Herdecke. Nach dem Hochwasser im Haus Hauptstraße 106 muss der Herdecker Brotkorb seine etablierte Ausgabestelle aufgeben. Wer kann neue Räume anbieten?

Durch das Hochwasser fühlen sich die Vereinsmitglieder des Herdecker Brotkorbs an die Anfangszeit erinnert. Damals, im November 2013, startete die Tafel in der Stadt an den Ruhrseen bei Null. Als Gründerin Irmingard Schewe-Gerigk bei ihrer Abschiedsrede als Vorsitzende kürzlich die aktuelle mit der früheren Situation verglich, stimmten viele zu. Allerdings mit einer gravierenden Einschränkung: Heute gebe es eine funktionierende Organisationsstruktur und zahlreiche Aktive, die diese wieder mit Leben füllen wollen.

Dennoch muss der Herdecker Brotkorb einen Neustart hinlegen. Das wichtigste Thema: eine neue Ausgabestelle finden. Der Grund: In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli drang in den bisherigen Abholort an der Hauptstraße 106 so viel Wasser ein, dass dort so gut wie nichts mehr zu retten war. „Das Wasser stand hüfthoch, brauner Schlamm hatte die Einrichtung überzogen. Wir mussten auch fast alle Lebensmittel wegwerfen“, berichtet der Vorstand. „Dabei hatten wir kurz zuvor bei einem Großeinkauf mehr als 550 Euro ausgegeben.“ Nur einige Stahlregale, zwei Kühlschränke und die Kaffeemaschine warfen die Vereinsmitglieder, die gleich nach dem Unwetter mit dem Aufräumen begannen, nicht auf den Sperrmüll. Dort landeten Tische, Theken, Stühle oder Holzgestelle, die einst in wochenlanger Eigenarbeit und mit viel Herzblut entstanden.

Räume besenrein übergeben

Geschockt nahmen die Brotkorb-Aktiven das Ausmaß der Schäden zur Kenntnis. „Eine Katastrophe.“ Und eine Zäsur. „Wir dachten zunächst etwas naiv, dass wir da einmal durchputzen und zeitnah weitermachen können.“ Doch nachdem das Foodsharing-Team aus Witten die verbliebenen Lebensmittel abgeholt hatte, traf sich der Vorstand zu einer Krisensitzung. In Gesprächen mit dem Vermieter, der Familie Dittmar, kamen die Beteiligten zur Erkenntnis: Die längst etablierte Ausgabestelle an der Hauptstraße ist Geschichte. „Das Erdgeschoss dort muss umfassend saniert werden. Wir sind Lucie und Udo Dittmar unheimlich dankbar, dass sie uns die Räume seit Januar 2014 kostenlos zur Verfügung gestellt haben“, sagt die kürzlich zur Vorsitzenden gewählte Gabriele Langer.

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Die Überschwemmung Mitte Juli rief in Erinnerung, dass die Örtlichkeit nicht perfekt war. Schwierigkeiten gab es beispielsweise beim Parken für Brotkorb-Fahrer, die Waren von den Lieferanten abholten und die Lebensmittel an der Hauptstraße 106 ausladen wollten. Durch den Neubau nebenan verkompliziere sich die Situation. Zudem bleibe der hinter dem Haus fließende Herdecker Bach quasi eine dauerhafte Bedrohung, ohne dass jemand eine erneute Flut herbeireden möchte. Die Räume selbst passten zu den Anforderungen einer Tafel.

Kontakt zur Tafel über Lokalredaktion

Wer dem Herdecker Brotkorb möglichst Erdgeschoss-Räume für die Lebensmittelausgabe jeden Mittwoch sowie Anlieferungen am Montag und Dienstag bereit stellen möchte, kann sich in der Lokalredaktion melden (Mail: wetter@westfalenpost.de, 02335-9708610). Der Kontakt wird vertraulich an die Ehrenamtler weitergeleitet.

Der kürzlich wiedergewählte Vorstand tauscht sich regelmäßig aus und hat auch die Vereinsmitglieder gebeten, bei der Raumsuche zu helfen.

Zum Brotkorb-Verein gehören aktuell 45 Mitglieder, mehr als die Hälfte ist aktiv und versorgt die fast 60 Kunden nach entsprechender Vorlage eines Sozialausweises mit Waren.

Daher sucht der Brotkorb nun ähnliche Möglichkeiten. Es gab erste Kontaktaufnahmen und Besichtigungen in Herdecke, doch etwas Passendes war nicht dabei. Ergo bittet der Verein Immobilienbesitzer oder andere um Hilfe, um Angebote. „Wir können auch eine kleine Miete zahlen“, so die Vorstandsmitglieder. Die Ehrenamtler benötign mindestens 70 Quadratmeter Platz, möglichst einen großen Raum zur Ausgabe und zum Sortieren sowie eine Lagerfläche. All das gut erreichbar, also möglichst im Zentrum bzw. stadtnah und nahe einer Bushaltestelle. Kein leichtes Unterfangen, wie der neu gewählte Kassierer Stefan Woicke berichtet. „Viele sind hier aktuell auf der Suche.“ Dennoch hofft die stellvertretende Vorsitzende Martina Vierke: „Es wäre gut und wünschenswert, wenn wir im Sinne der bedürftigen Herdecker schnell wieder öffnen könnten.“

Dauerhafte Lösung gesucht

Eine provisorische Lösung strebt der Verein aus organisatorischen Gründen nicht an. Wobei der Hagener Warenkorb von der Caritas vorübergehend übrig bleibende Lebensmittel aus Herdecke abholt. „Unverändert bleibt es ja das Ziel des Brotkorbs, dass möglichst nichts weggeworfen wird“, so Vorsitzende Langer. Besonders bedürftige Kunden können in der Zwischenzeit Hilfe vom heimischen Verein zur Förderung christlicher Sozialarbeit (VCS) erhalten.

Grundsätzlich fühlt sich der Vorstand motiviert und kämpferisch, um die existenzbedrohende Situation zu meistern. „Der Herdecker Brotkorb“, so sagt es Gaby Reiz, „ist auch unser Baby, dieses hat gewissermaßen 27 Väter und Mütter“, meint die Beisitzerin und denkt an die entsprechende Zahl der Gründungsmitglieder, von denen viele bis heute mitmachen und sich allesamt ein Fortbestehen wünschen.