Herdecke. Erhöhte Kosten, ungerechtfertigte Abbuchungen vom Konto und nicht erbrachte Leistungen – die Convivo-Gruppe schweigt zu den Vorwürfen.

Es sind massive Vorwürfe, die Angehörige von Heimbewohnern des Seniorenhauses Kirchende gegen Convivo erheben: eine Investitionskostensteigerung von zum Teil über 50 Prozent, der Versuch, Grundsteuernachzahlungen von den Bewohnern auch nach Ablauf der Frist zu bekommen und die Berechnung von Aktivitäten, die gar nicht stattgefunden haben. Aber der Reihe nach.

Gut zehn Tage ist her, als den Bewohnern des Seniorenhauses Kirchende ein Schreiben des Betreibers Convivo ins Haus flatterte. Überschrift: „Information zur Änderung der Investitionskosten ab 1. August 2021, Änderung gem. § 9 Abs. 2 WBVG“. Darin werden die Bewohner darüber informiert, dass sie ab dem angegebenen Datum mehr zahlen müssen. „Für uns als Betreiber sind die Investitionskosten die Refinanzierungsgrundlage für Gebäude und Grundstück, Inventar, Kfz sowie Instandhaltung. Zu bestehenden Investitionen, die über die aktuellen Investitionskostensätze refinanziert werden konnten, kommen im laufenden Betrieb notwendige neue Investitionen hinzu. Diese ergeben sich aus erfolgten und geplanten umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.“

Verschlissener Teppich

Und genau an dieser Stelle des Briefes schüttelt ein Angehöriger (Name der Redaktion bekannt) den Kopf. „Welche Sanierungsmaßnahmen? Der Teppich im Eingangsbereich ist vollkommen zerschlissen und vergammelt. Wenn jemand stirbt und das Zimmer neu bezogen wird, kommt der Hausmeister und streicht einmal drüber“, regt er sich auf. „Wenn ich keine Renovierungen vornehme, dann kann ich dafür auch keine Kosten berechnen“, meint er. Wenn er den Eindruck hätte, es würde wirklich etwas im Seniorenhaus Kirchende gemacht, würde er gerne bezahlen. „Aber die Transparenz ist einfach nicht vorhanden“, meint er.

Die Investitionskosten sind ein Entgeltbestandteil von mehreren, die die Bewohner zahlen. Hat ein Bewohner beispielsweise die Pflegestufe 4, wird also Rundum-versorgt, bekommt drei Mahlzeiten täglich, muss er diese Leistungen natürlich bezahlen. Im Seniorenhaus Kirchende kommen somit beispielsweise für den Pflegesatz Pflegegrad 4 (rund 2700 Euro), für Altenpflegeausbildungsvergütung und Ausbildungsumlage (fast 200 Euro), Verpflegung (etwa 450 Euro), Unterkunft (rund 590 Euro), Investitionskosten im Einzelzimmer (bisher 335,53 Euro) sowie die Position Barbetrag Privat - Automatik (100 Euro) mit dem beispielsweise Fußpflege und Medikamente bezahlt werden zusammen. Weitere Leistungen können natürlich dazu gebucht oder auch die Verpflegung, wenn nicht notwendig heruntergerechnet werden. Dennoch bliebe ein Betrag von mehr oder weniger 4300 Euro im Monat übrig, abzüglich des Anteils der Pflegekasse.

Convivo hat nun angekündigt, die Investitionskosten um 5,59 Euro pro Tag im Einzelzimmer erhöhen zu wollen. Das macht im Monat 170,05 Euro. Das ist eine Preissteigerung von über 50 Prozent.

Grundsteuernachzahlung

Die Preissteigerung ist jedoch nicht der einzige Vorwurf, der der Convivo-Gruppe seitens Angehöriger von Bewohnern gemacht wird. So soll Convivo versucht haben, eine Grundsteuernachzahlung aus dem Jahr 2019/2020 auch nach dem Verstreichen der eigentlichen Frist vom Konto der Bewohner abzubuchen. Pro Jahr wären das 250 Euro gewesen, also insgesamt 500 Euro. Einigen Bewohnern fiel das auf, und sie gingen erfolgreich dagegen vor. Das abgebuchte Geld wurde den Konten zurückerstattet.

Über eine Rückerstattung würden sich einige Bewohner auch in Bezug auf die sogenannte Aktivitätenpauschale freuen. Die wird bezahlt, um ein buntes Programm in Anspruch nehmen zu können, wie Sport, Bingo, Musik- und Grillabende. Die waren in Corona-Hochzeiten gar nicht möglich, und folgerichtig wurden die Abbuchungen seitens Convivo vorübergehend eingestellt. Nun wird der Betrag aber wieder von den Konten abgebucht. „Aktivitäten finden aber trotzdem nicht statt. Ein Grillabend ist in Planung gewesen, nachdem sich die Bewohner beschwert hatten, mehr aber nicht“, erklärt ein Angehöriger.

Doch nicht nur Bewohner und Angehörige erheben Vorwürfe gegen die Convivo-Gruppe. Handwerker aus Herdecke, die für das Haus Leistungen erbracht haben, sollen erst sehr spät ihr Geld bekommen haben. Bis zu einer zweiten Mahnung soll gewartet worden sein.

Die Redaktion hat die Convivo-Gruppe mit allen Vorwürfen konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. Diese wurde schriftlich für den nächsten Tag zugesagt. Zwei Tage später, als noch kein Schreiben vorlag, fragte die Redaktion erneut nach, diesmal telefonisch. Erneut wurde bekräftigt, dass sich jemand melden wollte. Die Stellungnahme ist die Convivo-Gruppe bis heute schuldig geblieben.