Wetter/Herdecke. Quarantäne für Schüler – ein schwieriges Thema. Die Amtsärztin im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt einen Überblick und berichtet von verärgerten Eltern.

Wer sich in der Pandemie mit den heute geltenden Quarantäne-Regelungen beschäftigen möchte, findet detaillierte Informationen in einem typisch deutschen Text. Das NRW-Gesundheitsministerium hat zum 9. Dezember eine aktuelle Fassung der (Achtung, Wortungetüm) Verordnung zur Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 und zur Regelung von Absonderungen nach Paragraf 30 des Infektionsschutzgesetzes auf der Internetseite www.mags.nrw veröffentlicht. Wer noch nicht abgeschreckt ist, kann sich ab Seite 9 das Kapitel 5 anschauen. In Paragraf 12 geht es um die Begriffsbestimmung und Inhalte der Quarantäne. Schnell zeigt sich, dass es sich um ein komplex Thema handelt.

Übersetzungshilfe kommt von Dr. Sabine Klinke-Rehbein. Die Amtsärztin vom Ennepe-Ruhr-Kreis berichtet zudem, wie problematisch derzeit die Anwendung der Quarantäne-Regeln in hiesigen Schulen ist. Erst ein ganz kleines bisschen Statistik. Am 14. Dezember 2021 hat das EN-Gesundheitsamt Kenntnis von 136 mit Corona infizierten Schülern an Ennepe und Ruhr. Dazu gehören 307 ermittelte Kontaktpersonen. Im Kreis befinden sich derzeit deutlich mehr Grundschulklassen im Vergleich zu weiterführenden Schulen in Quarantäne. Hört sich nach viel Arbeit an. Zudem rücken die Weihnachtsferien näher, so dass womöglich bei einigen ein Freitesten aus der Isolation heraus rund um den Jahreswechsel und abseits des Unterricht-Alltags erfolgen kann. Auch das müssen die Behörden dann später nachvollziehen können.

Einzelfälle derzeit in der Schule am See

Es gab auch bei uns blöde Phasen, was Quarantäne-Anordnungen angeht. Aktuell sind aber keine gesamten Klassen betroffen“, sagt Thomas Rosenthal, Leiter der Sekundarschule Wetter. In der gebe es aktuell zwei positive Corona-Fälle und zwei Schüler, die sich in Isolation befinden.

Empfand das Lehrer-Kollegium der Schule am See das mittlerweile dreifache Testen der Schüler pro Woche zunächst als anstrengend, habe sich auch diesbezüglich eine Routine eingestellt. „Das stört unseren Alltag kaum noch“, berichtet Thomas Rosenthal.

Doch zunächst etwas Hintergrundwissen. Beim EN-Gesundheitsamt gibt es ein Schul-Team, das während der Pandemie die Herausforderungen gemeinsam mit den Bildungseinrichtungen in den neun Städten hier bewältigen will. „Der Ennepe-Ruhr-Kreis gibt sich bis heute große Mühe bei den Quarantäne-Fragen und bei der Nachverfolgung von Kontaktpersonen“, sagt Dr. Sabine Klinke-Rehbein. Kein leichtes Unterfangen. Zumal die Fachleute im Schwelmer Kreishaus an einer Stelle auch Kritik an den Vorgaben des NRW-Gesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Instituts üben (damit stehen sie nicht alleine da). Über einen entsprechenden negativen Testergebnis können Kontaktpersonen nach fünf Tagen wieder den Unterricht besuchen. „Wir halten das für deutlich zu früh, weil immer wieder Fälle bekannt werden, wonach Kinder oder Jugendliche kurz darauf erneut Symptome haben und in der kurzen Zwischenzeit womöglich andere angesteckt haben“, meint die Amtsärztin und plädiert dafür, ein Freitesten frühestens nach sieben Tagen zu ermöglichen.

Unterschiedliche Dauer

Klinke-Rehbein erinnert daran, dass sich die Quarantäne-Vorgaben während der Pandemie einige Male änderten. Mal mussten sich Infizierte und Kontaktpersonen zwei Wochen lang isolieren, derzeit gelten zehn Tage für Kontaktpersonen mit der Möglichkeit auf Verkürzung über entsprechenden Testnachweis. „Bei der Variante Omikron gelten wieder 14 Tage für Infizierte und Kontaktpersonen, bei letzteren ohne Freitestmöglichkeit.“

Der normale Ablauf bei Quarantäne-Anordnungen: Die Schule meldet dem Amt Corona-Fälle, die zuständige Abteilung im Kreishaus ermittelt auf der Grundlage von Sitzplänen, Namenslisten und weiterer Rahmenbedingungen wie zum Beispiel im Sportunterricht dann Kontaktpersonen. „Glücklicherweise bleibt es oft bei Einzelfällen, so dass nicht die gesamte Klasse in Quarantäne muss. Aber auch das war verstärkt in jener Zeit der Fall, als die Maskenpflicht am Sitzplatz aufgehoben wurde.“ Und sei auch jetzt wieder häufiger bei insgesamt hohen Infektionszahlen zu beobachten.

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Bei dem Stichwort ergänzt Dr. Klinke-Rehbein, dass in Grundschulen sowie auch bei der Ganztagsbetreuung aufgrund anderer Konstellationen im Unterricht und beim Miteinander der kleineren Kinder oft eine intensivere Prüfung durch das Gesundheitsamt erfolge. „Da vermischt sich manches, an weiterführenden Schulen lassen sich Kontakt-Fragen in der Regel einfacher klären.“

Vorläufiges Fazit: Die Kooperation mit den Schulleitungen klappe aus der Sicht des Kreises sehr gut, vieles sei mittlerweile Routine. Wobei sich mit dem Ansteigen der Inzidenzzahlen auch das Arbeitspensum für das Gesundheitsamt erhöhe, was Quarantäne-Anordnungen für Schüler und gelegentlich für Klassen betrifft. „Es kommt auch vor, dass wir beim Gesundheitsamt Anrufe von verärgerten Eltern bis hin zu Beschimpfungen bekommen. Aus deren Sicht ist es natürlich schwierig, wenn ein Kind zuhause bleiben und betreut werden muss. Wir überprüfen das dann noch genauer“, sagt Dr. Sabine Klinke-Rehbein. „Manchmal fehlen in solchen Zusammenhängen allerdings Informationen, so dass wir diese Fälle noch einmal überprüfen. Gelegentlich ist dann auch eine Anpassung der Maßnahmen und Quarantänen erforderlich.“