Wetter/Herdecke. Obwohl seit dem 2. November die Maskenpflicht am Sitzplatz für Schüler beendet ist, tragen sie viele am Gymnasium in Wetter und Herdecke weiter.

Es klingt wie eine Zäsur, wie das Ende einer Epoche: Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat in der vergangenen Woche entschieden, die Maskenpflicht in den Schulen für alle Jahrgänge ab dem 2. November auch in den Unterrichtsräumen am Sitzplatz aufzuheben. Die Lokalredaktion hat sich nun am Dienstag bei Jugendlichen von den beiden Gymnasien in Wetter und Herdecke umgehört, wie der Alltag aussieht.

Elina, Marie und Mara stehen in der großen Pause auf dem Schulhof des Geschwister-Scholl-Gymnasiums beieinander. Die drei Schülerinnen aus der Jahrgangsstufe Q2 in Wetter tragen Maske – obwohl sie doppelt gegen Corona geimpft sind und der Mund-Nasen-Schutz im Freien schon länger nicht mehr nötig ist. Nach den ersten beiden Unterrichtsstunden am Dienstag resümiert Elina: „Heute Morgen haben fast alle am Sitzplatz weiterhin ihre Maske getragen.“ Die Jugendliche befürwortet das: Angesichts wechselnder Nachbarn und unterschiedlicher Kontakte in den verschiedenen Oberstufen-Kursen sei die freiwillige Basis sinnvoll. „Auch wenn man schlechter Luft bekommt und manche die Maske blöd finden, so sollte man doch funktionierende Konzepte fortsetzen.“

Marie nickt zustimmend. „Ich verstehe, wenn jemand nach der langen Zeit nun keine Maske mehr tragen möchte. Ich fühle mich aber sicherer, wenn sie doch weiterhin aufgesetzt wird.“ Die Gymnasiastin denkt auch an das Umfeld von Schülerinnen und Schülern, also an Personengruppen mit einem erhöhten Infektionsrisiko. „Wir sollten uns bestmöglich schützen und an die Regeln halten“, sagt Mitschülerin Mara und schaut sich auf dem Schulhof um, wo viele Gesichter auch unter freiem Himmel hinter einem Mund-Nasen-Schutz verschwinden. Am Geschwister-Scholl-Gymnasium gebe es diesbezüglich einen offenen Austausch mit den Lehrern, wobei Mara auch an die neuen Quarantäne-Bestimmungen denkt. Grundsätzlich plädiert das Trio für einen „respektvollen Umgang“ miteinander, lobt die drei Corona-Testungen pro Woche und weist auch darauf hin, dass in der gesamten Stufe Q2 nur ein halbes Dutzend nicht geimpft sei.

Gesundheitsamt empfiehlt weiterhin Schutz

Der Krisenstab sowie das Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises empfehlen – wie berichtet – angesichts stark steigender Inzidenzen dringend, im Unterricht und während der Ganztags-Betreuung weiterhin die bewährten Masken zu tragen.

Es gelten auch neue Vorgaben zur Quarantäne. Seit Dienstag gilt diese zusätzlich für den unmittelbaren Sitznachbarn der infizierten Person (davon ausgenommen sind vollständig geimpfte und genesene Schülerinnen und Schüler ohne Symptome).

Auch auf dem Hof der Herdecker Friedrich-Harkort-Schule (FHS) drehen sich viele Gespräche um die veränderten Corona-Regeln. Der 17-jährige Erik aus der Jahrgangsstufe Q1 betrachtet das Ende der Maskenpflicht am Platz kritisch. „Das ist auch eine Frage der Solidarität, die dort weiter zu tragen.“ Die gleichaltrige Johanna stimmt zu. „Die Infektionszahlen steigen, ich sehe weiterhin viele Risiken durch Corona. In den Kursen bei uns reagieren meine Mitschüler unterschiedlich auf die neuen Bestimmungen. Die Maske gibt mir aber ein gewisses Sicherheitsgefühl.“

Andere Argumente führt Jannis aus der Q1 an. „Ohne Maske kann man sich besser verständigen und versteht die Lehrer auch besser“, meint der Herdecker Gymnasiast und erinnert auch daran, wie unangenehm beispielsweise der Sportunterricht deswegen gewesen sei. Er begrüßt wiederum, dass auf den Fluren weiterhin ein Mund-Nasen-Schutz verpflichtend ist.

Sorgen wegen Welle im Winter

Unterdessen beobachtet Schülersprecher Max Schneevoigt zwei Tendenzen am Friedrich-Harkort-Gymnasium. „Die älteren Jahrgänge tragen auch im Freien häufiger Maske als die Fünft- oder Sechstklässler, die wollen in den Pausen vermutlich noch mehr toben.“ Der 17-Jährige berichtet, dass in seiner Stufe Q1 nur zwei oder drei Jugendliche nicht geimpft seien. Er selbst sorgt sich angesichts zunehmender Impfdurchbrüche und steigender Infektionszahlen, dass bald wieder Quarantäne für manche Klassen ansteht. Er habe diese aus seinem Schulumfeld zweimal erlebt. „In einem Fall kam das Gesundheitsamt nicht hinterher, die Infektionskette nachzuvollziehen. Und beim zweiten Geschehen galt Quarantäne für Einzelpersonen, da fehlte zum Beispiel aber auch ein Viertel eines Kurses. Wollen wir hoffen, dass die Welle jetzt im Winter nicht so schlimm ausfällt und weiter immer mehr Normalität Einzug hält.“

Kritik und zwei Seiten der Medaille

Ursula Zimmer, Leiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) in Wetter, betrachtet die seit dem 2. November geltende Regelung kritisch. „Ich sehe das wie viele Lehrerverbände: Die Infektions-Zahlen gerade in diesen Altersstufen steigen derzeit, weil viele Schüler noch nicht oder erst einmal geimpft sind. Daher verstehe ich Empfehlungen, die Maske weiterhin zu tragen.“

Zimmer sieht jedoch auch die andere Seite der Medaille. „Manche der jüngeren Schüler haben ihre Lehrer noch nie ohne Maske im Unterricht gesehen. Man könnte deshalb ja auch sagen: Endlich fällt die Verpflichtung. Und es ist ja auch weiterhin gut und richtig, dass dreimal in der Woche getestet wird.“ Insofern ermögliche die neue Regelung auch ein höheres Maß an Freiheit, die Leiterin des Gymnasiums befürwortet daher den Aspekt der Freiwilligkeit. „Das haben wir als Schulleitung den Eltern auch in einem Brief mitgeteilt, dass jeder sich Gedanken machen kann und es jedem freisteht, weiterhin einen Mund-Nasen-Schutz auch am Sitzplatz zu tragen.“ Auch Andreas Joksch und Jens Büscher-Weil als Leiter der Herdecker Friedrich-Harkort-Schule haben in ihrem Schulbrief vom 29. Oktober auf diesen Aspekt hingewiesen.

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Am GSG wiederum wollen die verantwortlichen Pädagogen weiter die Pandemie-Konzepte aufrecht erhalten. „Da wir bisher nur vereinzelt Corona-Fälle hatten und bisher zum Glück noch nie längere Infektionsketten nachverfolgen mussten, scheint unsere Strategie gut zu funktionieren. Wobei die Kinder und Jugendlichen hier auch sehr diszipliniert sind“, meint die Schulleiterin und lobt in diesem Zusammenhang auch die Stadt Wetter. Diese habe als Schulträgerin viele Lüftungsgeräte in Klassenräumen installiert und weitere in Aussicht gestellt. „Wir sind da in einem permanenten Austausch.“

Zurück zur aktuellen Diskussion rund um die Maskenpflicht. Ein falscher Ansatz wäre es nach Ansicht von Ursula Zimmer, wenn in den nächsten Tagen oder Wochen eine neue Vorgabe die aktuelle Regelung ersetzen würde. „Ein Hin und Her bei den Bestimmen wäre nicht sinnvoll. Ich glaube zudem, dass die Eltern mit der Situation vernünftig umgehen.“

Kinderärzte an der Belastungsgrenze

Perspektivwechsel. Auch aus den Reihen der Eltern sind viele kritische Stimmen zu vernehmen. Ein Beispiel aus Wetter. „Auch wenn die Maskenpflicht mal fallen muss, ist es jetzt zu Beginn des Winters der ungünstigste Zeitpunkt“, sagt Dr. Marcus Beck. Der Vater eines schulpflichtigen Kindes begründet das wie folgt: „Kinderkliniken und Kinderärzte sind aktuell schon an der Belastungsgrenze durch Corona-unabhängige Infektionskrankheiten, die mit dem Maskenfall weiter steigen werden.“

Ähnliche Bedenken wie Beck hatte zuletzt auch das Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises geäußert. Von dort kam die Empfehlung, auch in Gebäuden weiterhin Masken zu tragen.