Ende. SPD-Politiker wie Nadja Büteführ und Thomas Kutschaty erfuhren, wie das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke Corona einstuft. Und von anderen Sorgen
Wer mit einer Wahlkampf-Veranstaltung gerechnet hatte, sah sich getäuscht. Nadja Büteführ als SPD-Landtagsabgeordnete für Herdecke und Witten hatte Thomas Kutschaty während seiner alljährlichen Sommertour durch Nordrhein-Westfalen nach Westende gelockt. Dort im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) wollten der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und weitere Politiker – unter ihnen auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Kapschack – von der Klinikleitung u.a. wissen, wie die Einrichtung die Corona-Zeit bewerte.
Nach einem kurzen Rundgang berichtete Anette Voigt als Ärztliche GKH-Direktorin, dass sie von einer zweiten Welle ausgehe. „Wir behandeln wieder mehr Corona-Patienten, nachdem wir zuletzt in den Sommerwochen Ruhe hatten. Zum Glück müssen wir derzeit niemanden beatmen.“ In der Belegschaft selbst gebe es weiterhin keine Infektion, das liege an den Schulungen und der Maskenpflicht.
Voigt habe trotz vieler schlimmer Krisenauswirkungen – im Krankenhaus Ende etwa starb ein Holländer an Covid-19-Folgen – auch Erfreuliches entdeckt. „So schnell wie jetzt kamen noch nie Politiker und Gesundheits-Akteure zusammen, diesen Weg könnte man doch weiter gehen.“ Auch der Blick auf Kliniken habe sich geändert. „Vor Corona kamen Patienten, wenn das Angebot passte. Das Virus hat das umgedreht. Wir mussten sicher stellen, dass wir die Bevölkerung versorgen können. Und klären, was die Leute brauchen“, so die Ärztin und ergänzte, dass sich Angestellte in Ende gut an Abläufe gewöhnten.
Das habe auch am kreativen Vorgehen in Sachen Masken und der Bestellung bei einer kleinen Näherei gelegen, sagte GKH-Geschäftsführer Christian Klodwig. „Beim Umgang damit entstanden ja tausend Fragen. Mitarbeiter mussten zudem in Quarantäne. Auch diesbezüglich galt es, verantwortlich zu handeln.“ Schon jetzt sei klar, dass das Jahr 2020 angesichts geringerer Belegungszahlen in der Krise und trotz der Ausgleichszahlungen keine wirtschaftlich Bilanz ergebe, die laut Klodwig „Banken frohlocken lässt. Wir sind schon jetzt zum Teil nicht ausfinanziert und hoffen aber, dass unser Versorgungs-Konzept sich langfristig auszahlt.“
Finanziell für Gerechtigkeit sorgen
Schockierend sei für ihn, dass andere Krankenhäuser wegen Corona die Kapazitäten reduzieren und so Geld sparen konnten, auch wenn der Staat finanziell nachjustierte. „Gesundheitsversorgung sollte – trotz der Konkurrenz und des knallharten Überlebenskampfes – kein Existenzkampf sein. Das System belohnt die Menge, das ist eine Fehlentwicklung.“ In Ende standen lange 471 Betten zur Verfügung, aktuell seien es 492, bald 540 im Zuge der Erweiterungspläne (die übrigens auch Standorte in Witten und Hagen betreffen). Der Geschäftsführer prophezeit und begrüßt, dass sich Kliniken weiter spezialisieren und sich von Abteilungen trennen werden. „Wir brauchen in Kliniken doch nicht alle zehn Kilometer zum Beispiel eine Psychiatrie, da sollten Mediziner zusammenarbeiten.“
Pflegedirektion Martina Degener hob das gestiegene Zusammengehörigkeits-Gefühl der Angestellten in der Corona-Zeit hervor. Dagegen sorgt sich Pia Wolf vom GKH-Betriebsrat wegen der anstehenden Tarifverhandlungen im Herbst. „Derzeit scheint es so, dass der Arbeitgeberverband Pflegenden keine Gehaltserhöhung zugestehen will. Das wäre eine Frechheit.“ Klodwig forderte die Politik mit Blick auf Tarif-Krankenhäuser wie jenes in Herdecke auf, Ungerechtigkeiten und Wettbewerbsnachteile bezüglich privater Träger zu verhindern.
Abschließend: Nach der Juli-Ankündigung zum Besuchsverbot mit Ausnahmeregelungen erklärte Anette Voigt, dass das GKH dazu derzeit ein neues Konzept erarbeite.