Wetter. Als sei der Lockdown nicht schon schlimm genug für die Gastwirte, erhielten sie noch Bußgeldbescheide. Unangekündigt, wie sie sagen.
Die Berichterstattung über das Bußgeldverfahren gegen Kneipenwirt Manfred Jachmann, Inhaber des „Haus Grundschöttel“, schlug hohe Wellen. Am 3. Oktober soll der Gastwirt in seiner Kneipe gegen Corona-Auflagen verstoßen haben. Der Vorwurf: Jachmann habe auf den Anwesenheits-Zetteln seiner Gäste keinen Datenschutzhinweis vermerkt. Das bedeutete für den 72-Jährigen ein Bußgeldverfahren über 2.000 Euro. Anschließend wurde klar: Jachmann war nicht der einzige Gastwirt aus Wetter, der zur Zahlung eines Bußgeldes aufgefordert wurde.
Auch Jurij Bott, der zusammen mit seinem Bruder Dmitrij sowohl das gleichnamige Taxiunternehmen, als auch die beiden Gaststätten „Zum Ostholz“ in Grundschöttel und das „Friedrichs am See“ leitet, wurde ebenfalls am 3. Oktober von Mitarbeitern des wetterschen Ordnungsamtes für einen Verstoß gegen die Corona-Schutzverordnung belangt. Bott schildert die Situation in seiner Grundschötteler Gaststätte folgendermaßen: „An dem Abend war eine jüngere Mitarbeiterin für uns im Dienst und stand hinter der Theke. Auf einmal kam ein Betrunkener in den Gastraum und stellte sich ohne Mundschutz an die Theke. Unsere Mitarbeiterin hat den Mann dann darum gebeten, einen Mundschutz zu benutzen, das hat er aber nicht gemacht. Daraufhin hat sie ihn dazu aufgefordert, die Kneipe zu verlassen, doch auch das wollte er nicht. In dem Moment kamen Mitarbeiter des Ordnungsamtes durch die Tür und haben die Situation gesehen“, so Bott.
Auch die Beamten bringen Betrunkenen nicht zu Vernunft
Auch die Ordnungsbeamten hätten dann versucht, den ungebetenen Gast des Lokals zu verweisen. „Selbst das Ordnungsamt war machtlos gegen den Kerl. Er hat sich gegen alle widersetzt. Nach langen Diskussionen haben Leute aus unserer Dartsmannschaft, die Servicemitarbeiterin und mehrere Gäste den Typen erst vor die Tür bekommen“, schildert der Gastwirt.
Zwei Wochen später landete dann plötzlich ein Bußgeldverfahren im Briefkasten des Ostholz-Betreibers. „Das war schon überraschend, weil sie an dem Abend nichts von einem Bußgeld erwähnt hatten. Was hätte die Mitarbeiterin alleine gegen ihn ausrichten können, wenn er sich sogar dem Ordnungsamt widersetzt?“, zeigt der Gastwirt sein Unverständnis.
Auch in seiner zweiten Gaststätte, dem Friedrichs am See in Wetter, soll Bott einen Fehler in der Schriftführung begangen haben. „Wir hatten die Datenschutzerklärung nicht auf unseren Anwesenheits-Zetteln notiert. Der Vorwurf war also genau der gleiche wie bei Herrn Jachmann. Und das, obwohl die Ordnungsamt-Mitarbeiter bei der Kontrolle noch gesagt hatten, dass alles in Ordnung gewesen wäre“, so Bott. Insgesamt steht also eine Forderung von 4000 Euro im Raum, gegen die der Unternehmer nun Einspruch eingelegt hat. „Ich will niemandem einen Vorwurf machen. Das Ordnungsamt war mehrmals in unseren beiden Gaststätten und hat uns und das Personal darauf hingewiesen, was zu tun ist. Die haben auch keinen leichten Job. Das Problem ist nur, dass wir uns an die Absprachen gehalten haben und dann trotzdem ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Das Ordnungsamt war so oft da, da hätten sie ja etwas zum fehlenden Datenschutzhinweis auf den Gästezetteln sagen können. Das finde ich dann schon sehr schade, wenn dann auf einmal so ein Betrag im Raum steht“, so Bott.
„Quelle“ hat ähnliche Probleme
Auch Marko Tovarovic, der mit seiner Schwiegermutter Brigitte Laatsch die Kneipe „zur Quelle“ in der wetterschen Innenstadt betreibt, machte am 3. Oktober eine ähnliche Erfahrung mit dem Ordnungsamt. Und auch in der Gaststätte in der wetterschen Innenstadt bemängelte das Ordnungsamt die fehlende Datenschutzerklärung auf den Anwesenheits-Listen der Gaststätte. „Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben an dem Tag gar nichts angemerkt. Zwei Wochen später kam dann der Brief mit dem Bußgeldverfahren. Da war ich natürlich schon überrascht und erschrocken, weil mir keine Verfehlung ausgesprochen wurde“, so Tovarovic.
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Ohnehin habe die Kommunikation mit dem Ordnungsamt teilweise gehakt. Vor der Neueröffnung im vergangenen Mai habe der Wirt noch beim Ordnungsamt angerufen, um einen Besichtigungs-Termin seiner Räumlichkeiten zu vereinbaren. „Wir wollten sicher gehen, dass nichts zu beanstanden ist. Das hat auch wunderbar geklappt. Auch in den Wochen nach der Wiedereröffnung standen wir immer wieder in Kontakt mit dem Ordnungsamt, das hat auch immer gut geklappt.“
In den Folgemonaten seien die Antworten des Ordnungsamtes aber immer zurückhaltender geworden. „Es gab ja ständig neue Verordnungen, deshalb habe ich regelmäßig beim Ordnungsamt angerufen, um zu erfragen, welche Verordnungen denn jetzt gelten. Teilweise hat man da dann nur die Antwort bekommen: ,Da müssen sie sich selbst informieren.’ Wenn dann auf einmal auch noch ein Bußgeldbescheid kommt, kommt man sich ehrlich gesagt verarscht vor“, wird Tovarovic deutlich.
Nach einem Einspruchs-Schreiben wurde das Bußgeldverfahren gegen den Kneipenwirt mittlerweile eingestellt. „Darüber sind wir natürlich froh. Die Höhe der Strafe hätte uns extrem weh getan“, so der wettersche Gastwirt.
Stadt verweist auf bekannte Regeln
Stadtsprecher Jens Holsteg erklärt bezüglich der Ordnungswidrigkeitsverfahren, die in drei der vier wetterschen Gaststätten eingeleitet wurden: „Die Corona-Regeln in der Gastronomie sind allen bekannt, auch die städtische Wirtschaftsförderung ist im ständigen Austausch mit den Gastronomen. Bei Ordnungswidrigkeitsverfahren kann es keine Bevorzugungen irgendeiner Art geben.“
Weiter ins Detail könne die Stadt aufgrund der laufenden Verfahren nicht gehen.