Herdecke. Dagmar Sommerfeld ist Teil eines losen Netzwerkes, das sich zugunsten des Wohnraumangebots in Herdecke mehr Daten und Bewegung der Stadt wünscht.

Einige sind vorübergehend nach Wetter gezogen, andere nach Dortmund oder Witten. Aber nach Herdecke zurück kommen würden sie eigentlich alle gerne. Im Umfeld von Dagmar Sommerfeld gibt es viele Familien, die sich den Traum vom Leben und Wohnen in Herdecke nicht verwirklichen können. Eine kleine Initiative sei daraus geworden, sagt Sommerfeld – und stellt Fragen vor allem in Richtung Stadtverwaltung.

Die Basis

Der Mangel an Baugrund und Wohnraum in Herdecke allgemein ist keine Neuigkeit. Was aber ist genau bekannt über die Suchenden und mögliche Entwicklungsgebiete? Dagmar Sommerfeld wünscht sich eine Bestandsaufnahme, damit Angebot und Nachfragende besser zusammen passen können. Die Fragen könnten lauten: Was genau wird gesucht, für welchen Familienstand bei welchem Einkommen? Ihr fehlen Daten und Fakten.

Die Stadtverwaltung verweist auf Nachfrage auf eine Interessenliste. Auf ihr können sich Bürger eintragen, die Interesse an einem städtischen Baugrund haben. Erfasst würden aber ausschließlich die Kontaktdaten der Interessenten. Weitere Angaben würden nicht erhoben.

Der Zuschnitt

Der Semberg, wo die Bebauung verdichtet werden soll, wird nicht reichen, ist Dagmar Sommerfeld überzeugt. Was sich in ihrem Netzwerk immer wieder gezeigt hat: Am Ahlenberg ist manchmal etwas zu haben, und doch kommt es oft nicht zum Zuschlag. Viele Käufer wollten keine großen Grundstücke mehr. Für junge Familien, so die Schulexpertin, sei das „nicht mehr zeitgemäß und nicht mehr ökologisch vertretbar.”

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Besser wäre es, auf großen Grundstücken weitere Häuser unterzubringen, auch schon wegen der Bezahlbarkeit. Verkauft würde am Ahlenberg oft zu sehr hohen Preisen. Doch: „Die Stadt hat die Teilung untersagt“, berichtet Dagmar Sommerfeld von mindestens zwei Fällen. Die Ursprungsgrundstücke seien 2000 bis 3000 Quadratmeter groß gewesen. Der Verkauf sei dann - ohne Teilung - nicht zustande gekommen.

Die Stadt verweist bei den Teilungsmöglichkeiten auf die jeweiligen Bebauungspläne. So gebe es für den Ahlenberg Festsetzungen zu Mindestgrößen für Baugrundstücke. Würde durch eine Teilung die Mindestgröße unterschritten, „kann dem Teilungsantrag von Seiten der Stadt nicht stattgegeben werden.“ Die Mindestgröße für Baugrundstücke am Ahlenberg liege bei 1000 Quadratmeter.

Die Infrastruktur

Bei einer ökologischen und ökonomischen Bodenbewirtschaftung verspürt Dagmar Sommerfeld Rückenwind aus Düsseldorf. „Die Koalition im Land will das eigentlich”, sagt sie und beruft sich auf die Koalitionsgespräche in Nordrhein-Westfalen von CDU und Grünen.

Zur Person: Dr. Dagmar Sommerfeld

Dr. Dagmar Sommerfeld hat eine Erstausbildung im Gesundheitswesen. Danach wechselte sie in die Schule.

Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin a.D. an der TU Dortmund und hat Schulentwicklungsprozesse begleitet.

Wiederholt hat sie sich in öffentliche Diskussionen ihrer Heimatstadt eingeschaltet, so zum den Erhalt des Freibades als kommunales Bad.

Dagmar Sommerfeld sieht sich als „gesellschaftliche Akteurin“, die teilhaben will an der Entwicklung ihrer Stadt.

Eines ihrer Themen ist auch die häusliche Gewalt, der sie sich als Mitglied der Soroptimistinnen in den Weg gestellt hat.

2017 ist von ihr das Buch „Kinder verstehen“ mit Lesebriefen für Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher und Studierende erschienen.

Doch eine schöne Wohnlage auf vertretbarer Grundstücksfläche allein würde ihr am Ahlenberg nicht reichen. Busanbindung, Einkaufen – hier gebe es noch Einiges, um den Ortsteil für junge Familien und Kinder aufzuwerten.

Das Management

Mehr Fakten, mehr Beweglichkeit und mehr Plan, das seien die Forderungen, die in der lockeren Initiative Suchender und am Thema Interessierter in Richtung Stadtverwaltung gestellt würden. Mehr Plan könnte die Berufung eines Baulandmanagers bringen. Die Stadt Herdecke sieht’s anders herum: Zur Zeit seien ausgenommen vom Baugebiet Am Berge keine größeren Wohnbauflächen vorhanden, weder privat noch städtisch: „Der Bedarf für eine solche Personalstelle ,Baulandmanager’ ist nicht gegeben.“

Der Hintergrund

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich zu. Es besteht ein zunehmendes öffentliches Interesse, insbesondere bei jungen Familien und der älteren Generation der über 70-Jährigen nach bezahlbarem Miet-Wohnraum und Erwerb von Eigentum, stellt Dagmar Sommerfeld fest. Von der neuen Landesregierung erhofft sie sich eine sozial gerechtere Wohn- und Bodenpolitik. Dieses Ziel verfolgt auch seit 2019 das lokale Netzwerk „Wohnungs- und Haus Suchende“. Der lose Verbund will dazu beitragen, bezahlbaren Wohnraum dauerhaft zu schaffen und zu sichern.

Zum Konzept gehört eine wertschöpfende Bodennutzung. Die Idee: Der Bau öffentlich geförderter Wohnungen wird deutlich verstärkt. Grundstücke im privaten Besitz sind auf Flächennutzungsmöglichkeiten zu prüfen. Da, wo Wohnbauentwicklungen möglich wären, sollen die Eigentümer durch entsprechende Bindungen und Kostenbeiträge an der Erreichung von wohnungspolitischen und sozialpolitischen Zielen beitragen. Gerade weil Boden immer mehr als Renditeobjekt gesehen werde, müsse gelten: „Boden darf nicht weiter zur endgültigen Ware werden.“ Lokale Bündnisse, so Dagmar Sommerfeld, sollen dazu einen Beitrag leisten.