Herdecke/Wetter. Energiekrise: Mark-E verkündet an einem Tag zwei Preiserhöhungen und kündigt noch eine für Herdecke an. Kreis und Kommunen appellieren an Bürger.

Die Sorgen wegen der Energiekrise nehmen zu. Sowohl auf Verbraucher-Seite als auch bei den Versorgern, Politikern und in kommunalen Verwaltungen. Die Schlagzahl schlechter Nachrichten steigt. In der vergangenen Woche kündigte beispielsweise Mark-E an einem Tag zwei Preissteigerungen an: Während sich viele Fernwärme-Kunden (wie berichtet) in Herdecke ab Oktober mit einem Aufschlag von rund 19 Prozent abfinden müssen, betrifft die Gaspreiserhöhung zum 1. November nur wenige in der Stadt an den Ruhrseen, da diesbezüglich hier die DEW21 bekanntlich der Grundversorger ist. Wobei natürlich auch das Dortmunder Unternehmen seit August die gestiegenen Kosten weitergibt.

Mark-E veröffentlichte noch eine weitere, wenig überraschende Meldung: „Auch beim Strom haben sich die Handelspreise für den langfristigen Einkauf massiv erhöht.“ Dank einer langfristigen Beschaffungsstrategie könne der Hagener Versorger die Gebühren noch stabil halten. Durch den von der Bundesregierung beschlossenen Wegfall der EEG-Umlage zum 1. Juli profitierten Kunden zwischenzeitlich sogar von einer Preissenkung. „Mark-E wird die stetig preiserhöhenden Effekte aber nicht mehr lange kompensieren können.“ Kunden auch in Herdecke sollten sich daher in absehbarer Zeit auch beim Strom auf eine spürbare Preiserhöhung einstellen. Wann genau? „Das lässt sich noch nicht exakt datieren, wir müssen darüber sechs Wochen vor Inkrafttreten informieren“, sagt Andreas Köster als Sprecher der Mark-E, die in Sachen Strom Grundversorger in Herdecke ist.

Kreis und Städte beraten

Zum Krisenmodus passt ein Appell des Ennepe-Ruhr-Kreises und der hiesigen Kommunen: „Energie einsparen, wo immer es möglich ist“, steht über einer Mitteilung, die den Angaben zufolge nach einem ersten gemeinsamen Treffen im Kreishaus entstand. Dort kamen Vertreterinnen und Vertreter der Energieversorger im Kreis (AVU, Stadtwerke), der Stäbe außergewöhnliche Ereignisse der kreisangehörigen Städte sowie des EN-Kreises zusammen, um über eine mögliche Energieknappheit im Winter zu beraten und Vorkehrungen zu treffen. „Noch ist absolut nicht vorhersehbar, ob es überhaupt zu einer Energiemangellage im Winter kommen wird“, sagte Astrid Hinterthür, Krisenstabsleiterin des EN-Kreises.

30 Prozent Anstieg

Wenige Herdecker müssen die Erhöhung des Gaspreises seitens Mark-E schultern. Das Unternehmen muss laut Mitteilung wegen Umlage-Regelungen beim Großteil seiner Kunden ab 1. November eine Netto-Preiserhöhung von 3,05 Cent pro Kilowattstunde vornehmen.

Für einen Durchschnittshaushalt bedeute das einen Anstieg von 30,6 Prozent.

Zurzeit strömt durch die einst wichtigste Pipeline Nord Stream 1 kein Gas. Ob ein Energieengpass eintritt, hänge von verschiedenen Faktoren ab: Etwa wie kalt der Winter wird, ob in absehbarer Zeit wieder Gas durch die Pipeline fließt oder wie der Ausbau von Flüssiggas-Terminals in Norddeutschland funktioniert. Aber vor allem, wie gut es im EN-Kreis jedem Einzelnen und den Firmen gelingt, Energie einzusparen. „Daher appellieren wir gemeinsam an die Bürgerinnen und Bürger, Energie einzusparen, wo immer es möglich ist, um uns für den Winter zu wappnen“, so Hinterthür. Alle müssen jetzt an einem Strang ziehen, den eigenen Energieverbrauch im Blick haben und möglichst den Verbrauch einschränken – egal ob Verwaltungen, Unternehmen oder private Haushalte.

Vorkehrungen treten in Kraft

Jeder könne seinen Teil beitragen, darin waren sich alle Teilnehmer der Sitzung einig. Der Kreis und die Kommunen wollen mit gutem Beispiel vorangehen. Geduscht werden könne in vielen öffentlichen Sport- und Schwimmbädern nur noch kalt, die Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden und Denkmälern werde nachts abgeschaltet, die Heizungen in Verwaltungen und Turnhallen würden ‘runtergedreht. Dazu kommen noch weitere Maßnahmen, die der Kreis und die Städte jeweils individuell vor Ort umsetzen.

Neben verschiedenen Energiesparmaßnahmen besprachen die hiesigen Verwaltungs-Verantwortlichen auch über Vorkehrungen in Sachen Bevölkerungsschutz. Sollte es doch zu Energiemangellagen und in Folge dessen zu eventuell flächendeckenden Stromausfällen kommen, wollen die Ämter in Wetter, Herdecke und im Kreis vorbereitet sein, um einsatz- und arbeitsfähig zu bleiben.

„Längere Stromausfälle kann es theoretisch immer geben, ob die Wahrscheinlichkeit momentan höher ist, weiß niemand sicher zu sagen“, sagt Rolf-Erich Rehm, Kreisbrandmeister und Abteilungsleiter für den Bevölkerungsschutz im Ennepe-RuhrKreis. Er rät den Bürgerinnen und Bürgern daher nicht nur jetzt, sondern grundsätzlich auf so eine Situation vorbereitet zu sein.

Taschenlampe, Wasserkasten, Ravioli und Kekse: Weiterführende Informationen, wie man sich am besten auf einen mehrstündigen Stromausfall vorbereitet, könne jeder auf der Internetseite des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (www.bbk.bund.de) nachlesen.

Keine Neukunden annehmen

In all ihren Mitteilungen sprechen die Versorgungsunternehmen von „verrückten Zeiten“ auf den Energie-Märkten. Das habe beispielsweise zur Folge, dass sowohl Mark-E als auch die AVU derzeit Neukunden keine Angebote unterbreiten. „Diese wären nicht markt-fähig“, sagt Andreas Köster, Unternehmens-Sprecher in Hagen. Die auch für Wetter zuständige AVU hatte – wie berichtet – zum 1. November Preiserhöhungen für Gas sowie Strom angekündigt und den Verbrauchern mitgeteilt: „Ihre Versorgung ist sichergestellt.“ Empfehlung: Kunden sollten die Abschlagszahlungen für Gas um 70 bis 100 und für Strom um 30 Prozent erhöhen.

Beide Unternehmen sehen einen kleinen Silberstreif am Horizont: Zu einer Preisentlastung werde die von der Regierung angekündigte Reduzierung der Mehrwertsteuer beim Gas von derzeit 19 auf dann sieben Prozent führen.