Herdecke. Corona bestimmt auch den Alltag in der Realschule Herdecke. Während sich Kinder und Jugendliche infizieren, laufen Diskussionen zum Thema impfen.
In einem sind sich fast alle einig: Der Schlüssel, um die Pandemie zu besiegen, sind die Impfungen. Einige Schüler, die 12- bis 17-Jährigen, können sich bereits seit August impfen lassen. Demnächst sollen auch die Jüngeren eine Anti-Corona-Spritze erhalten.
Auch an den Schulen ist das Thema brisant: So wird im Zuge einer berufsspezifischen Impfpflicht auch über eine solche für Lehrende geredet. Die Lokalredaktion hat mit Kindern und Jugendlichen sowie Lehrern der Realschule am Bleichstein in Herdecke über das Thema gesprochen und konnte zusätzliche ein Stunde lang am Mathe-Unterricht teilnehmen.
Auch wenn die ersten Mediziner schon loslegen: Eine offizielle Empfehlung, auch Kinder unter 12 Jahren zu impfen, gibt es bis jetzt noch nicht. Das bedeutet: Schüler der Klassen 5 und 6 sind in der Regel noch nicht gegen Corona geimpft, einige aber wegen einer durchgemachten Infektion immunisiert. Doch auch viele ältere Schüler hadern noch mit dem Piks in den Arm: Zwar seien die Kinder nicht verpflichtet, den Impfstatus der Schule mitzuteilen, man bekäme aber schon mit, dass vor allem die Schüler der Klassen 9 und 10 am häufigsten geimpft seien, erklärt Anke Lohscheidt als Leiterin der Realschule.
Klassenlehrer Joachim Enk kann das bestätigen: „Je älter die Schüler sind, desto mehr sind sie auch geimpft.“ Eine zehnte Klasse, die er unterrichtet, sei sogar inzwischen komplett durchgeimpft.
Lehrer sind Beispiel für Kinder
Der Matheunterricht der Klasse 8c beginnt: Es herrscht wieder Maskenpflicht. Alle im Raum halten sich daran. Knapp die Hälfte sei hier geimpft oder genesen, erklärt Joachim Enk. Der Pädagoge teilt die Arbeitsblätter aus, die die Kinder in den nächsten 45 Minuten bearbeiten sollen. Prozentrechnen. Gruppenarbeit ist coronabedingt nicht möglich. Wohl aber das Üben zu zweit: „Hier haben alle ihre festen Sitzplätze. In Partnerarbeit können die Schüler also gerne lernen. Durch den Raum laufen soll aber vermieden werden“, sagt Enk.
Die Impfung – auch für Schüler und Jugendliche – befürwortet er ausdrücklich: „Ich bin der Überzeugung, dass die Schüler das auch so sehen.“ Mit seiner eigenen Immunisierung geht der Lehrer transparent um. Er selbst sei vor kurzem „geboostert“ worden und habe wegen der Impfreaktion einen Tag gefehlt. „Die Kinder wissen, warum ich einen Tag nicht da war. Ich nehme mich da selbst auch als Beispiel für die Schüler.“
Besser den Arzt fragen
20.000 Kinder zwischen 5 und 11 Jahren leben im Ennepe-Ruhr-Kreis, teilt dieser mit. Jana Ramme, organisatorische Leiterin des EN-Pandemieteams, zur Frage, ob diese Gruppe gegen Corona geimpft werden sollte oder nicht: „Erste Ansprechpartner für die Familien sind die Kinder- und Jugendärzte.“
Und zu möglichen Kinderimpfungen im Kreis ab 14. Dezember: „Wie immer seit dem Impfstart gegen Corona gilt es aber natürlich, möglichst viele Angebote und Anlaufstellen zu schaffen. Hieran beteiligen wir uns selbstverständlich“, so Ramme.
Die coronabedingten Fehlzeiten sind hoch: Eine Schülerin im Klassenraum ist gerade aus einer dreiwöchigen Quarantäne gekommen. Andere waren vor einigen Wochen selbst infiziert. So auch der 13-jährige Julien: „Ich hatte Corona. Es war schlimm. Mir ging es zwei Wochen sehr schlecht“, sagt er und erklärt, er habe sich während der Erkrankung kaum bewegen können. Auch deswegen ist er für die Impfung: „Es sollten sich einfach alle freiwillig impfen lassen.“
Die 14-jährige Shahd ist bereits geimpft und hatte daraufhin kaum Reaktionen, versteht aber die Sorgen mancher: „Viele hatten starke Nebenwirkungen und haben deswegen Angst. Bei mir war es das Gegenteil“, sagt sie und freut sich, einige Freiheiten zurückbekommen zu haben. Für beide ist jedenfalls eines klar: Distanzunterricht von zuhause darf sich nicht wiederholen. „Ich habe fünf Geschwister. Da ist zuhause lernen schwierig und nervig“, sagt Shahd.
Bei Julien hätten sich die Noten im Distanzunterricht zwar verbessert, aber auch er möchte nicht mehr tauschen: „Es ist schlimm, wenn man seine Freunde nicht mehr treffen kann.“ Auch Joachim Enk sieht das ähnlich: „Das Untereinander zwischen Lehrern und Schülern ist nicht zu ersetzen.“
Der Verantwortung gerecht werden
Ein weiteres kontroverses Thema: Impflicht für Lehrer. Bevor die Debatte der allgemeinen Impflicht alles andere überdeckte, wurde im Zuge einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht, die wohl demnächst von der Politik vor allem für medizinisch-pflegerischen Berufe beschlossen werden wird, auch über eine Impfpflicht für das Lehrpersonal diskutiert. „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen, die Kontakt zu Schutzbedürftigen haben, ihre Verantwortung dort wahrnehmen“, sagt Rektorin Anke Lohscheidt diplomatisch. In ihrer Schule läge die Impfquote so wie im Landesdurchschnitt bei 90 Prozent.
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Auch eine generelle Impfpflicht würde die Pädagogin begrüßen, allerdings wisse sie aber auch um die Probleme, die so etwas mit sich bringen könnte. Lohscheidt: „Mit aufgebauten Widerständen ist auch nicht viel zu gewinnen. So brechen vielleicht Konflikte auf, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben.“