Herdecke. Aktuell läuft die Vorprüfung zum Bürgerbegehren, das Nico Fischer zu den Technischen Betrieben Herdecke anstrebt. Wann wird denn wohl abgestimmt?

Nach der erneuten Entscheidung des Rates zur Zukunft der Technischen Betriebe Herdecke (TBH) lässt Nico Fischer nicht locker. Bereits im Vorfeld hatte der Vertreter von Die Partei Unterschriften gesammelt, um das von ihm auf den Weg gebrachte Bürgerbegehren weiter voran zu treiben. Wer sich nun fragt, wie es in der Sache weiter geht und ab wann das Sammeln von Unterschrift beginnt, sollte die folgenden Zeilen lesen.

Noch steht die Genehmigung des Bürgerbegehrens aus. Wie berichtet, müssen städtische Verwaltungen die Antragsteller neutral und formell unterstützen, bei verschiedenen Zwischenschritten prüfen die Fachleute in den Kommunen die eingereichten Unterlagen. Bei dieser Art Pingpong-Spiel liegt der Ball innerhalb der Drei-Monats-Frist mit gelegentlichem Aufschub mal in den Amtsstuben, dann wieder auf der Seite der Initiatoren. Ratsherr Nico Fischer will nun die nächsten Hürden nehmen. „Wir sind in den Startlöchern“, sagt er.

Vorgaben für Formular

Die zwischenzeitlich beantragte Vorab-Zulässigkeitsprüfung für dieses kassatorische Bürgerbegehren (anzufechtender Ratsbeschluss) fordert zum Beispiel eine erste Unterschriftenliste mit mindestens 25 Namen. Als Teil der Vorab-Prüfung müssen diese Unterzeichner „ihr Autogramm“ zudem auf einem bestimmten Formular hinterlassen. Auf diesem Papier muss bereits die finale Frage mit einer vermeintlich positiven Ausrichtung für einen möglichen Bürgerentscheid stehen. Im aktuellen Fall lautet sie: „Sind Sie dafür, dass keine Ausschreibung zur Teilprivatisierung der Technischen Betriebe Herdecke erstellt und durchgeführt wird, sondern diese zu 100 Prozent bei der Stadt Herdecke verbleiben?“

Auch die Wiedergabe einer Kostenschätzung seitens der Verwaltung gehört zu den geforderten Kriterien. Im Text oberhalb der Vertretungsberechtigten heißt es, dass die Stadt hinsichtlich der TBH-Umwandlung von mindestens 267.000 Euro Beratungskosten für eine „renommierte Kanzlei“ ausgeht.

All diese Vorgaben scheint der Lokalpolitiker erfüllen zu können. „Fünf Listen sind voll, die Vorab-Prüfung kann weiter gehen“, sagt Fischer, der sich auch wegen teils fehlender Angaben zum Geburtsdatum nicht sorgt. Wobei die Zeit drängt. Denn nach dem anzufechtenden Ratsentscheid vom 8. Dezember 2022 sind bereits viele Wochen verstrichen. Wichtig: Sobald die Verwaltung eingereichte Unterlagen sichtet, bleibt die Uhr quasi stehen. Sollte es Grünes Licht geben, steht dann wohl in diesem Frühjahr eine Sondersitzung zu dieser Vorab-Prüfung an.

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Nach der Ratssitzung außer der Reihe könnte Nico Fischer mit dem eigentlichen Begehren starten. Damit dieses zu einem finalen Bürgerentscheid an einem Wahlsonntag werden kann, benötigt er in einer Stadt mit bis zu 30.000 Einwohnern Unterschriften von acht Prozent der Wahlberechtigten, die bei der jüngsten Kommunalwahl registriert waren. Herausforderung: Das muss innerhalb von drei Wochen erfolgen. Konkret: Mindestens 1582 Unterschriften sollte das Ratsmitglied sammeln und bei der Bürgermeisterin einreichen. „Wir müssen dann jede einzelne Namensnennung überprüfen, das ist sehr aufwendig“, erklärt Fabian Haas, Leiter des Büros für Rats- und Verwaltungsangelegenheiten.

In einer weiteren Sitzung des Rates muss dieser dann Zweierlei entscheiden. In einem ersten Beschluss stellt dieser bei Erreichen der erforderlichen Anzahl an Unterschriften die endgültige Zulässigkeit des Begehrens fest. Danach müssen die Ratsmitglieder die gestellte Frage selbst beantworten. „Das ist quasi ein Vorab-Entscheid auf politischer Ebene“, sagt Haas und erläutert: Sollte das höchste Gremium der Stadt dann mehrheitlich mit Ja antworten, hätte sich das Bürgerbegehren erledigt. Sollte es – wie in der vergangenen Woche – zu viele Gegenstimmen geben, kommt es auf den Willen der Bevölkerung an.

Quorum als wichtiger Faktor

Erneut blieben drei Monate Zeit, um nach einem erfolgreiche Begehren einen Bürgerentscheid mit der gleichen Fragestellung umzusetzen. Bei dieser Abstimmung kommt ein so genanntes Quorum (Mindestteilnehmerzahl) von 20 Prozent der Einwohnerschaft ins Spiel: Die Initiatoren benötigen nicht nur die Mehrheit, sondern mindestens 3954 Ja-Stimmen für einen gültigen und rechtskräftigen TBH-Beschluss auf dieser demokratischen Ebene. Dazu zählen wie gewohnt auch Briefwahleingänge, ehe dann wie an einem klassischen Wahlsonntag ab 18 Uhr die Auszählung beginnt.

Rechtskraft und Verwaltungskosten

Ein erfolgreicher Bürgerentscheid beinhaltet eine zweijährige Sperrwirkung, innerhalb von 24 Monaten kann dieser rechtskräftige Beschluss nur durch ein erneutes Bürgerbegehren plus Abstimmung aufgehoben werden.

Ein theoretisches Konstrukt, wobei Herdeckes Rechtsdezernent Lars Heismann zu den aktuellen Themen noch anfügt: „Die Verwaltungskosten durch das derzeit laufende Verfahren darf eine Kommune den Initiatoren nicht in Rechnung stellen.“

All das weckt Erinnerungen an den ersten Bürgerentscheid 2013 in Herdecke. Damals hieß es (leicht verkürzt): „Sind Sie dafür, dass die Vinkenberg-Schule als eigenständige Grundschule an ihrem Standort bleibt und die Grundschule im Dorf 2014/15 ins Gebäude der früheren Grundschule Kirchende zieht, wenn die geplante Primus-Modellschule nicht errichtet wird?“ Das Ergebnis damals: Es gab zwar dafür eine Stimmen-Mehrheit, die Initiatoren erreichten aber nicht das Quorum. Heißt: Der schweigende Teil der Bevölkerung kann mitunter das Zünglein an der Waage sein.

Wann für die Bürgerschaft 2023 ein Gang in Wahllokale anstehen könnte, lässt sich derzeit nicht sagen. Jedenfalls klingt Fischer auch nach dem Unentschieden und der gleichbedeutenden Niederlage in der letzten Woche unverändert optimistisch, dass es nicht zur Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft komme. „Gemeinsam schaffen wir das“, meint er. Bekanntlich nimmt eine andere Gruppe in Herdecke eine unterschiedliche Haltung dazu ein.