Wetter/Herdecke. Auch Wetteraner und Herdecker wählen am 13. September die Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr. Eine Abgeordnete über das Ruhrparlament.

Bisher mussten sich Bürger nicht direkt darum kümmern, wer in das Ruhrparlament, die Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr (RVR), einzieht. Das erledigten Stadträte und Kreistage. Nun aber können auch Wetteraner und Herdecker erstmals am 13. September bei der Kommunalwahl über ein dazugehöriges Formular mitbestimmen, wer die 91 Sitze in dem Gremium erhält. Es gibt etwas mehr als 350 Kandidaten von 21 Parteien und Gruppen.

Angesichts der Premiere ist Aufklärungsarbeit nötig. Dabei kann Sabine Mayweg aus Albringhausen helfen. Die 62-Jährige sitzt seit 2014 für die CDU im Ruhrparlament und vertritt die Interessen des Ennepe-Ruhr-Kreises. Die Chemielaborantin, die auch in Wetter als Politikerin aktiv ist, steht nun auf Platz neun der 55-köpfigen Kandidatenliste der Christdemokraten (derzeit die größte RVR-Fraktion mit 50 Vertretern) und dürfte als EN-Spitzenkandidatin der CDU der Versammlung sicher wieder angehören.

„Ich als neugieriger Mensch finde diese Aufgabe spannend, die Region hat unheimlich viel zu bieten“, sagt Sabine Mayweg und spricht damit schon die entscheidende Aufgabe der Verbandsversammlung an: In diesem Ruhrparlament fallen regionale Entscheidungen, die aber für die zugehörigen Städte und Landkreise nicht immer bindend sind. „Es ist aber bei verschiedenen Themen sinnvoll, größere Gebiete ins Blickfeld zu nehmen“, meint die Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Wengern-Esborn-Volmarstein.

Also konkret. Manch einer dürfte schon mal etwas vom Regionalplan für die Metropole Ruhr gehört haben, den die Verbandsversammlung zwecks längerfristiger Gebietsaufteilungen verabschieden soll. Laut Mayweg lassen sich auf diesem Wege beispielsweise interkommunale Gewerbegebiete oder Wohnraum im Vergleich zu landwirtschaftlichen Flächen oder Wäldern besser ins Verhältnis setzen, weil ein größerer Überblick vorliegt. „Natürlich tauchen dabei unterschiedliche Interessen auf. Also gilt es, Kompromisse zu finden. Wir sollten nicht alles versiegeln, denn der Boden ist endlich“, meint Mayweg, die beim RVR in zwei (Umwelt und Ruhr Grün) der insgesamt neun Fachausschüssen sitzt und weiter Mitglied beim Ruhr-Abfallwirtschaftsverband Eco City bleiben möchte.

Als weiteres Beispiel für eine sinnvolle Regionalplanung sieht die 62-Jährige Radwege. „Auch diesbezüglich hilft der Blick über den Tellerrand. Es geht um Netze spinnen, ein zu verknüpfender Raum umfasst grob 15 Kilometer. Wenn wir die Verkehrswende wollen, brauchen wir mehr Alltagsradwege.“

Wichtige Themen bis 2025

Damit deutet die Politikerin, die auch im EN-Kreistag sitzt und auch dort wieder antritt, drei wichtige Themen in der Versammlung bis 2025 an: Klimawandel, öffentlicher Personennahverkehr, Städtebau. Ob diese Entscheidung in dem bald verkleinerten Ruhrparlament, das viermal im Jahr in Essen tagt, schneller vonstatten gehen, bezweifelt die CDU-Politikerin aber.

Die Arbeit in der Versammlung sei schon mal angesichts von 900-seitigen Vorlagen herausfordernd, biete aber auch immer wieder überraschende Einblicke. Beispiele: Der RVR rief eine Sondersitzung zur Entwicklung der Emscher ein und fördert bekanntlich Bestrebungen für die Internationale Gartenausstellung 2027 oder auch den Wunsch, olympische Spiele 2032 an Ruhr und Rhein zu holen. „Zudem ist der Verband gewissermaßen auch für die Lebensqualität hier in der Region zuständig, unterhält er doch beispielsweise Revierparks, sorgt für kulturelle Veranstaltungen wie Day of Song oder organisiert die Ruhr Games, die 2021 hier bei uns in der Nähe stattfinden.“ Auch dank der Mitgliedsbeiträge der Städte und Kreise stehen jährlich rund 100 Millionen Euro zur Verfügung. „Daher hat der RVR aus meiner Sicht ohne jeden Zweifel seine Daseinsberechtigung.“

Zusammengefasst: Der Regionalverband mit seinem Entscheidungsorgan Ruhrparlament (Vorbereitung erfolgt in Ausschüssen) sei wichtig für die Koordination und die Bündelung gemeinsamer Interessen. Mit der erstmaligen Wahl am 13. September sollen Bürger nun direkt mitbestimmen können, was für die Region wichtig sei.

Sabine Mayweg will sich weiter dafür einsetzen, das „bunte“ Revier mit Halden, Häfen oder Industriedenkmälern auch bei Wetteranern und Herdeckern noch bekannter zu machen. Die Vielfalt zeige sich beispielsweise auch in der beliebten Extraschicht, die Ruhr Tourismus als RVR-Tochter in Nicht-Corona-Zeiten ebenso organisiere wie Belange rund um den Ruhrtalradweg. Werbe-Kampagnen für viele Aspekte betrachtet die 62-Jährige als notwendig, denn: „Ich finde, dass der Regionalverband präsenter und sichtbarer sein müsste.“ Ein wichtiger Schritt dazu sei womöglich die erstmalige Direktwahl der Verbandsversammlung. „Auch wir müssen uns nicht verstecken und sollten insgesamt mehr mit unseren Pfunden wuchern.“

Weitere heimische Kandidaten

Das Ruhrparlament, so steht es auf der dazugehörigen Internetseite des Regionalverbands Ruhr (RVR), ist die einzige demokratisch legitimierte Klammer der Metropole Ruhr. Oder etwas knackiger: Es ist „der Motor für regionale Vernetzung und interkommunale Zusammenarbeit“. Die RVR-Politiker entscheiden über eine Vielzahl von Projekten in der Region. Und zwar in der Verbandsversammlung, die nach der Wahl am 13. September künftig aus 91 Mitgliedern besteht.

Dabei handelt es sich um eine reine Listenwahl. Also: Je weiter oben Politiker in der Nominierungsreihenfolge ihrer Partei stehen, desto wahrscheinlicher ihr Einzug ins Parlament. Zu dem gehörten (nach der Wahl 2014) 136 Abgeordnete aus zehn Fraktionen, ehe es zu Anpassungen kam. Die meisten Sitze konnte die CDU für sich beanspruchen, gefolgt von der eigentlich im Ruhrgebiet stark vertretenen SPD. Hier ein aktueller Blick aus heimischer Sicht auf RVR-Kandidaten.

Aus Wetter kommen neben Mayweg zwei weitere Politiker mit RVR-Ambitionen. Chancen auf einen Einzug ins Parlament hat Jenny Westermann von der FDP, die auf der 20-köpfigen Liste der Freien Liberalen Platz sechs belegt. Bei der letzten Wahl des Ruhrparlaments 2014 hatte die FDP sechs Mandate errungen. Angesichts der Verkleinerung der Versammlung ist der Einzug der Betriebswirtin (Jahrgang 1987) aber ungewiss.

Keine realistischen Chancen bestehen für Daniel Pilz. Der 1970 geborene Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion ist die Nummer 43 von 82 Kandidaten der Sozialdemokraten. Deren RVR-Fraktion umfasst aktuell 41 Mitglieder, darunter viele Oberbürgermeister und Landräte. Wittens Verwaltungschefin Sonja Leidemann führt die SPD nun auf Listenplatz 30.

Für Bündnis 90/Die Grünen tritt Kirsten Deggim an. Die Partei führt die Herdeckerin und Marketing-Fachfrau, neuerdings Vorsitzende der Werbegemeinschaft in ihrer Heimatstadt, auf Platz 15 ihrer 40-köpfigen Kandidatenliste (auf Rang vier Jörg Obereiner aus Breckerfeld, Platz 30 Frederik Paul Antary aus Witten). Derzeit gehören 21 Grüne zum Ruhrparlament.

Perspektiven aus Kreis-Sicht

An der Spitze der Linken, die derzeit neun Abgeordnete stellen, stehen mit Wolfgang Freye und Eleonore Lubitz aus Schwelm deren derzeitige RVR-Fraktionsvorsitzende. Lubitz aus dem EN-Kreisverband kandidiert dabei zum dritten Mal. Zudem treten diese Wittener an: Ulrich Oberste-Padtberg (CDU, Platz 26), für die Piratenpartei Deutschland Stefan Borggraefe (Platz drei), die Ökologisch-Demokratische Partei ÖDP führt Ralf Bartmann an, auf Platz zwei vom „Bündnis C - Christen für Deutschland“ steht Norman Kerner.