Herdecke. Immobilien-Makler Wolfgang Sperz weiß aus 30 Jahren Erfahrung, warum Herdecke so teuer und der Häuser-Markt so leer gefegt ist.
Die Frage nach der Berufsbezeichnung ist mittlerweile geklärt: Makler war zwar ganz nett. Aber seit Jahren schon darf sich Wolfgang Sperz auch studierter Immobilien-Ökonom nennen. Bei den Kunden kommt das gut an. Seit 30 Jahren steht der Herdecker als selbstständiger Immobilienfachmann in deren Dienst. Was hat er zum Wohnungsmarkt und der schwierigen Häusersuche in Herdecke zu sagen?
30 Jahre Selbstständigkeit – was wird da gefeiert: das bloße Durchhalten oder die permanente Weiterentwicklung?
Wolfgang Sperz: Der digitale Fortschritt ist mir sehr entgegen gekommen: Mein erster Computer 1994 war ein Monster-Laptop, und seit 28 Jahren habe ich auch schon die gleiche Mobilnummer. Es ist weiterhin ein fortwährender Prozess der Erneuerung und Erweiterung. So hat Corona dazu geführt, dass wir stärker auch Online-Besichtigungen durchgeführt haben, selbst wenn das schade ist, weil einem das Bauchgefühl für die Kunden fehlt.
Was für ein Makler-Profil haben Sie?
Man könnte sich noch weiter spezialisieren, aber wir sind ja hier mehr oder weniger auf Dorfebene in Herdecke. Der Schwerpunkt liegt mittlerweile zu 95 Prozent auf der Gebrauchtimmobilie, und das kann dann durchaus auch mal eine Garage sein. Das hat etwas mit Kundennähe zu tun. Wenn da eine 87-Jährige kein Auto mehr fahren, aber ihre Garage loswerden will, sage ich natürlich auch da nicht nein.
Wie hat sich der Markt verändert?
Die Entwicklung in Herdecke war optimal positiv. Wir waren immer Schlafstadt zwischen den Großstädten. Man hat gearbeitet in Dortmund oder Wuppertal, aber gerne hier in Herdecke gewohnt, weil die Atmosphäre hier angenehmer ist als in den Großstädten. Der Freizeitwert ist hoch – und die Preise waren immer schon etwas außergewöhnlicher als anderswo. Der Gegenwert, in einer optimierten Wohngegend zu leben, ist allerdings auch außergewöhnlich hoch.
Gab es dabei eine Entwicklung?
In den Jahren hoher Zinsen haben sich die Preise relativ normal verhalten. In den letzten Jahren und der Coronazeit hat es eine Umkehr im Nachfrageverhalten gegeben. Geld war plötzlich egal. Das hatte einen exorbitanten Preisanstieg zur Folge. Wir liegen derzeit bei Neubauten bei 3700 Euro pro Quadratmeter. Das war vor fünf Jahren undenkbar. Da lagen wir bei 2000 Euro – wenn es hoch kam.
Gibt es weniger zu vermitteln oder ist die Nachfrage so stark angestiegen?
Beides trifft zu. Wir haben eine viel höhere Nachfrage. Das liegt auch an sehr vielen jüngeren Ehepaaren, die sehr gut situiert sind. Und: Wir können anders als früher nicht mehr so einfach davon ausgehen, dass ein Siebzigjähriger sagt, wir verkleinern uns jetzt mal und verkaufen das Haus oder die große Wohnung. Der Trend geht eher dahin, alte und wegen körperlicher Beeinträchtigungen nicht mehr nutzbare Immobilien im Wohnbereich zu verbessern. Das können Aufzüge sein oder breitere Durchgänge. Das hat natürlich den Markt verdünnt. Die Nachfrage wird immer mehr, das Angebot weniger.
Ist das für Makler eine schlechte Ausgangsposition oder sogar eine gute, gerade durch sein Know How?
In diesem Zusammenhang hat die Digitalisierung zunächst einmal dazu geführt, dass immer mehr Menschen zumindest hier in Deutschland meinen, sie könnten das Ganze auch allein bewerkstelligen. Die Qualifikation eines Maklers wird dabei viel zu oft auf das reine Angebot an Immobilien reduziert.
Haben sich Ihre Kunden vorher schon im Internet umgesehen?
Ja. 70 Prozent suchen zunächst selbst, nur 30 Prozent kommen direkt zu uns. Irgendwann wird der Interessent es leid, sich selbst zu kümmern. Ganz häufig höre ich: Wir suchen seit zwei Jahren, wir suchen seit drei Jahren – und finden nichts. Daher bieten wir schon länger an, dass sich Interessenten bei uns einschreiben lassen können und wir für sie suchen oder sie informieren, bevor wir in die offizielle Werbung gehen für Objekte. Ansonsten steht man auch hier in der Region in der langen Schlange von gerne mal 50 bis 70 Interessenten.
Ihr Vorsprung gegenüber dem Amateursucher?
Ich sehe und höre nicht viel mehr als der normale Verbraucher, wenn ich durch die Straßen fahre und die Augen aufhalte. Mein Vorteil ist zunächst der hohe Anteil an Bestandskunden. Viele Kunden lassen sich aber auch von den Summen inspirieren, die sie mal auf den Portalseiten gefunden haben. Das sind aber oft nicht die Preise, für die beim Notar unterschrieben wird. Ich dagegen kann die tatsächlichen Werte viel besser einordnen als die gefühlten. Ich weiß, welchen Betrag die Bank auch mitfinanzieren würde. Ich kann da realistischer ran gehen und bin nicht so motiviert durch meine Haben-Wollen-Wochen.
Was kann in Herdecke für eine Entlastung des Marktes getan werden?
Da hat die örtliche Politik so gut wie keine Stellschraube. Fläche und Land sind endlich. Wir haben jetzt eigentlich schon mehr Fläche überbaut, als es sinnvoll ist. Die Flächen, die Herdecke ausmachen, nämlich die vielen Grünbereiche, die lassen der Politik kaum Möglichkeiten, noch mal groß zuzulegen. Ein bisschen Lückenbebauung ist noch denkbar, viel mehr aber nicht. Wir haben diese wunderschönen Fachwerkhäuser. Da würden uns andere Behörden den Vogel zeigen, wenn wir da noch eine Etage drauf setzen wollten. Das ist nun mal Herdecke.