Herdecke. Die Stadt Herdecke tauscht sich zwecks Kosteneinsparungen mit dem Ruhrverband, Gelsenwasser und der AHE bezüglich Kooperationen aus. Das dauert.
Um die Finanzen der Stadt Herdecke ist es seit Jahren nicht allzu gut bestellt. Permanent geht es um Fragen, wo und wie sich Kosten reduzieren oder neue Einnahmequellen erschließen lassen. Vor allem die hiesige SPD verfolgt in dem Zusammenhang den Ansatz, über so genannte Betreiber- und Kooperationsmodelle nachzudenken. Zur Ratssitzung hatte jüngst Fraktionsvorsitzender Jan Schaberick die Verwaltung gebeten, den aktuellen Sachstand zu erläutern und einen Zeitplan zu skizzieren.
Worum geht es? Die Stadt Hattingen beispielsweise hat dem Ruhrverband nun im April die Abwasserbeseitigungspflicht ab Juli übertragen. Im Sommer 2019 hatte Prof. Norbert Jardin vom Vorstand den Herdecker Ratsmitgliedern erläutert, dass der Wasserwirtschaftsverband auch das hiesige Kanalnetz übernehmen könnte. Mit dieser Präsentation begannen weitere Überlegungen.
Nach Auftakt weitere Vorstellungen
Um nicht eingleisig vorzugehen, folgten Gespräche mit anderen Anbietern. Beispielsweise mit der Gelsenwasser AG. Im Dezember stellten zwei Vertreter dieses Versorgungsunternehmens den heimischen Fraktionen Möglichkeiten einer Abwasser-Partnerschaft auf. Nicht zu vergessen die AHE. Der Entsorger mit seinem Hauptsitz in Wetter und Geschäftsführer Johannes Einig hat nach der Vorberg-Übernahme bereits einige Bindungen nach Herdecke aufgebaut und schlug im Oktober eine gemeinsame Gesellschaft mit den hiesigen Technischen Betrieben vor.
Grundsätzlich sieht die SPD in solchen Modellen „erhebliche Einsparungs- und Synergieeffekte“ zur Entlastung des städtischen Haushalts. Also gehe es um eine Klärung, welche Vor- und Nachteile daraus resultieren können. Nach den bisherigen Ausführungen von Experten stehe im Raum, dass in Herdecke mindestens ein Mehrwert von jährlich 500.000 Euro zu erzielen sei. Schaberick formulierte es so: „Vor dem Hintergrund sollte das Thema mit oberster Priorität und zusätzlicher Beschleunigung vorangetrieben werden.“
Im Herbst 2019 hieß es in der CDU, dass der Ruhrverband für das Kanalnetz und die AHE für die Abfallentsorgung „interessante Lösungsvorschläge im Bereich Betreiber- und Kooperationsmodelle vorgestellt“ haben, ehe andere Anbieter anzuhören seien. Fraktionsvorsitzender Heinz Rohleder schrieb damals im parteieigenen Magazin Durchblick: „Solche Modelle können zu erheblichen Einsparungen im städtischen Haushalt führen, müssen aber sehr sorgfältig geprüft werden.“
Blick nach Hattingen
Die Übertragung des kommunalen Kanalnetzes an den Ruhrverband entlastet die leere Stadtkasse Hattingens auf einen Schlag um rund 110 Millionen Euro. Das Geld wird nicht überwiesen, sondern komplett zum Abbau der Kassenkredite in Höhe von rund 135 Millionen Euro verwendet. Allerdings betonen Verantwortliche: Diese Beträge seien nicht auf andere Kommunen wie Herdecke zu übertragen.
Kritiker werfen der Stadt Hattingen vor, dass sie sich dadurch nur bedingt neue Handlungsspielräume erschließt.
Auf all dies ging nun Volker Kioschis ein. Der kaufmännische Leiter der Technischen Betriebe führte aus, dass nach weiteren Kontaktaufnahmen die Anbieter Angaben zu Finanzen und technischen Zuständen aus Herdecke erhalten haben. „Der Datenaustausch mit dem Ruhrverband ist am weitesten fortgeschritten, bei der Gelsenwasser AG bedarf es noch Ergänzungen.“ Bei den AHE-Sondierungen sei der Hinweis aufgetaucht, sich mal die Wirtschaftsbetriebe Lünen (WBL) als Beispiel für eine öffentlich-private Partnerschaft – bekannt als „public private partnership“ – anzuschauen. An den WBL hält die Stadt 51 Prozent, der Restanteil gehört dem Unternehmen Remondis.
Auch interessant
Zusammenfassend sagte Kioschis: „Wir müssen noch rechtliche und wirtschaftliche Fragen eingrenzen. Da wir ja nicht nur mit dem Ruhrverband Gespräche führen und Alternativen suchen, ist all das aufwändiger geworden.“ Beim Blick nach Hattingen zeige sich, dass solche Annäherungen und Verhandlungen bis zum Vertragsabschluss rund drei Jahre dauern können. „So gesehen, liegen wir mit unseren Vorbereitungen auf verschiedenen Ebenen hier gut in der Zeit“, meinte der Finanz-Verantwortliche der Technischen Betriebe Herdecke. Um konkret nachzuschieben: Die heimische Politik solle mit Vorlagen zur Abstimmung aber erst im Jahr 2021 rechnen.
Delegation plant Besuch in Lünen
Damit gab sich Schaberick zufrieden. Wie auch Andreas Disselnkötter von den Grünen („Wir sollten wegen der Haushaltslage bei diesem Thema Tempo machen“) warb der SPD-Fraktionsvorsitzende für den Vorschlag, eine Herdecker Delegation mal nach Lünen zwecks Besichtigung der WBL-Anlagen zu entsenden. Kioschis sprach diesbezüglich „von einer beeindruckenden Entwicklung dort“.