Herdecke. Ein Album mit teils über 100 Jahre alten Postkarten ist im Besitz der Herdeckerin Brunhilde Conjaerts. Sie erzählen Zeitgeschichte.
Eine 100 Jahre alte Postkarte, die an idyllische Fackelfahrten auf der Ruhr erinnert – als Brunhilde Conjaerts (90) kürzlich in dieser Zeitung darüber las, wurden auch bei ihr Erinnerungen wach. „Ich habe ein altes Postkartenalbum, das sich seit der Haushaltsauflösung von Freunden meiner Eltern im Jahr 1983 in meinem Besitz befindet. Von dem Artikel angeregt, habe ich das Album hervorgeholt und darin viele sehens- und lesenswerte Postkarten gefunden“, erzählt die Herdeckerin.
Kein Telefon, keine Kamera
Viele Schätzchen aus dem Album seien über 100 Jahre alt, weiß die 90-Jährige: „Früher hatte man ja weder Telefon noch Fotoapparat. Besuch kündigte sich also mit einer Postkarte an. Auch wenn man im Urlaub war oder zum Geburtstag gratulieren wollte, schickte man auf diese Weise Grüße. Deswegen haben viele Postkarten auch so tolle Motive.“
Erste Preisträgerin des Herdecker Heimatpreises
Im vergangenen Jahr wurde Brunhilde Conjaerts mit dem ersten Herdecker Heimatpreis ausgezeichnet.
Die Jury war einstimmig der Meinung, dass die Bürgerin als Mitbegründerin und Leiterin der Heimatstube sowie als Mitglied des Heimat- und Verkehrsvereins (vielen als Ender Urgestein bekannt) diese Auszeichnung verdient habe.
Sie würdigte damit unter anderem auch Brunhilde Conjaerts’ „herausragendes und über Jahrzehnte andauerndes ehrenamtliches Engagement um die Heimatgeschichte“.
Beim Durchblättern des Albums mit den Seiten aus grüner Pappe, die zum Einstecken der Fotos entsprechend ausgestanzt waren, finden sich Motive und Grüße aus Köln und Hünxe, aus dem Schwarzwald und Wuppertal und sogar aus Sumatra. „Vor längerer Zeit habe ich acht Postkarten an Lothar Rabe vom Heimatverein Wetter geschenkt. Er hat ja bis zu seinem Tod immer auch Ausstellungen in der Sparkasse organisiert“, so Brunhilde Conjaerts.
Bildrand oft beschrieben
Weil das Durchblättern des Albums sie wieder neugierig gemacht hat, nahm sie schließlich das Buch „Herdecke und Ende – Ein Album mit Postkarten der Kaiserzeit“ von Olaf Rose und Karl Egon Siepmann aus dem Jahr 1990 zur Hand, an dem sie selbst mitgewirkt hatte. „Ich habe einiges noch mal nachgelesen und weiß jetzt wieder, dass vor allem bürgerliche Familien solche Sammelalben anlegten. Und auch, warum der Bildrand auf den Grußkarten oft beschrieben wurde“, sagt Brunhilde Conjaerts. „Das lag nicht etwa daran, dass das Banausen waren, die da die Karten bekritzelt haben. Man durfte damals auf der Rückseite nur die Anschrift schreiben; die Deutsche Reichspost hatte das angeordnet. Erst ab 1905 durfte eine Hälfte der Anschriftseite auch für persönliche Mitteilungen genutzt werden.“