Herdecke. Industriedenkmal-Stiftung: Die Geschäftsführerin erklärt, was Koepchenwerk-Besucher künftig erwarten können und wie es um den Schrägaufzug steht.

Das Koepchenwerk stand in den letzten Wochen oft im Blickpunkt. Im Dortmund-Tatort sprang jemand ins Speicherbecken, die geplante Sanierung der zwölf Leuchtbuchstaben an der Maschinenhalle am Hengsteysee-Ufer geriet ins Stocken, Wagemutige können womöglich eines Tages vom Schieberhaus in Herdecke per Zip-Line zur Hagener Seite gegenüber hinunterrutschen. Viele Themen für die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur als Eigentümerin der alten Anlage. Ursula Mehrfeld gibt als Vorsitzende der Geschäftsführung Einblicke in aktuelle Projekte und bewertet neue Ideen.

Welche Pläne gibt es derzeit für das Herdecker Denkmal und einstige Pumpspeicherkraftwerk, das RWE von 1930 bis 1994 betrieb?

Ursula Mehrfeld: Eine der Hauptaufgaben der Stiftung ist es, an den derzeit zwölf Standorten in NRW Fördermöglichkeiten auszuloten – auch in diesen schwierigen Zeiten. Am Koepchenwerk muss nach der erfolgten Grundsicherung des Denkmals nichts sofort in Angriff genommen werden, kleinere Maßnahmen stehen an, wobei wir auch große Projekte dort auf der Agenda haben. Die Sanierung der Druckrohre am Hang hat noch Zeit, die früheren Leitungen sind in einem recht guten Zustand. Die Entwicklungen an unseren Standorten treiben wir im engen Schulterschluss mit den jeweiligen Kommunen voran. In Herdecke stechen für uns zwei Themenfelder hervor.

Und zwar welche?

Da wäre zunächst die nationale Bedeutung dieses Denkmals, das eines der ersten beiden Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland war. Wir haben im Sinne unseres Satzungsauftrags eine wissenschaftliche Publikation in Auftrag gegeben, um die Technikgeschichte aufzuarbeiten. Ein Manuskript liegt vor, und natürlich planen wir eine Veröffentlichung. Zudem lassen wir in Absprache mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ein Gutachten von dem bekannten Denkmalpfleger Axel Föhl erstellen, um den historischen Wert des Koepchenwerks zu beleuchten. Das zweite große Aufgabengebiet ist für uns in Herdecke die touristische Qualität.

An der Stelle spitzten Besuchergruppen die Ohren...

Das besagte Gutachten soll uns helfen, an nationale Fördertöpfe zu gelangen. Dabei geht es zunächst um die Instandsetzung und weitere Sicherung des Denkmals, und dann um die touristische Attraktivität. Die wiederum wollen wir im Zusammenspiel mit der Stadt Herdecke fördern. Dafür benötigen wir ein Betriebskonzept, das wir derzeit entwerfen und auch schon mit den Ehrenamtlichen der AG Koepchenwerk beraten haben. Das Ergebnis werden wir gemeinsam der Stadt vorstellen. Als Stiftung streben wir an, eines Tages mit dem Denkmal mindestens eine Schwarze Null zu schreiben.

Zuletzt trat die Industriedenkmal-Stiftung hier öffentlich in Erscheinung, als es um Fördergeld zur Reaktivierung des alten Schrägaufzugs am Hang entlang ging. Wie ist da der Stand?

Um demnächst gemeinsam mit der Stadt Herdecke einen Förderantrag beim Land Nordrhein-Westfalen stellen zu können, brauchen wir ein tragfähiges Betriebskonzept auch für die Standseilbahn. Darin muss geklärt werden, wie sich die Abläufe wöchentlich an fünf oder sechs Tagen organisieren lassen. Noch stehen viele Fragen im Raum: Was soll eine Fahrt kosten, wo können Gäste aussteigen, soll die Beförderung Teil von Führungen sein, welche Anbindungen soll es oben geben?

Schlüsselgewalt nach der RWE-Übergabe: Seit 2016 verantwortet Ursula Mehrfeld als Geschäftsführerin der Industriedenkmal-Stiftung, was im Herdecker Koepchenwerk passiert.
Schlüsselgewalt nach der RWE-Übergabe: Seit 2016 verantwortet Ursula Mehrfeld als Geschäftsführerin der Industriedenkmal-Stiftung, was im Herdecker Koepchenwerk passiert. © Steffen Gerber

Klar ist: Beim Schrägaufzug müssen wir das Ehrenamt einbinden, die AG Koepchenwerk ist als Verein für uns ohnehin schon unglaublich wertvoll, in dem Zusammenhang erst recht. An unseren Denkmalstandorten haben wir insgesamt rund 2000 Freiwillige, die sich dankenswerterweise engagieren und wodurch ein „Netzwerk Industriekultur“ entstanden ist. Bei regelmäßigen Treffen können sich die Akteure austauschen, zum Beispiel über Erfahrungen mit außerschulischen Lernorten.

Was sagen Sie zur Machbarkeitsstudie, wonach eine Zip-Line am Koepchenwerk denkbar ist?

Ich finde alles gut, was uns in die Karten spielt und Menschen zu diesem besonderen Ort bringt, gerade junge Leute. Das Problem ist bekannt: Bei der Seilrutsche geht es um eine wirtschaftliche Nutzung, im erweiterten Zusammenhang mit einem Privat-Betreiber der Zip-Line dürfte es daher schwer werden, öffentliche Fördergelder für das Denkmal oder den Schrägaufzug zu erwirken. Das darf aber kein K.o.-Kriterium sein. Eine Zip-Line wäre ein wunderbarer Anlass, junge Menschen an diesen besonderen Ort zu bringen. Die Herausforderung besteht darin, einen Privat-Investor einzubinden, auch in das Betriebskonzept. Grundsätzlich sind wir offen für Kooperationspartner, um neue Projekte zu ermöglichen. Es dürfte aber eine riesige Herausforderung werden, Parkplatzfragen zu klären oder auch Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten festzulegen. Wir müssen zudem noch Belange von unserem Nachbarn RWE berücksichtigen. Von dieser Seite wurde uns aber bereits signalisiert, dass man sich eine Reaktivierung des Schrägaufzugs vorstellen kann.

Es schwirren weitere Ideen herum – zum Beispiel, eines Tages ein Hotel für den Radtourismus in der Maschinenhalle am Ufer zu eröffnen...

Das ist Zukunftsmusik, wir denken von Schritt zu Schritt und haben aktuell den Glaskasten an der Seeseite im Visier. Diesen Eingang am Ufer wollen wir eines Tages richtig aufwerten, also barrierefrei und denkmalgerecht gestalten. Erste Ideen dazu haben wir in einen Workshop unter anderem mit Professor Ulrich Borsdorf, dem Gründungsdirektor des Ruhrmuseums, und dem Verein entwickelt. Demnächst platzieren wir im Glaskasten neue Info-Tafeln für Besucherinnen und Besucher.

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In Bezug auf die Wiederherstellung der zwölf Koepchenwerk-Buchstaben müssen wir feststellen: Unser Reparatur-Konzept funktioniert nicht. Wir sind nun dabei, alternative Lösungen zu finden, die auch im Rahmen der zugesagten Gelder der NRW-Stiftung umsetzbar sind. Luft nach oben besteht noch hinsichtlich der Buchungen, in der Maschinenhalle können ja Hochzeiten und ähnliches für bis zu 200 Personen stattfinden. Auch diese Beispiele zeigen: Wir brauchen einen langen Atem. Und den haben wir.