Wetter. Fachleute besuchen die Jugendarrestanstalt Wetter: Der Leiter erläutert Abläufe sowie den Umgang mit den eingesperrten Mädchen und jungen Frauen.
Arrest – das „Werkzeug“, wenn alle Warnungen ignoriert wurden, oft die letzte Stufe vor einer Jugendstrafe. Doch wie gestaltet sich ein Aufenthalt in der hiesigen Arrestanstalt für die betroffenen Mädchen? In Wetter gab es nun Antworten und einen Blick hinter verschlossene Türen für den Arbeitskreis „Wiedereingliederung junger Straffälliger“ aus dem Gerichtsbezirk Euskirchen.
Diese Besuchergruppe, die Till Deipenwisch als Leiter der Mädchen-Arrestanstalt jetzt begrüßte, war im wahrsten Wortsinn vom Fach: eine Polizeibeamtin, Vertreter der Jugendgerichtshilfe, ein Bewährungshelfer, der Leiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Justiz, eine Vertreterin des Jobcenters und nicht zuletzt ein Jugendrichter, der regelmäßig Freizeit- und Dauer-Arreste verhängen dürfte. Und ein Teil dieser Strafen wird eben in Wetter verbüßt. Immer dann, wenn es sich um junge Frauen aus Nordrhein-Westfalen handelt.
Ein Blick hinter Gittern
Bevor es den Blick hinter Gitter gab, erhielten die Gäste Fakten. So erfuhren sie zum Beispiel, dass es 27 Plätze und rund 30 Mitarbeiter gibt, es gerade in den Ferien auch einmal „voll“ werden kann oder dass Handys, Make-up, Zigaretten und auch Rasierer konsequent beim Antritt des Arrestes konfisziert und erst am Ende wieder herausgegeben werden. Der Gastgeber informierte die Gruppe auch über den pädagogischen Auftrag bei Dauerarresten. „Ab zwei Wochen können wir mit den Mädchen richtig arbeiten. Wir können Impulse geben und gucken, welcher pädagogische Bedarf besteht.“ Aber dafür seien zwei Wochen auch das Minimum. Es ging um die Aufgaben der Sozialarbeiter, der Psychologin, eines Anstaltsarztes und des Lehrers, um Anti-Aggressions-Training, Sexualpädagogik, das Friedensbildungsprogramm oder auch Schuldenprävention. „Da bieten wir schon viel. Die sitzen also nicht den ganzen Tag in ihren Arresträumen“, so Deipenwisch.
Netzwerk aufbauen und Zusammenarbeit vertiefen
Till Deipenwisch konnte schon einige fachkundige Besucher aus ganz Nordrhein-Westfalen in der hiesigen Arrestanstalt begrüßen und habe damit gute Erfahrungen gemacht.
Ziel sei es auch, ein Netzwerk aufzubauen und die Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen auszubauen, so der Leiter, der zugleich auch Direktor des Amtsgerichts Wetter ist.
Das, was in der Einführung kurz angerissen wurde, konnten die Besucher bei der umfänglichen Führung vertiefen. Die fachkundigen Gäste schauten sich die Arresträume an und ließen sich sogar kurz in einem einschließen. Sie erkundeten unter anderem die Bücherei, das Aufnahmezimmer, einen Gruppenraum, den Unterrichtsraum und den sogenannten bgA, den besonders gesicherten Arrestraum, dessen alleiniger spartanisch-klinischer Anblick für die Mädchen schon „besonders wirkungsvoll ist“, so Sozialarbeiterin Elisabeth Coerdt.
Die Gäste stellten viele Fragen. So thematisierten sie Suchtproblematiken, den Tagesablauf in der Arrestanstalt und auch Auseinandersetzungen unter den jungen Frauen. Sabine Kennemund, Leiterin des Allgemeinen Vollzugs, betonte in dem Kontext, dass sie bei Streitigkeiten sofort handeln würden. Darüber hinaus ging es um die Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten, das Thema „Ritzen“ oder auch Beispiele der Vergehen, die im Arrest mündeten.
Echtes Interesse an den Menschen
Das Ziel des Arrests beschrieb Anstaltsleiter Till Deipenwisch mit wenigen Worten: „Für jede, die wir hier aus dem Teufelskreis ‘rausreißen können, hat es sich gelohnt.“ Das Engagement, das echte Interesse an der Entwicklung und den Schicksalen der Mädchen, aber auch der unverfälschte Blick hinter die Gitterstäbe und die Möglichkeit, unbürokratisch Kontakte aufzubauen, gefiel den Besuchern. Einer von ihnen formulierte, was alle anschließend bestätigten: „Die Fahrt hat sich auf jeden Fall gelohnt.“ Das Ganze sei sehr informativ gewesen – und so sei eine Arrestanstalt auch keine „Blackbox“ mehr.
Auch ihr Gastgeber zeigte sich zufrieden. „Das war auf jeden Fall eine sehr interessierte Gruppe, die auch viele Fragen gestellt hat. Ich glaube, dass dieser Austausch wirklich wertvoll ist“, so Till Deipenwisch.