Herdecke. Corona hat Pläne für JeKits und Musikschule inklusive Überprüfung kostensenkender Maßnahmen vereitelt. Nun packt die Politik beides wieder an.

Das JeKits-Programm (Jedem Kind ein Instrument, Tanzen, Singen) beschäftigt nach 2019 erstmals wieder Verwaltung und Politik. „Eigentlich wollten wir das Programm nur noch für zwei Jahre auflegen, aber das Ministerium hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Demnach muss JeKits für vier Jahre und in allen Jahrgangsstufen eine Orchesterstunde angeboten werden, was auch große Auswirkungen auf unsere Grundschulen und Musikschule hat“, erläuterte Amtsleiterin Jessica Rausch kürzlich im Ausschuss für Schulen, Kultur und Sport. Einem Antrag auf Verlängerung der Übergangsfrist sei bereits entsprochen worden, so dass Herdecke nun zwei Jahre Zeit mit der Umsetzung habe.

Neue TVÖD-Lehrkraft suchen

Fakt ist zudem, dass zwei Lehrkräfte für den JeKits-1-Unterricht ab August nicht mehr zur Verfügung stehen. Das bedeutet: Im Schuljahr 2022/2023 können also fünf von neun JeKits-1-Stunden nicht gegeben werden. Davon sind neun Eingangsklassen betroffen, sprich in fünf dieser Klassen könnte kein JeKits-Unterricht stattfinden. Um diesen Engpass aufzufangen, will die Verwaltung eine auf drei Jahre befristete TVÖD-Lehrkraft einstellen, also eine Honorkraftstelle, die nach Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlt wird, weil es sonst keine Landesförderung gibt. Diese Kraft könnte zudem weggefallene Gruppenkurse der Elementaren Musikpädagogik an der Musikschule übernehmen (sechs Stunden pro Woche).

Zeitlicher Aufschub

Der zeitliche Aufschub in Kombination mit einer neuen TVÖD-Kraft mache es möglich, mit den Grundschulleitungen zu beraten, wie und in welcher Form JeKits in Zukunft Sinn mache. Denn auch die Grundschulen stünden laut Verwaltung wegen Platz- und Zeitproblemen unter Druck – hinzu kämen Umsetzung der Ganztagsbetreuung sowie sehr hohe Klassenfrequenzen durch die Kriegsflüchtlinge. Sylke Gröne (SPD) sprach sich für die Einstellung einer TVÖD-Kraft aus und meinte gar, drei Jahre seien zu wenig: „JeKits ist eine kulturelle Bereicherung, das sollten wir nicht sterben lassen.“ Zustimmung signalisierte zwar auch Andreas Disselnkötter (Grüne), aber: „Wir müssen uns fragen, ob JeKits die sinnvollste Form war oder ist, und ob es nicht auch andere Formen der musikalischen Grundausbildung gibt.“ Der Vorschlag mit der TVÖD-Stelle sei gut, „aber noch nicht gesichert. Hoffen wir mal, dass es klappt“, meinte Patrick Wicker von der CDU. Dennoch sei seine Partei „unzufrieden mit der Situation von JeKits und Musikschule. Wir müssen uns zusammensetzen und überlegen, macht JeKits Sinn, macht die Musikschule Sinn. Wir müssen häufiger im Arbeitskreis tagen, um einen Weg zu finden.“ Zu Jekits höre er zudem unterschiedliche Resonanz von Eltern, „und auch vor JeKits gab es schon musikalische Erziehung in den Schulen“.

Posten im Haushalt

Das Vorgehen der Verwaltung sei „gut begründet“, so Wilhelm Huck (FDP), „aber tatsächlich sind wir in Sachen Musikschule nicht weitergekommen, um den Zuschussbetrieb zu deckeln. Mal sind es 200.000 Euro, mal 250.000 Euro.“ Nach der für drei Jahre festgeschriebenen TVÖD-Stelle „müssen wir Alternativen finden, oder wir wissen, dass die Musikschule immer so viel kostet und müssen dann einen Posten in den Haushalt einstellen.“ Letztlich stimmten die Ausschussmitglieder einstimmig für den JeKits-Vorschlag der Verwaltung.

Einstimmigkeit auch bei Musikschul-Plänen

Einstimmig trug die Politik auch den Konsolidierungsvorschlag der Verwaltung, eine TVÖD-Lehrkraft befristet für drei Jahre an der Musikschule einzustellen (möglichst eine Lehrkraft, die JeKits und Musikschule abdeckt), um den Fortbestand der Einrichtung zu sichern und die Ausfälle der letzten zwei Jahre auffangen zu können. Zudem soll der Einzelunterricht von 150 auf 160 Stunden anzuheben. Die nach 2019 angedachten Maßnahmen, um das Defizit der städtischen Musikschule zu senken, sollten nach zwei Jahren auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden; doch wegen der Pandemie fand diese Überprüfung erst jetzt statt. Zu den Maßnahmen gehörten u.a. Stärkung und Ausbau des Gruppenunterrichts. Aber: Wegen Corona mussten Gruppen immer wieder verkleinert werden, es fand vermehrt Einzel- und Onlineunterricht statt.

Machen Maßnahmen Sinn?

„Die Befristung der Stelle macht Sinn, weil uns das mehr Flexibilität gibt. Auch eine größere Flexibilität im Einzel- und Gruppenunterricht ist gut. Sie darf nur nicht dazu führen, dass nur noch Einzelunterricht stattfindet“, warf Patrick Wicker ein. Nachvollziehbar nannte auch Andreas Disselnkötter den Ansatz der Verwaltung, obwohl aus der Kostenübersicht deutlich werde, „dass die Ziele nicht erreicht werden“. Und nur Corona reiche da nicht als Grund: „Es gab ja einen Strauß von Maßnahmen, den wir angestoßen haben. So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wenn die Maßnahmen nichts bringen, war ja alles sinnlos, was wir uns überlegt haben.“ Dazu merkte Patrick Wicker an, dass es sich immerhin um einen hohen sechsstelligen Betrag handele, „den wir für eine kleine Bevölkerungsgruppe ausgeben, den alle anderen mitfinanzieren müssen“. Im Schlagabtausch mit Sylke Gröne (SPD) positionierte die sich klar für die Musikschule: „Die SPD betreibt keine Klientelpolitik, aber wir finden es wichtig, dass es ein solches Angebot gibt.“

Anmeldezahlen

Im Schuljahr 22/23 startet (Stand 25. Mai) die Realschule mit 53 Schülerinnen und Schüllern (2 Züge), die FHS mit 118 (4 Züge).102 minderjährige Schüler sind seit Dezember 21 zugewandert, davon 18 unter sechs Jahren.Von den 83 schulpflichtigen Kindern stammen 71 aus der Ukraine, 8 aus Syrien, 4 aus Afghanistan. 44 sind bereits an Schulen vermittelt, 39 sind noch in der Vermittlung. Dafür zuständig ist das Kommunale Integrationszentrum (KI).