Wetter. Von Bochum nach Wetter: Die Gauleitung von Albert Hoffmann umfasste bis zum Kriegsende mehrere Gebäude in der Stadt Wetter.
Im Zusammenhang mit den letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkrieges und den teilweise chaotischen Verhältnissen in Wetter, verursacht auch durch die „Bombennächte“, bedarf es noch einer Aufklärung: Wie verhielt es sich mit dem Harkortberg und der Gauleitung in Wetter?
Zunächst wurde am 26. Januar 1943 Albert Hoffmann, bisheriger Hauptdienstleiter der NSDAP und bis dahin Stellvertretender Gauleiter von Oberschlesien, mit der Führung der Geschäfte des Gaues Westfalen-Süd beauftragt und zum Reichsverteidigungskommissar ernannt. Die Dienststelle der Gauleitung war zu dieser Zeit in Bochum untergebracht. Nach seiner Ernennung zum kommissarischen Gauleiter im Februar 1943 machte ihn Reichsmarschall Hermann Göring einen Monat später zum Reichsverteidigungskommissar für den Gau Westfalen-Süd. Von nun ab unterstand Hoffmann auch der Fremdarbeitereinsatz, soweit es sich um die Reichsverteidigung handelte.
Beginn der Luftschlacht
Mit dem Beginn der Luftschlacht über der Ruhr im März 1943 verschärfte sich die Lage besonders in dieser Region. Die Organisation des Bevölkerungsschutzes und der zwangsläufig notwendigen Lösch- und Hilfemaßnahmen veranlasste Hoffmann eine besondere Befehlsstelle zur Koordinierung dieser Maßnahmen der Partei, also der NSDAP, einzurichten. So ließ er am 1. Juni 1943 um 17.30 Uhr bei der Stadtverwaltung Wetter anrufen, dass er gedachte, auf dem Harkortberg einzutreffen. Darauf empfingen Landrat und Beigeordnete der Stadt Hoffmann, der dort seinen Beschluss bekanntgab, auf dem Harkortberg seine Befehlsstelle einzurichten. Seinen Dienstbetrieb als Reichsverteidigungskommissar nahm er schon am kommenden Tag im Hotel Schemann auf dem Harkortberg auf. Dort begannen am 7. Juni 1943 Umbauarbeiten.
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Nach dem nächtlichen Großangriff auf Bochum, der bislang als Auslöser für den Gauleitungs-Umzug angesehen wurde, besichtigte Joseph Goebbels (Reichsminister für Propaganda und Volksaufklärung) mit Hoffmann die Bombenschäden in Bochum und Dortmund am 18. Juni 1943. Im Anschluss an eine Kundgebung in Dortmund besuchte Goebbels die neue Befehlsstelle auf dem Harkortberg, die Hoffmann auf Befehl Hitlers errichtet hatte. Von dieser Befehlsstelle erfolgte die zentrale Leitung und Lenkung aller Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit den Luftangriffen auf das Gaugebiet. Einen Tag später erhielt Hoffmann durch Verfügung von Hitler den Rang eines Gauleiters (plus Titulargauleiter) und eine Beförderung zum SS-Brigardenführer. Gauleiter Westfalen-Süd bleibt aus protokollarischen Gründen Paul Giesler.
Betretungsverbot der Sportplätze
Ab dem 21. Juni 1943 durfte die Bevölkerung die Sportplätze auf dem Harkortberg und das Hotel nicht mehr betreten. Posten sicherten die Dienststelle des Reichsverteidigungskommissars. Im Juli gab Hoffmann in der Landeszeitung „Rote Erde“ ein Interview, in dem er die Bedeutung der Befehlsstelle in Wetter beschrieb. Die Steuerung aller Hilfskräfte sollte von einer Dienststelle aus koordiniert werden, die nicht im Schadensbereich liege und somit auch nicht die Nachrichtenverbindung abgeschnitten werden könnte.
Ab Juli 1943 wurde das weibliche Büropersonal des Reichsverteidigungskommissars überwiegend auf Schloss Mallinckrodt untergebracht und im Alarmfall geholt. Auf der Befehlsstelle waren laut Kriegschronik-Eintrag die Tochter des Rohrmeisters Oberlies, die später den Leiter der Wachmannschaft Kurowski heiratete, und die Frau des gefallenen Propagandaleiters Rudolf Brust beschäftigt. Die Ausschachtungsarbeiten auf dem Harkotberg-Sportplatz für einen Luftschutzbunker gingen ab Mitte August 1943 auch nachts weiter, nur bei Alarm wurde die Baustellenbeleuchtung ausgeschaltet. Auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars entstand etwas abseits ein kleines Wohnhaus, der später sogenannte Magartenblick, heute in den Grundrissen als eine Aussichtsplattform auf Harkortsee und Kaisberg bekannt.
Bunker hoch über der Ruhr
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Der Bunker lag auf einer Höhe von 200 Meter, rund 130 Meter über dem Ruhrniveau. Der Kern des Anlage liegt vom Haupteingang aus gesehen auf der linken, dem Berg zugewandten Seite. Auf der rechten Seite im ersten Raum befand sich der Frischluftmaschinenraum, im letzten Raum auf dieser Seite der Zugang für Kabel zu den Antennen. Im ersten Zimmer links war der Raum des Drahtfunksprechers, der auch als Sanitätsraum benutzt werden sollte. Daneben der Luftauswertungs- und Drahtfunkbesprechungsraum mit zwei Milchglastafeln. Es gab vier Telefonkabinen und eine Vermittlungszentrale, daneben einen Fernschreiber, nicht zu vergessen Notstromzentrale und Abort sowie Heizungsraum.
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Das Wachpersonal der Sturmabteilung (SA) wurde im November abgelöst und sollte durch Wachmannschaften des Freikorps Sauerland ersetzt werden. Im Frühjahr 1944 erfolgte im Gau Westfalen-Süd der Anschluss an die 22. Flak-Division Dortmund, so dass die Luftlage-Meldungen etwa zwei Minuten früher eintrafen. Die Bevölkerung erfuhr per Drahtfunk vom Harkortberg, wenn sich „Bomberschwärme“ näherten. In der NSDAP-Befehlsstelle waren ca. 100 Personen tätig: Funker, Nachrichtensprecher, Techniker, Sekretärinnen, Parteifunktionäre und Fahrer, allesamt Parteipersonal.
Großer Teil der Leitung nach Wetter verlegt
Dann folgten die schweren Bombenangriffe auf Bochum am 15. November 1944. Um daraufhin den größten Teil der Gauleitung nach Wetter zu verlegen, mussten zahlreiche städtische Gebäude zur Verfügung gestellt werden. Das waren u.a. in der Wilhelmstraße die Berufsschule (ohne Direktorenzimmer und Hausmeisterwohnung), das Feuerwehrgebäude, drei Klassenräume der Freiheitsschule und das Bund-Deutscher-Mädel-Heim in der Königstraße, der Kindergarten in der Bismarckstraße 5, das Hitler-Jugend-Heim am Harkortsee, die Jugendherberge in der Burgstraße, Schloss Mallinckrodt für das weibliche Büropersonal. Weitere Dienststellen der Gauverwaltung kamen in Dortmund-Syburg, Hagen, Hohenlimburg und Rummenohl unter.
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Allerdings blieb in der Betrachtung der Bevölkerung immer die spektakuläre und legendenumwobene Befehlsstelle der NSDAP auf dem Harkortberg das Synonym für die Gauleitung, die allerdings wesentlich größer und weit verzweigter war.
Der Historiker Dr. Dietrich Thier, 1953 geboren, arbeitete bis zu seinem Ruhestand 2018 über drei Jahrzehnte bei der Stadt Wetter und leitete auch das Stadt- sowie EN-Kreisarchiv