Herdecke. . Der Friedhof Zeppelinstraße soll ein Bürgerpark werden: Der Historiker Willi Creutzenberg in Herdecke hat dazu einen Bürgerantrag eingereicht.
- Fleißarbeit vor Bürgerantrag von Willi Creutzenberg
- Lob aus den Reihen der Politik
- Verwaltung wartet auf Schreiben des Städte- und Gemeindebunds
Der Friedhof Wienberg/Zeppelinstraße soll zu einem Ruhepark aufgewertet werden. Das fordert Willi Creutzenberg in einem Bürgerantrag. Weitere Abräumaktionen sollen gestoppt, der Grabstein der Familie Hülsberg wieder aufgerichtet werden, so Creutzenberg weiter.
Bei den Parteien SPD, Grüne und CDU fand sein Vorstoß vor allem angesichts der großen Fleißarbeit des früheren Lehrers viel Lob. Und die Technischen Betriebe Herdecke (TBH) haben zugesichert, auf dem Friedhof vorerst keine weiteren Fakten zu schaffen.
Creutzenberg hat den Verwaltungsleuten im Rathaus und den Politikern die gültige Satzung der Stadt Herdecke für das Friedhofs- und Bestattungswesen mitgeschickt. Darin enthalten ist die Forderung nach einem Verzeichnis für „künstlerisch oder historisch wertvolle Grabmale und bauliche Anlagen oder solche, die als besondere Eigenart eines Friedhofs erhalten bleiben sollen.“ Bei gewünschten Änderungen könne die Friedhofsverwaltung die Zustimmung verweigern. Denkmalschutzbehörden seien zu beteiligen.
Kulturerbe-Zerstörung stoppen
Creutzenbergs bittere Feststellung: „Gegen diese seit Jahren bestehende Bestimmung ist bisher vielfach verstoßen worden. Zahlreiche historisch oder künstlerisch wertvolle Grabanlagen und Grabsteine sind in den letzten Jahren zerstört worden. Dieser rücksichtslose Umgang mit dem Kulturerbe Friedhof Zeppelinstraße soll gestoppt werden.“
Dazu hat der Herdecker Heimathistoriker eine recht lange, nach eigenen Angaben aber nicht ganz vollständige Auflistung über die zu erhaltenden Grabfelder, Grabsteine und sonstige Anlagen vorgelegt. Ziel ist es, dass sich der Rat, die Denkmalbehörden und die zuständigen Ämter Gedanken über ein Konzept für den Friedhof machen, das dann aber auch entsprechend eingehalten wird.
Friedhofssatzung nicht richtig beachtet
E in Ratsbeschluss von 1968 sah die Aufhebung des Friedhofs am Wienberg für das Jahr 2008 und die Umwandlung in einen öffentlichen Park vor.
1993 erreichte eine Bürgerinitiative, dass dieser Beschluss aufgehoben wird. Beerdigungen, zum Teil auf Urnenbeerdigungen beschränkt, wurden unbefristet gestattet.
„Über Jahre hinweg wurden abgelaufene Gräber aufgehoben, die Grabsteine entfernt und zerstört“, so der Vorwurf von Willi Creutzenberg. Und das alles entgegen der gültigen Friedhofssatzung.
Nur ganz wenige Steine seien – ohne nähere Begründung – stehen geblieben.
Eine besondere Rolle spielen in Creutzenbergs Bürgerantrag die Gräber der Opfer von Krieg und Gewalt. Sie sollen sogar laut Gesetz bei künftigen Generationen die Erinnerung an die Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft aufrechterhalten. Die unter dieses Gesetz fallenden Gräber bleiben dauern bestehen, schreibt Creutzenberg. Als besonders tragisch empfindet er daher, „dass nachweislich drei Grabstätten, in denen Opfer des nationalsozialistischen ,Euthanasie-Programms’ beerdigt waren, aufgehoben wurden.“
Wohlwollende Reaktionen
Die Diskussion in den Gremien jedenfalls hat schon begonnen. Fabian Haas berichtete kürzlich von der Kenntnisnahme der zuständigen Fachämter der Stadtverwaltung. Diese erwartet in Kürze auch eine Stellungnahme des Städte- und Gemeindebunds zur geänderten Friedhofssatzung, die in der nächsten Hauptausschuss-Sitzung dann erneut zur Sprache kommen soll. „Der Antrag von Herrn Creutzenberg betrifft ja nicht nur bestehende Regeln für den Denkmalschutz, sondern geht darüber hinaus“, sagte Haas, der den von Creutzenberg vorgelegten Katalog als praktisch und umsetzbar einstuft.
„Im Prinzip hat der Bürger die Arbeit der Verwaltung erledigt“, meinte Karin Striepen von der SPD, die sich nach der Verkehrssicherheit in der Zwischenzeit erkundigte. „Wir lagern im Sinne von Herrn Creutzenberg nun nicht mehr ein oder räumen etwas weg. Alles bleibt an Ort und Stelle. Nur wenn etwas nicht sicher ist, werden wir aktiv“, meinte Andreas Schliepkorte als technischer TBH-Leiter. Während Peter Gerigk von den Grünen in der Auflistung des Heimathistorikers „interessante Namen“ fand, werde die CDU laut Heinz Rohleder Creutzenbergs Ansinnen unterstützen.
Künstlerische Zeugnisse der Stadtgeschichte erhalten
Gräber und Grabanlagen aus der Frühzeit des Friedhofs sind kaum mehr erhalten. Allerdings stammen einzelne Denkmäler aus den Jahren nach 1840. „Dagegen finden sich aus der Zeit nach 1900 bis 1950 noch eine ganze Reihe von Grabanlagen und Denkmälern“, so Willi Creutzenberg in seinem Antrag zum Ruhepark. Der Begriff soll zeigen, dass entlang der Zeppelinstraße ein Ort der Besinnlichkeit entstehen soll, wobei auch die Nutzung als Friedhof wieder verstärkt werden soll. Was für die Bürger erhalten werden sollte, hat Creutzenberg zwecks Beratung in Politik und Verwaltung aufgelistet.
Zunächst sind da die Gräber, die auf Dauer erhalten werden sollten. Dazu zählt der Historiker die jüdischen Gräber am Wienberg. Erster Grabstein ist der Stein von Josef Blumenthal, der sich 1840 in Herdecke niederließ, letzte Beerdigung war jene von Leopold Speyer 1938. Grundsätzlich bleiben sollen auch die Ehrengrabfelder für die Opfer der beiden Weltkriege. Dazu zählen auch die Felder für russische Kriegsgefangene und Opfer von Zwangsarbeit. Ehrengräber gibt’s auch für Otto Hellmuth, Herdeckes Bürgermeister von 1952 bis 1964, und Wilhelm Finke, ab 1946 erster Stadtdirektor in Herdecke.
Ein gutes Dutzend Familiengruften sollen nach Creutzenbergs Vorschlag komplett erhalten bleiben. Sie tragen die Namen Böllhoff, Gapp, Renckhoff, Funke/DeMyn, Habig, Herminghaus und Dörken. Sie verweisen auf Herdeckes Wirtschaftsgeschichte und sind zugleich künstlerische Zeugnisse.
Creutzenberg benennt noch weitere Grabsteine, die auch nach der Aufhebung der Gräber nicht einfach verschwinden sollten. Vom traditionsreichen Konditor Humpe über den Fuhrunternehmer Thöne bis hin zum Steinbruchbetreiber Buchmeier oder der Gastwirtsfamilie Kurzbach: Auch sie seien Zeugen der Stadtgeschichte.
Idee für die Urnenmauer
Für die Tafeln in der Urnenmauer hat Creutzenberg einen praktischen Vorschlag: Nach Ablauf und anschließender Neubelegung könnten sie einfach am Fuß der Mauer abgelegt werden.
Ihm ist klar, dass die Vorschläge im Einzelfall diskutiert werden müssen. Dabei plädiert Creutzenberg aber „eher für einen großzügigen Erhalt von Grabmälern, da bereits sehr viel historische Substanz des Friedhofs unnötigerweise verloren gegangen ist.