Herdecke. . Rotkohl, Rote Bete, Radieschen: Brunhilde Conjaerts wird Sonntag 88 und bestellt ihren großen Obst- und Gemüsegarten noch selbst.

Sie ist von der Sorte Mensch, die man gemeinhin als unverwüstlich bezeichnet. Fest verwurzelt mit ihrer Scholle, auf der sie am Sonntag vor 88 Jahren geboren wurde und die sie heute noch selbst bestellt: Brunhilde Conjaerts.

Es ist ziemlich heiß, als die Enderin an diesem Vormittag in ihr grünes Paradies einlädt, in dem sich aber auch ein Plätzchen im Schatten finden lässt. „Ich bin von klein auf mit meinem Großvater Friedrich Hesse hier im Garten gewesen.

Wir waren praktisch Selbstversorger“, erinnert sich Brunhilde Conjaerts. Zwei Schweine, zwei Ziegen, ein Schaf, eine Kuh und Hühner gehörten damals zur Familie. Was zuhause übrig blieb, verkaufte der Vater auf dem Markt und brachte von dort mit, was der Familie fehlte. Hört sich nach idyllischem Landleben an. Aber, merkt die Herdeckerin an: „Für mich hieß das: Um fünf Uhr aufstehen, die Kuh melken, ins Freie bringen und anpflocken. Dann musste ich die Milch sieben, bevor ich mich zu Fuß auf den Weg nach Wetter zum Gymnasium gemacht habe.“ So habe sie schon als Kind und junges Mädchen vom Großvater und Vater mitbekommen, „dass man sich auf der Scholle selbst ernährt. Ein Garten ist nicht nur für Blumen da, sondern auch für Obst und Gemüse“.

Über 200 Tomaten geerntet

Das hat sie offenbar bis auf den heutigen Tag beherzigt – wie ein kleiner Rundgang durch die Beete zeigt. „Ich habe bis jetzt schon mindestens 200 Cocktailtomaten geerntet. Die Tomaten wachsen so doll, dass die Schlangengurken völlig überlagert wurden. Außerdem habe ich grüne und gelbe Zucchini, die habe ich selbst im Gewächshaus gezogen. 25 Zucchini habe ich bestimmt schon geerntet. Mein Schwiegersohn nimmt jeden Tag eine mit zur Arbeit.“, zählt die Herdeckerin auf. Was sonst noch wächst in dem großen Garten? Rotkohl, Rote Bete und Radieschen, Kohlrabi und Kartoffeln, Hokkaido-Kürbisse und weiße Speisekürbisse, „die aussehen wie kleine Ufos“, meint die Hobby-Gärtnerin.

Verschenken und einfrieren

„Und da steht Stielmus, das kennen ja viele Leute heutzutage gar nicht mehr“, sagt die Herdeckerin und zeigt auf kleine grüne Pflänzchen in der Ecke ihres Gemüsegartens. „Ja, und hier sind meine Bohnen. Ich habe gelbe, grüne und schwarze. Aber die schwarzen werden beim Kochen auch grün“, verrät sie.

Und weil alles gar nicht so schnell verputzt werden kann, wie es im Garten an der Dortmunder Landstraße heranreift, verschenkt Brunhilde Conjaerts einiges Obst und Gemüse oder sie verarbeitet es als Vorrat für den Winter: „Ich friere ganz viel ein. Meine Gefriertruhe ist immer voll.“

Nur Pferdemist und Kompost

Der Feldsalat, den die rüstige Seniorin gesät hat, tut sich mit der Hitze schwer: „Es ist einfach zu trocken. Die kleinen Blättchen trocknen bei der Hitze sofort aus“, beobachtet sie seit geraumer Zeit. Dann schweift ihr Blick zu den dicken gelben Blüten der Sonnenblumen, zu den weißen und roten Rosen, den Dahlien und Hortensien. „Natürlich mag ich auch die Blumen“, sagt sie. „So ein Jahr wie dieses gibt es wohl so schnell nicht wieder. Man kann die Pflanzen wachsen sehen“, freut sie sich über alles, was in ihrer grünen Oase gedeiht. Chemie gibt es dort übrigens nicht: „Ich dünge nur mit Pferdemist und Kompost.“

Ach so, die Kräuter hätte Brunhilde Conjaerts fast vergessen – Pfefferminze, Melisse und all die anderen. „Aber den Kräutergarten muss ich in diesem Jahr noch mal neu machen“, stellt sie fest. Hilfe hole sie sich aber nur, wenn es ans Umgraben geht. „Das macht dann mein Schwiegersohn, der mit meiner jüngsten Tochter Sigrun und Enkelin Charlotte hier bei mir im Haus wohnt“, sagt Brunhilde Conjaerts..

Auf dem Weg zurück zum Haus macht sich das hohe Alter der Herdeckerin dann doch einmal bemerkbar: Die Füße wollen nicht mehr so recht. Wobei das natürlich nichts daran ändert, dass die kernige Seniorin sich täglich selbst um all ihre Pflanzen kümmert. „Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß“, kommentiert sie ihren etwas wackeligen Gang über den unebenen Gartenboden. Und fügt dann augenzwinkernd, aber gleichwohl ernst gemeint, hinzu: „Wenn ich mir hier in meinem Garten irgendwann mal den Hals breche, dann passt das doch.“