Wetter. Folge der Corona-Maßnahmen: Auch eine Arztpraxis in Wetter ist derzeit stark frequentiert, da sich Krankheiten verspätet bei Schülern auswirken.

Schwere Atemwegsinfektionen, zahlreiche Magen-Darm-Erkrankungen: Zurzeit sind viele Kinder krank. Kinderkliniken und -praxen arbeiten vielerorts an ihrer Kapazitätsgrenze. Die heftigen Infektionswellen sind – so die Einschätzung von Experten – eine Folge der Corona-Maßnahmen. Geschlossene Schulen, Masken und Abstand haben Infektionen ferngehalten, aber so auch das Immunsystem der Kleinsten geschwächt.

„Die Maßnahmen waren wichtig, richtig und nötig. Aber für das heranreifende Immunsystem von Kleinkindern waren sie tatsächlich nicht günstig“, sagt auch Götz Büttner, Kinderarzt aus Wetter. Schließlich „lernt“ das Immunsystem aus der Auseinandersetzung mit Keimen – Jahr für Jahr aufs Neue. „Und dieses Lernen ist im vergangenen Jahr zu einem großen Teil weggefallen“, so Büttner.

Volles Wartezimmer

In seiner Praxis herrscht bereits seit Wochen Hochbetrieb. „Angefangen hat es im August. Das war sehr früh dieses Jahr“, so der Kinderarzt. Seit September habe sich das Infektionsgeschehen dann gesteigert.

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Besonders das Respiratorische Synzytial Virus (RSV) macht Medizinerinnen und Medizinern in ganz Deutschland Sorgen. Der Erreger löst akute Atemwegserkrankungen aus und kann insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern für schwere Verläufe sorgen. Wurden vor der Pandemie laut Robert-Koch-Institut wöchentlich 60 bis 70 Kinder zwischen ein und vier Jahren wegen schwerer Atemwegsinfekte in Kliniken eingewiesen, waren es bereits Anfang Oktober doppelt so viele. „Die Fälle, die es im letzten Jahr nicht gab, werden jetzt quasi nachgeholt“, beobachtet auch Götz Büttner einen deutlichen Anstieg der RSV-Infekte. „Wir haben zwei Jahrgänge, die frisch in diese Infektionen reingehen – und dementsprechend sind die Zahlen sehr hoch.“

Hinter einer dieser Zahlen steht die jüngste Tochter von Stefanie Beck. Im Alter von drei Wochen wurde der Säugling mit RS-Virus in die Klinik eingewiesen, dort mit Sauerstoff versorgt und engmaschig überwacht. „Das waren schon Tage voller Sorge“, so die Wetteranerin. Insbesondere, weil auch die älteren Geschwister seit September im Wechsel an starken Atemwegsinfektionen erkrankt waren. Auch wenn zurzeit alle wieder gesund sind, den Kindergarten und die Schule besuchen – Stefanie Beck bleibt angesichts der vielen Infektionen vorsichtig. „Ich wäge genau ab, zu welchen Veranstaltungen und Terminen wir gehen, ob diese drinnen oder draußen stattfinden und wie viele Menschen erwartet werden“, so die Ärztin.

Türöffner für Infektionen

„Man ist schon verunsichert“, erzählt eine weitere Mutter aus Wetter. Ihr 3,5 Monate alter Sohn hatte wochenlang mit einer starken Bronchitis zu kämpfen und ist noch immer angeschlagen. „Da bin ich natürlich sehr vorsichtig“, sagt die 40-Jährige, deren Tochter (6) aber jeden Tag in der Schule verschiedene Kontakte hat, sich zum Spielen verabreden oder zum Voltigieren gehen will. „Das alles kann natürlich wieder ein Türöffner für neue Infektionen sein“, weiß die Wengeranerin. Doch ganz abschotten möchte sie ihre Kinder auch nicht mehr. „Es ist einfach ein Spagat, den man machen muss.“

Dritte Folge der Serie

Seit Oktober will die Lokalredaktion mit ihrer Corona-Serie aufzeigen, wie sich die Pandemie immer noch in den heimischen Schulen auswirkt.

Nächste Woche Mittwoch folgt ein Bericht zur Oberlinschule in Volmarstein, danach geht es um die FHS Herdecke.

Dass sich die Zahl der Infekte bei Kindern wieder normalisieren wird – da ist Götz Büttner sicher. Doch noch ist die Kinderarztpraxis im Zentrum von Wetter stark frequentiert. Seit den Herbstferien sei aber ein „gewisses Maximum erreicht“, so der Arzt, der hofft, dass es sich nicht weiter steigert. „Ansonsten kommen wir allmählich an die Kapazitätsgrenzen.“