Ende. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke behandelt rund um die Uhr Herzinfarkte und Magen-Darm-Blutungen. Der Leitende Arzt Gruber hat weitere Pläne
Langsam, aber sicher setzt der Wandel ein. In den letzten zwei Jahren musste das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) viele Themen der Corona-Pandemie unterordnen. Natürlich ist das Virus auch in der Ender Klinik weiterhin präsent. Wer wüsste das besser als Dr. Jakob Gruber. Der Leitende Arzt der Abteilung für Innere Medizin musste in seinem Zuständigkeitsgebiet zuletzt viele Strukturen auflösen, Stationen neu einrichten und zahlreiche Lungenerkrankungen behandeln. „Auch einige unserer Mitarbeitenden hat es erwischt, eine Kollegin ist wegen Long-Covid nach wie vor berufsunfähig.“
Zugleich habe Corona auch neue Wege aufgezeigt. Gruber denkt dabei an die digitale Kommunikation, die Absprachen untereinander zum Teil vereinfache. Auch das Gemeinschaftsgefühl im GKH ließ sich demnach stärken, betraf die Pandemie doch alle Abteilungen.
Jetzt, Ende März 2022, lasse sich das Krisenmanagement immer mehr zurückfahren. „Seit Herbst 2021 und dem Jahreswechsel normalisieren sich die Patienten-Zahlen zunehmend, auch wenn die Betten-Belegungen im Vergleich zu 2019 noch niedriger sind“, sagt der Kardiologe, der 2003 als Facharzt zum Ender Krankenhaus kam und seit September 2019 die Abteilung für Innere Medizin leitet.
Erinnerungen an harte Corona-Zeiten
Das GKH musste während der gesamten Pandemie immer wieder mit Personalknappheit klar kommen. Aktuell bessere sich die Situation zunehmend, einzelne Ausfälle gebe es aber weiter. Eng war es laut Gruber vor allem im Frühjahr 2020, wobei das Krankenhaus stets die Patientenversorgung gewährleisten konnte.
Besonders in Erinnerung bleibt Gruber, als Senioren aus Herdecker Altersheimen vermehrt ins GKH kamen. Nicht alle überlebten das Virus. „Das macht etwas mit einem“, gibt der Arzt emotional zu. Zum Team der Inneren Medizin gehören 25 Ärzte, die über Teilzeitmodelle insgesamt 19 Stellen abbilden.
Und mit dieser richtet der Arzt den Blick auf andere Themen. Ein klar formuliertes Ziel: „Wir wollen uns in Sachen Notfallmedizin und regionale Erstversorgung besser aufstellen“, erklärt Dr. Jakob Gruber. Hintergrund: Herz-Kreislauf-Schwächen seien weiter Todesursache Nummer eins. Oft kommen aber auch Patienten mit akuten Beschwerden im Magen-Darm-Trakt (gastrointestinale Blutungen) zur Behandlung.
Als Krankenhaus der erweiterten Notfallversorgung – zu dieser Kategorisierung gehört unter anderem das Vorhalten eines Hubschrauberlandeplatzes – kann das GKH nun diesbezüglich eine 24-stündige Bereitschaft gewährleisten. Und das die ganze Woche über sowie an 365 Tagen im Jahr.
Das bedeutet: Zu jeder Tages- oder Nachtzeit können sich GKH-Ärzte beispielsweise um Herzkatheter kümmern oder eine Endoskopie vornehmen. Auch den Notfall-Kontakt zu anderen Abteilungen, etwa zur Radiologie, will das Kollegium der Inneren Medizin ausweiten und dafür neue Strukturen schaffen.
Spezialbehandlungen andernorts
14 Betten stehen auf der Intensivstation zur Verfügung. Lebensbedrohliche Behandlungen erfolgen in Westende auch in der so genannten Intermediate-Care-Station. „Da sind neben unserer auch andere Abteilungen involviert“, berichtet Dr. Jakob Gruber. Zugleich relativiert er steigende Ansprüche und Wünsche. Auch künftig könne das hiesige Krankenhaus keine Spezial-Notfälle nach Brandverletzungen, nach einem Polytrauma (also Akutbehandlungen verschiedener Körperregionen) sowie Unfall-Patienten mit Augen-Problemen oder aus der Sektion Mund-/Kiefer-/Gesichts-Chirurgie aufnehmen. Mit dem Niveau von Uni-Kliniken lasse sich laut Gruber wiederum die GKH-Behandlung von Schlaganfall-Patienten vergleichen. „Unsere Neurologie ist maximal gut aufgestellt.“ Das betreffe auch die Intensivstation.
„Wir wollten bei der Koordination von Magen-Darm-Erkrankungen, also bei der Gastroenterologie, einen Schritt nach vorne machen. Sowohl zugunsten der Herdecker als auch der Region“, sagt der Internist und freut sich über neues Personal. Kardiologen und Fachärzte für Gastroenterologie vergrößern das Team, womit gleichzeitig auch finanzielle Fragen auftauchen. Gruber antwortet: „Geld kommt dafür auch vom Bund. Zudem sollen sich die Ausgaben über eine höhere Anzahl in der Patientenversorgung amortisieren.“ Das bedeutet also, dass die Abteilung für Innere Medizin am GKH auch unter einem gewissen Leistungsdruck stehe.
Weitere Modernisierung geplant
Dabei reagiere das GKH eigentlich nur auf die starke Endoskopie-Nachfrage seitens Patienten mit Magen-Darm-Entzündungen (Morbus Crohn) aus ganz Nordrhein-Westfalen. Zur Stärkung dieses Fachbereichs entwickeln die Ärzte derzeit Modernisierungs- und Erweiterungspläne am Standort.
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Als Leitender Arzt der Kardiologie am Gerhard-Kienle-Weg will der Mediziner zudem auf eine Kooperation mit der Herzchirurgie des städtischen Klinikums Dortmund hinweisen. Da in Westende keine Bypass-Operationen erfolgen, kann das GKH Patienten zu den Kollegen in der benachbarten Großstadt schicken. „Wir können nach einer Erstversorgung hier dann auf digitalem Wege schnell Informationen mit den Dortmundern austauschen, um zeitnah reagieren zu können“, erläutert Gruber die Zusammenarbeit, wobei weitere Therapien nach dem Eingriff oder zur Herzkatheter-Behandlung wieder in Ende stattfinden könnten.
Apropos: Auch am GKH kristallisiere sich weiter der Trend zur ambulanten Versorgung heraus. „Die Patienten werden kränklicher, wenn sie lange im Bett liegen, also sollen die Zeiten im Krankenhaus verkürzt werden.“ Wobei Gruber und Co. dabei auch auf eine anthroposophische Komplexbehandlung und ganzheitliche Therapie-Ansätze verweisen. Als Beispiel nennt der Kardiologe die Herzschule des GKH. Wegen Corona und Kontaktreduzierungen habe sich der letzte Kurs deutlich in die Länge gezogen. Im Mai startet nun eine neue Gruppe – alle Plätze seien bereits ausgebucht, weitere Interessierte stehen auf einer Warteliste.
Im Zuge der fortschreitenden Ambulantisierung hat sich Gruber noch ein Ziel gesetzt: Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten verbessern. Ein gutes Vorbild sei die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft EN-Mitte in Wetter, das einen Kooperationsvertrag mit dem Gemeinschaftskrankenhaus hat. Ähnliches wünsche er sich auch für Herdecke, bei einem Entstehungsprozess würde er neue Strukturen nach dem Aus des „Herdecker Modells“ vor einigen Jahren mitaufbauen. „Kommunikation ist diesbezüglich ein ganz wichtiger Faktor.“