine ausrangierte Straßenbahn (die AG hat zwei konkrete Fahrzeuge im Blick) als Shuttle-Verbindung zum Denkmal auf die Gleise setzen zu können. Der Verein weist auch auf den aktuellen Koalitionsvertrag der NRW-Landesregierung hin. CDU und Grüne vereinbarten: „Eine Entwidmung von Bahnstrecken soll es in Nordrhein-Westfalen nicht mehr geben. Dies gilt auch für Werksbahnen.“ Die Herdecker AG spricht sich aber derzeit fast als einzige Gruppe für den Erhalt der Gleise aus.